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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lily Brett
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Walentyna mit einem Lächeln voll verhaltenen Stolzes.
    »Welche Kinder?« sagte Ruth.
    »Deine Kinder, sowieso«, sagte Edek.
    »Meine Kinder?« sagte Ruth.
    »Wir haben sie eingeladen zum Essen bei uns«, sagte Edek. »Und ihnen haben sehr gut geschmeckt die Klops, was Zofia hat gemacht.«
    Sie hatten also alle zusammen fröhlich zu Abend gegessen, dachte Ruth. Alle außer ihr. »Die Kinder wissen also von dem Vorhaben mit dem Restaurant?« sagte Ruth zu Edek.
    »Sowieso nicht«, sagte Edek. »Wir wollten ihnen nichts sagen, bevor wir alles hatten besprochen mit dir.«
    Ruth holte tief Luft. So also stellte Edek sich eine Besprechung mit ihr vor? Bisher hatte kein Mensch ihre Meinung wissen wollen.
    »Okey, dokey«, sagte Edek zum drittenmal, »heute wir haben genug gesprochen über das Restaurant. Denk drüber nach, Ruthie. Laß dir Zeit. Du denkst darüber nach, und in ein paar Tagen wir werden es besprechen.«
    Ruth wußte, daß »ein paar Tage« den nächsten Tag bedeutete, vielleicht sogar noch denselben Abend. Edeks Vorstellung von »sich Zeit lassen« sah so aus, daß er unter Aufbietung größter Selbstbeherrschung ertragen konnte, nicht auf der Stelle eine Antwort zu bekommen. Edek stand auf. »Ich liebe dich, Ruthie«, sagte er. Ruth wußte, daß er sie liebte. Dennoch fragte sie sich, warum er ihr das gerade zu diesem Zeitpunkt sagte. Es hatte etwas Ergreifendes. Als wäre er ihr dankbar. Dankbar auf eine Weise, daß ihr die Tränen in die Augen stiegen.
    »Ich liebe Sie auch, Ruthie«, sagte Zofia. Diese Liebeserklärung rüttelte Ruth aus ihrer Tränenseligkeit auf.
    »Ich liebe Sie auch«, sagte Walentyna.
    Ruth kam sich von Liebe umzingelt vor. In eine Ecke gedrückt. Eine unbequeme Ecke. Ihr war etwas in die Kehle geraten. Sie mußte husten. Soviel Liebe konnte einen erstikken. Soviel Liebe konnte einen möglicherweise umbringen. Edek, Zofia und Walentyna verließen das Caff  Dante mit vergnügter Miene. Als hätten sie erreicht, was zu erreichen sie sich vorgenommen hatten. Ruth schüttelte den Kopf. Sie trank ihren Kamillentee aus und ging.
    Bilder einer bis zu den Knien in Klopsteig stehenden Zofia verfolgten Ruth. Und immer wieder sah sie Walentyna vor sich, die Hunderte von Klopsen formte oder den Boden putzte. Und Edek, der mit der weißen Kopfbedeckung eines Chefkochs die Kasse bediente. Sie sah Edek und Zofia und Walentyna vor sich, umgeben von endlosen Reihen Klopsen. Und ohne Kunden. Endlose Reihe von Klopsen und niemand, der kam, um sie zu essen. Sie stellte sich vor, wiedie drei alles Zubehör, das sie gekauft hatten, versteigern mußten und ihren Laden dichtmachten. Ruth hatte sich gleich das Ende ausgemalt, ohne sich mit der Frage aufzuhalten, woher sie das Geld nehmen sollten, das sie benötigten, um ihren Laden zu eröffnen. Geld hatte bislang niemand erwähnt. Es war um die Mittagszeit an dem Tag nach dem Treffen im Caff  Dante. Ruth wunderte sich, daß Edek sie noch nicht angerufen hatte. Sie beschloß, das Büro zu verlassen und etwas frische Luft zu schnappen. Oder wenigstens einzuatmen, was in New York als frische Luft galt.
    Ken Kennedy, ein australischer Architekt, der Büroräume im Sanger Building hatte, begegnete ihr im Aufzug. Sie wußte, daß er ein kleines Restaurant in der Mott Street entworfen hatte.
    »Eine Freundin meines Vaters will hier in New York ein Restaurant eröffnen«, sagte Ruth zu Ken Kennedy. »Ich finde es reinen Irrsinn, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden.«
    »Welche Kochschule hat sie besucht, welche Ausbildung hat sie?« fragte Ken Kennedy.
    »Keine«, sagte Ruth. »Sie kommt aus Zoppot in Polen, und ich kann mir nicht vorstellen, daß es so etwas in Zoppot gibt.«
    »Hat sie gute Beziehungen zur Lebensmittelindustrie?« fragte Ken Kennedy.
    »Nein«, sagte Ruth. »Sie ist erst seit drei Wochen hier.«
    »Ich würde ihr nicht raten, auf dieser Basis zu starten«, sagte Ken Kennedy.
    »Danke«, sagte Ruth.
    Ruth beschloß, Patricia Biscuit anzurufen. Die Frau mit dem wohlschmeckenden Nachnamen leitete eine Werbeagentur, die auf Restaurants und Küchenchefs spezialisiert war.
    Ruth kannte Patricia Biscuit nicht näher, aber gut genug,um sie anrufen zu können. Das Verbindungsglied zwischen ihnen war Geoffrey Firth. Geoffrey war ihr gemeinsamer Friseur. In New York stellte ein gemeinsamer Friseur eine enge Verbindung dar. Wenn Ruth und Patricia Biscuit sich bei gesellschaftlichen Anlässen – meistens Ausstellungseröffnungen –

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