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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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da?«
    »Ich habe den Angreifer niedergeschossen.« Harry blickte seinen Freund mitfühlend an. »Deinetwegen habe ich einen Menschen umgebracht. Es war das allererste Mal und ich würde es gern ungeschehen machen. Aber du bist mein Freund. Ich konnte doch nicht zusehen, wie du getötet wirst.«
    Max Pepper war wie vom Donner gerührt. Oskar konnte ihm ansehen, wie die Selbstbeherrschung von ihm abfiel. Eine Zeit lang blickte er betreten zu Boden, dann hob er den Kopf. Tränen glitzerten in seinen Augenwinkeln. »Das habe ich nicht gewusst.«
    »Wie hättest du auch? Eigentlich wollte ich es dir nicht sagen, aber die Situation hat sich geändert. Wir brauchen dich jetzt auf unserer Seite.«
    Max überlegte einen Augenblick, dann sagte er: »Sir Wilson, ich fürchte, ich muss meinen Dienst quittieren. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich unter diesen Umständen nicht länger für Sie arbeiten kann. Wenn Sie möchten, werde ich Mister Vanderbilt persönlich in Kenntnis setzen, dass die Kündigung ausschließlich auf meinen Wunsch hin erfolgt ist. Ihnen wird kein finanzieller Schaden entstehen.«
    Er wartete einen Moment, doch als Wilson nichts sagte, ging Max mit langsamen Schritten zu seinen Freunden und stellte sich demonstrativ neben sie.
    Alle Augen waren auf Sir Wilson gerichtet. Der Kopf des Meteoritenjägers war von Minute zu Minute röter geworden. Der Zorn sprühte aus jedem Knopfloch. Oskar konnte nicht sagen, wem sein größter Hass galt: Humboldt, Harry oder Max. Endlich stieß er hervor: »Was für eine rührende Familienveranstaltung. Mir kommen gleich die Tränen. Um diesen Humboldt und seine Bande tut es mir nicht leid, aber Ihnen, Pepper, hätte ich mehr zugetraut. Nach Ihrem mutigen Eingreifen bei den Berbern dachte ich, dass aus Ihnen doch noch mal ein richtiger Kerl werden könnte. Ich habe mich wohl gründlich geirrt.«
    »Es tut mir leid, Sie zu enttäuschen.«
    Wilson trat vor und schlug Max mit der offenen Hand ins Gesicht. Es klatschte und der Redakteur fiel zu Boden wie ein Sack Kartoffeln. »Patrick, schaffen Sie dieses Pack aus meinen Augen und sperren Sie es in eines der Lehmhäuser. Ich will Bewachung rund um die Uhr. Sie haften mir mit Ihrem Kopf für sie. Ich habe jetzt Wichtigeres zu tun, als mich um diesen Kindergarten zu kümmern. Sobald ich den Meteoriten habe, werde ich mich um sie kümmern. Das schwöre ich, bei allem, was mir heilig ist.«

 
50
     
     
    Yatimè stieß einen leisen Schrei aus und presste ihre Hand an die Wange. Charlotte, die gerade einem ihrer Patienten eine Kalebasse mit Wasser reichte, blickte verwundert zu ihr hinüber – und erschrak.
    Yatimès linke Gesichtshälfte glühte wie Feuer.
    Charlotte ließ sofort alles stehen und liegen und eilte zu dem Mädchen hinüber. »Was ist mit dir?«, fragte sie, als sie den Arm um sie legte. »Was ist geschehen?«
    Yatimè schwieg. Tränen rannen ihr über die Wangen. Jabo gab leise winselnde Töne von sich und auch Wilma schaute betroffen.
    »Lass mich mal sehen. Mein Gott. Das sieht fast aus, als wärst du geschlagen worden.«
    Yatimè wischte eine Träne aus ihrem Auge.
    »Aber von wem?« Charlotte blickte verwundert in die Runde. Es war niemand in der Nähe. Sie und Eliza waren seit Stunden damit beschäftigt, die Verletzten zu versorgen, ihnen Wasser zu bringen und die Wunden zu verbinden. Yatimè hatte die ganze Zeit gedankenversunken unter dem Feigenbaum gesessen. Charlotte wusste keinen Rat. »Eliza!«
    Humboldts dunkelhäutige Gefährtin war einige Meter entfernt damit beschäftigt, einem Verletzten einen Verband anzulegen. Jetzt drehte sie sich um. »Was gibt es denn?«
    »Ich weiß auch nicht. Das solltest du dir mal ansehen.«
    Eliza entschuldigte sich und kam zu ihr herüber.
    »Was ist denn los?«
    Charlotte deutete auf die gerötete Wange. »Sieht fast aus, als wäre sie geschlagen worden, findest du nicht?«
    Eliza nickte. »Allerdings. Es sind sogar die Abdrücke der einzelnen Finger zu sehen.« Sie deutete auf die Striemen.
    »Wer hat das getan?«
    Yatimè schüttelte den Kopf. Ihre Lippen waren bleich und zusammengepresst.
    »Jemand, den wir kennen?«
    »Weißt du, das ist ja das Komische«, sagte Charlotte. »Sie war die ganze Zeit allein.«
    Eliza hielt den Kopf schief, wie sie es immer tat, wenn sie nachdachte. Dann sagte sie: »Wie es scheint, will sie nicht reden. Aber vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit.«
    Sie legte ihre Hände an Yatimès Schläfen und schloss die Augen.

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