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Chuzpe

Chuzpe

Titel: Chuzpe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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oder?“
    „Ah so! Nein. G’storben ist sie irgenwann zwischen dem Abend des 5. und dem Abend des 6. November. So weit kann ich es schon eingrenzen. Aber genauer geht’s, fürchte ich, nicht.“
    Bronstein überlegte einen Augenblick: „Hast du dir ihren Intimbereich angeschaut?“
    „Wozu denn das, bitte schön?“ Strakosch tat überrascht. Doch noch ehe Bronstein zu einer Erklärung ansetzen konnte, wiegelte er schon wieder ab: „Reg dich nicht auf. Mord aus Leidenschaft war’s keiner. Natürlich hab ich auch diese Option geprüft. Kein Sperma, keine sonstigen Unnatürlichkeiten. Vor allem, die Dahingegangene war noch Jungfrau. Die Spur kannst also getrost außer Acht lassen.“
    „Na servas, des wird wieder was werden. Keine Anhaltspunkte, nichts. Meine Begeisterung kennt keine Grenzen. Habt ihr irgendwelche Ausweise bei ihr gefunden?“
    Strakosch kramte offenbar in irgendwelchen Sachen. Nach geraumer Zeit hob er wieder zu sprechen an. „Die haben uns die Frau zwar in dem Gewand geliefert, in dem sie gefunden wurde, aber eine Handtasche oder so etwas war nicht dabei.“
    „Was hat sie denn angehabt?“
    „Nichts Besonderes. Strümpfe, Combineige, Rock, Bluse und Überrock. Aber warte, jetzt, wo ich genau nachschau, in dem Mantel ist ein Karton. Da, ein Ausweis von der MargaretnerVolkshochschul’. Hannah Feigl steht da. Geboren 1. November 1898. Wohnadresse: Margaretenstraße 76.“
    „Na bitte, das ist doch was. Damit kann man was anfangen. Ich dank dir recht.“
    „Ja, Bronstein, du mich auch.“
    „Jetzt sei ned immer so happig!“
    „Weißt was, Bronstein, seit 1913 schuldest du mir schon ein Bier im Schweizerhaus. Begleich einmal deine Schulden, dann red ma weiter.“
    Bronstein war ehrlich empört: „Na hör einmal, das Bier hab ich dir schon längst ausgegeben.“
    „Ja, im Walfisch. Aber ned im Schweizerhaus.“
    „Und wo, bitte schön, ist da der Unterschied?“
    „Da merkt man eben, dass du kein Wissenschaftler bist. Man muss immer exakt bleiben. Ich kann ja auch nicht einfach sagen: hin ist hin. Da tätest dich schön giften, wenn ich so arbeiten würde.“
    „Gut, Strakosch, hast g’wonnen. Nächsten Sommer lad ich dich auf drei Bier im Schweizerhaus ein – sind das genug Zinsen?“
    „Die Botschaft hör ich wohl.“
    „Selig die, die nicht sehen und doch glauben.“
    „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“
    „Ihm aber sage er, er kann mich …“
    „Weißt was, Bronstein, ich leg jetzt auf. Diese Unterhaltung hat stark an Niveau verloren.“
    „Ja, ich schick dir über den Pokorny ein Bukett Rosen.“
    „Na, alles, nur ned den Pokorny. Ich kann die Kletzmayr-G’schicht nimmer hören. Und die Berghammersache noch weniger. Lad mi im Sommer auf die Bier ein, und wir sind quitt.“
    „Passt. Bis bald.“
    „Ja, servus.“
    Bronstein hängte ein. Er blickte auf die Uhr. Es war wenige Minuten nach drei Uhr nachmittags. Zu spät, um noch mit den konkreten Ermittlungen anzufangen. Wenigstens wusste er jetzt, womit er den morgigen Tag zubringen würde. Zuerst, so beschloss er, würde er sich auf die Wachstube begeben, um aus den dortigen Kollegen möglicherweise noch einige Informationen herauszuholen, welche diese nicht im Bericht festgehalten hatten, danach stand die Wohnung der Ermordeten auf der Agenda. Bronstein machte sich über das Gespräch mit Strakosch entsprechende Notizen, doch wirkte sich die hereinbrechende Dämmerung ungünstig aus. Bronstein schaltete die Schreibtischlampe ein, doch nichts tat sich. Er erhob sich und versuchte, Pokornys Lampe zum Leuchten zu bringen. Ebenfalls kein Erfolg. So verließ er das Zimmer und wiederholte seinen Versuch mit dem Ganglicht. Auch hier blieb alles finster. Bronstein begab sich zum Sicherungskasten und hielt mittels eines zu diesem Zweck entzündeten Streichholzes Nachschau. Alles in Ordnung. Er seufzte resignierend. Anscheinend hatte das E-Werk schon wieder einmal den Strom abgestellt, da dieser wegen des Mangels an Kohlen nicht mehr produziert werden konnte. Apropos Mangel an Kohlen. Es war empfindlich kalt in der Amtsstube geworden. Kein Wunder, das Feuer im Kanonenofen war ausgegangen. Verzweifelt suchte Bronstein nach Brennstoff, um den Ofen neu beheizen zu können. Doch es war nichts mehr da. Keine Kohlen und auch kein Holz.
    „Was soll das?“, fluchte er. „Soll ich jetzt anfangen, die Büroeinrichtung zu verheizen? Des könnt’s haben.“ Hätte er nicht auf Pokornys Huhn warten müssen, er wäre aus

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