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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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machen?« Der Prior blickte auf den Forscher herab, der auf allen vieren vor ihm kniete. Humboldt hustete verlegen, dann stand er auf. Mit fahrigen Bewegungen klopfte er den Staub von seiner Hose. »Bitte entschuldigen Sie. Ich … ich war gerade auf der Jagd.«
    »Nach einer Maus?« Der Prior hielt den kleinen Nager am Schwanz hoch. »Vielleicht dieser hier?« Das Tier hing ganz ruhig und machte keinerlei Anstalten zu fliehen. Oskar konnte ihre grünen Äuglein schimmern sehen.
    Humboldt nickte. »Da ist er ja, der kleine Teufel. Ich erkenne ihn an dem schwarzen Fleck auf dem Kopf.« Er versuchte zu lachen, doch es endete in einem verhaltenen Räuspern. »Sehr nett, dass Sie sie gefangen haben. Dürfte ich sie wiederhaben?«
    »Was wollen Sie denn mit ihr?«
    »Nun, äh …« Der Forscher schien ein wenig ratlos, wie er seinen Wunsch begründen sollte, doch dann sagte er: »Wir haben sie im Verdacht, den Ohrring meiner Nichte gestohlen zu haben.«
    »Was denn, verschluckt?« Die Augen des Priors wurden klein wie Murmeln. »Sie wollen mich veralbern.«
    »Keineswegs«, sagte Charlotte. »Es ist ein Ohrring meiner Mutter. Er bedeutet mir sehr viel.«
    Der Prior hielt die Maus ganz dicht vor sein Gesicht. Er schien ihr direkt in die Augen zu blicken. Plötzlich riss er seinen Mund auf, stopfte das Tier hinein und schluckte es hinunter.
    Genüsslich die Augen schließend, leckte er sich über die Lippen.
    Die Abenteurer waren sprachlos vor Entsetzen. Als der Prior sich ihnen wieder zuwandte, glaubte Oskar ein grünliches Schimmern in seinen Augen zu erkennen.
    »Es war ein großer Fehler, sich meinen Anordnungen zu widersetzen«, sagte der Mann mit veränderter Stimme. »Sie haben Ihre Nase viel zu tief in Dinge gesteckt, die Sie nichts angehen. Es schmerzt mich, Ihnen sagen zu müssen, dass ich Ihnen nicht länger Gastfreundschaft gewähren kann.« Er lächelte, doch es war ein kaltes Lächeln. Mechanisch.
    Die Missionare rückten näher. Überall war jetzt dieses grüne Schimmern zu sehen.
    Blitzschnell schlug Humboldt die Tür zu. »Rasch! Wir müssen weg hier. Das Fenster im Badezimmer.«
    »Aber … was ist mit den Missionaren?«
    »Vergiss die Missionare. Sie sind nicht länger Menschen.«
    »Nicht?« Charlotte schüttelte verständnislos den Kopf. »Was dann?«
    »Kristallwesen, so wie Bellheim und die Maus.«
    »Was? Wie kann das sein? Sie haben uns doch aufgenommen und uns geholfen.«
    »Um uns früher oder später zu den ihren zu machen, ja.« Humboldt stemmte sich gegen die Tür, doch er hatte sichtlich Mühe, sie geschlossen zu halten. »Vielleicht hat Bellheim sie infiziert, vielleicht wurden sie aber auch vorher schon befallen. Ist doch auch völlig egal. Wir müssen weg hier, und zwar schnell.« Hinter der Tür waren donnernde Geräusche zu hören. »Kommt schon, macht, dass ihr rauskommt!«
    Charlotte und Eliza schnappten ihre Rucksäcke, setzten Wilma obendrauf und rannten los. Oskar war immer noch wie gelähmt.
    »Das gilt auch für dich, Junge. Mach, dass du zu den Maultieren kommst, und dann nichts wie weg! Wir müssen versuchen, in Richtung der Berge zu entkommen. Vielleicht können wir sie dort abschütteln.«
    »Ohne Wasser und ohne Proviant? Das ist doch Wahnsinn.«
    »Red nicht, nimm deine Tasche und dann los. Ich kann sie nicht ewig aufhalten.« Schon wieder polterte es gegen die Tür. Der Riegel bog sich. Das Holz bekam Risse.
    Oskar packte seinen Rucksack und rannte in Richtung Bad. Die beiden Frauen hatten sich schon durch das enge Fenster gequetscht und warteten ungeduldig auf der anderen Seite. »Gib mir deine Tasche!«, rief Charlotte. »Wo ist Humboldt?«
    »Er kommt gleich nach. Ihr sollt schon mal zu den Ställen laufen und die Maultiere bereit machen. Wir treffen uns dann dort.«
    »Und du?«
    »Ich werde auf ihn warten.«
     

     
    Charlotte und Eliza liefen geduckt hinter den Häusern entlang in Richtung der Ställe. Wilma lugte aus dem Rucksack raus und gab ängstliche Laute von sich. Durch die Lücken zwischen den Gebäuden konnte man sehen, dass mittlerweile ein Riesenandrang vor dem Haus des Forschers herrschte. An die zwanzig Ordensschwestern und -brüder waren versammelt und drückten gegen die Tür. Offenbar war ihre Flucht bislang unbemerkt geblieben. Charlotte konnte nur beten, dass das noch eine Weile so blieb.
    Die Ställe lagen knapp hundert Meter hinter der Kirche.
    »Wir hätten viel vorsichtiger sein müssen«, sagte Eliza. »Ich war so froh, dass man uns aufgenommen

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