Chuzpe: Roman (German Edition)
von dem Erfolg ihres Bestrebens überzeugt. Ohne sich Gedanken darüber zu machen, innerhalb von fünf Jahren schuldenfrei zu werden oder zehn Jahre lang Geduld zu haben.
»Die meisten Leute würden davor zurückschrecken, ein Restaurant zu eröffnen, oder?« sagte Ruth zu Patricia Biscuit.
»Das sollte man meinen«, antwortete Patricia Biscuit. »Aber das Gegenteil ist der Fall.«
Ruth hatte das ungute Gefühl, daß Edek, Zofia und Walentyna sich in die Zahl der Unbelehrbaren einreihten.
»Haben sie einen bekannten Chefkoch?« fragte Patricia Biscuit. »Ein bekannter Koch kann die Location oder das Konzept aufwiegen.«
»Nein, sie haben keinen bekannten Chefkoch«, sagte Ruth. Ihre Stimme war tonlos. Die unausweichlichen Fallstricke, die Restaurantbetreiber erwarteten, begannen sie zu bedrücken. Oder es bedrückte sie eher die Aussicht darauf, Zofia und Walentyna und Edek die Katastrophen und Mißgeschicke darzulegen, die ihr Vorhaben unweigerlich mit sich bringen mußte.
»Wenn man keinen bekannten Chefkoch hat, kann man sich auch andere Sachen einfallen lassen, damit der Laden brummt«, sagte Patricia Biscuit.
Allmählich begann Ruths Kopf zu brummen. Zofia hatte wahrscheinlich genug Tatendrang, um zehn Restaurants zum Brummen zu bringen, wenn es darum ging. Und genug Brustumfang. Wenn auch nicht unbedingt erforderlich, war er sicher kein Nachteil. Ruth kam sich erschöpft vor bei dem Gedanken an Zofias Tatendrang und Brustumfang.
»Man kann eine Werbeagentur wie meine damit beauftragen, dafür zu sorgen, daß der Laden brummt«, sagte Patricia Biscuit.
»Wir mieten Models an, die wir in neueröffnete Restaurants setzen. Wir veranstalten Partys für die Schickeria, wir geben Presseempfänge. Reklame ist unverzichtbar, wenn man ein erfolgreiches Restaurant führen will.«
Ruth konnte sich nicht vorstellen, daß ein PR-Budget mit ein paar Fleischklößchen verdient werden konnte.
»Eine gute Werbeagentur ist das A und O. Wenn ein guter Werber von der New York Times erfährt, daß Gemüsedesserts der neueste Trend sind«, sagte Patricia Biscuit, »dann erzählt er der New York Times , der Chefkoch in dem Restaurantseines Kunden hätte ein Dessert aus Rhabarber und Kürbis auf der Karte. Und dann ruft er seinen Kunden an und empfiehlt ihm, schleunigst einen Kuchen aus Rhabarber und Kürbis zu kreieren.«
»Tatsächlich?« sagte Ruth.
»Selbstverständlich«, sagte Patricia Biscuit. »Ein guter Restaurantbesitzer und ein guter Werber tun alles, um in die Presse zu kommen und den Laden am Laufen zu halten.«
Ruth entschloß sich, eine Liste der mit der Eröffnung eines Restaurants verbundenen Gefahren und Unkosten zu erstellen, um sie Edek, Zofia und Walentyna vorzulegen.
»Und wenn man weder in einem berühmten Restaurant noch sonstwo ausgebildet wurde«, sagte Ruth, »und mit minimalem Budget ein Restaurant aufmacht, mit minimaler Ausrüstung und so wenig Geld, daß man damit höchstens drei Monate ohne Gewinn überbrücken kann?« Ruth hatte sich gedacht, daß dieses Szenario in etwa dem entsprechen dürfte, wie Zofia, Walentyna und Edek ihr Geschäft zu führen beabsichtigten. »Was würden Sie jemandem raten, der so etwas vorhätte?« fragte Ruth Patricia Biscuit.
»Ich würde ihm viel Glück wünschen«, sagte Patricia Biscuit. Diese Formulierung klang nicht sehr vielversprechend, fand Ruth.
Ruth rief Edek an. Er wirkte sehr aufgeregt.
»Hallo, Ruthie«, sagte er mit einer Mischung aus Begeisterung und Aufgekratztheit, die an Hysterie grenzte. »Hast du gemerkt, daß ich dich nicht habe angerufen?« sagte er. »Ich wollte dir lassen genug Zeit, nachzudenken über unser Vorhaben. Ich wollte warten noch ein bißchen länger. Ich habe dir gesagt, daß du sollst dir lassen Zeit.« Er schwieg einen Augenblick. »Kannst du bitte einen Augenblick warten?« sagte er. »Ich will nur schnell Zofia und Walentyna sagen, daß du es bist.«
»Es ist Ruthie«, rief Edek. Ruth hörte Schritte.
»Hallo, Ruthie«, hörte sie Zofia im Hintergrund sagen.
»Hallo, Ruthie«, wiederholte Walentyna.
Ruth atmete tief ein. Sie wußte nicht recht, wie sie vorgehen sollte. Sie hatte gehofft, Edek allein zu sprechen. Sie hatte nicht mit einem erwartungsvollen Publikum von drei Zuhörern gerechnet.
»Was meinst du, Ruthie? Unser Plan ist sehr gut, nicht wahr?« sagte Edek.
»Unter gewissen Voraussetzungen, ja«, sagte Ruth.
»Ruth findet, daß es ist eine gute Idee«, rief Edek Zofia und Walentyna zu. Ruth hörte
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