Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels
spüren, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Die Bediensteten schlichen herum, als trügen sie eine schwere Last auf ihren Schultern. Dabei war er es, der die ganze Verantwortung stemmen musste. Was er getan hatte, geschah nur zum Wohl seines Volkes. Mochten die anderen, allen voran sein Sohn Dimal, das auch anders sehen, er wusste es besser.
Irgendwann ertrug er die deprimierten Gesichter seiner Bediensteten nicht länger und schickte sie alle raus. Alle, bis auf einen Diener, das reichte für den Augenblick.
»Geh und hole mir Dimal«, sagte er. »Und beeil dich, ich muss mit ihm sprechen.«
Der Diener nickte und verschwand.
Bhamban starrte finster in die Glut. Alle hatten die Erschütterung heute Morgen wahrgenommen. Es war keines dieser Erdbeben, wie man sie als Vorankündigung eines Vulkanausbruchs spüren konnte. Dieser Erdstoß reichte viel tiefer. Tief in die Erde, aber auch tief zurück in der Zeit. Wie eine verschüttet geglaubte Erinnerung. Konnte es etwas mit der alten Geschichte zu tun haben? Eigentlich war das unmöglich, aber der Gedanke ließ Bhamban keine Ruhe. Was war aus Humboldt und seiner Banditentruppe geworden? Wohin waren sie verschwunden? Alles deutete darauf hin, dass sie auf der Suche nach dem Mädchen in die Erdspalte gestiegen waren. Tollkühn, aber dumm. Niemand legte sich mit den Steinernen an.
Eigentlich hatte er geglaubt, er wäre das Problem damit ein für alle Mal los gewesen, doch dann hatten diese Träume angefangen. Träume von Korridoren, von gewundenen Schächten und gelben Wüsten. Grauenvolle Kreaturen hatten ihn des Nachts heimgesucht. Wesen, die unter dem Sand schwammen wie Fische. Und dann diese Festung. Einen solchen Bau hatte Bhamban noch nie gesehen. Teuflisch, dämonisch, Angst einflößend. Immer wenn er aufwachte, war er schweißgebadet. Zuerst hatte er deswegen den Koch auspeitschen lassen, aus Strafe für zu schweres Essen. Doch als die Träume auch in den darauffolgenden Nächten, nachdem es abends nur frisches Obst gegeben hatte, eintraten, spürte er, dass er vielleicht einen Fehler begangen hatte. Was hatte er sich gewälzt, gestöhnt und geschrien. Stundenlang hatte er wach gelegen und war durch den Palast geirrlichtert, in der Hoffnung, Schlaf zu finden. Doch kaum schloss er die Augen, kamen die Bilder wieder.
So ging das nun schon seit Tagen. Und als dann heute Morgen die Erde gebebt hatte, stand für ihn fest, dass sich ein dunkler Schatten über sein Königreich gelegt hatte.
Trübsinnig starrte er in die Glut. Ein plötzlicher Windstoß ließ die Flammen aufflackern.
»Ihr habt mich rufen lassen, Vater?«
Der König fuhr herum. Es war Dimal. »Äh … ja. Komm rein und schließ die Tür.«
Bhamban schlurfte zu seinem Thron hinüber und ließ sich schwerfällig darauf nieder. Er deutete auf den Holzschemel zu seinen Füßen. »Setz dich.«
Dimal senkte seinen Kopf, faltete die Hände und entbot den traditionellen Gruß. Sein Gesicht war wie versteinert. Auf dem pechschwarzen Haar schimmerte das Licht der Flammen.
Bhambans Augen verengten sich zu Schlitzen. Er hatte Dimal schon lange im Verdacht, etwas mit der Flucht der Fremden zu tun zu haben, er konnte es nur nicht beweisen. Am Morgen nach ihrem Verschwinden hatte Dimal tief und fest in seiner Hütte geschlafen. Es gab keine durchschnittenen Stricke und nichts, was darauf hindeutete, dass ihnen jemand bei der Flucht geholfen hatte. Trotzdem war klar, dass sie sich nicht aus eigener Kraft befreit hatten. Er wurde den Gedanken nicht los, dass es das Werk seines Sohnes war.
»Ich habe noch ein paar Fragen.«
Dimal presste die Lippen zusammen. »Was wollt Ihr wissen?«
»Du hast doch viel Zeit mit den Fremden verbracht. Was haben sie für einen Eindruck auf dich gemacht?«
Der Junge zögerte. Sein Blick bekam etwas Unstetes.
»Also?«
»Nun, ich weiß nicht«, sagte er mit gepresster Stimme. »Auf mich machten sie einen recht freundlichen Eindruck. Ich bin überzeugt, dass sie uns helfen wollten.«
»Und dass sie ein Schreiben unserer Eroberer bei sich trugen und mir als Geschenk einen schwarzen Stein gaben, das hat dir nicht zu denken gegeben?«
Dimal überlegte kurz, dann sagte er: »Anfangs schon. Doch dann habe ich mit ihnen geredet und festgestellt, dass sie es gut meinen.«
»Dass sie es gut meinen.« Bhamban schnalzte abfällig mit der Zunge. »Du bist viel zu leichtgläubig«, sagte er. »Leichtgläubig und manipulierbar. Um ehrlich zu sein glaube ich nicht, dass aus dir
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