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Chuzpe

Chuzpe

Titel: Chuzpe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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beobachten, wie aus einem Großkotz im Handumdrehen ein kleines Häuflein Elend wurde. Es dauerte eine Weile, ehe sich Plachutta endlich dem Major zuwandte: „Wie ist denn das g’scheh’n?“, flüsterte er.
    „Sie ist erwürgt worden“, sagte Bronstein leichthin, „können Sie mir jetzt sagen, wo Sie zwischen Mittwochabend und Donnerstagmorgen waren?“
    „Meinen Sie wirklich, ich brauch ein Alibi? Ich hab die Hanni geliebt, wie ich noch nie zuvor jemanden geliebt hab, des müssen Sie mir glauben, Herr Inspektor“, brachte Plachutta in einem merkwürdig fremden Idiom hervor, das gar nicht mehr nach dem Eisenbahner klang.
    „Das hat der Othello die Desdemona auch“, entgegnete Bronstein, ohne den Satz logisch zu vollenden. Plachutta hatte ihn auch so verstanden: „Ich hab die Hanni ned ang’rührt. Das hätt ich nie und nimmer g’macht. Ich hab viel falsch g’macht in mein’ Leben, aber ich war nie ein gewalttätiger Mensch, ehrlich ned! Die Hanni, die is g’standen auf mi, des hat ma Meter geben, verstehen S’ des, Herr Inspektor? Eher hätt i mi selber wegg’räumt, bevor i ihr was tan hätt.“
    „Dann wird es Ihnen umso leichter fallen, mir zu sagen, wo Sie in der fraglichen Zeit waren“, insistierte Bronstein.
    „Sehen S’, und genau do kummt jetzt die Ironie ins Spiel. Die Hanni hat nämlich recht g’habt. I hab S’ oweg’haut, also, betrogen, mein ich. Ja, es stimmt, was der alte Nasenbohrer sagt. Wir haben g’stritten. Aber wissen S’, deswegen hab i s’ ned weniger mögen. Es war nämlich so: Die Hanni war ein irrsinnig liebes Madl, aber sie war halt sehr g’schamig, und mit der körperlichen Liebe, da … da hat s’ es ned so g’habt, versteh’n S’? A Bussi da, a Bussi dort, das ja. Und wenn i Glück g’habt hab, dann hat s’ mi a bissl ihr G’stell abgrasen lassen. Aber spätestens bei die Gspaßlaberln war Endstation. Na, was soll i Ihnen sagen, i bin a g’standener Mann, i brauch a noch was Or’ntliches, und so bin i immer zur reschen Resi gangen. Die is a Strichkatz draußd im Böhmischen Prater. Die müssten S’ sehen, Herr Inspektor, unglaublich! Endlos lange Haxen, a G’stell wie die Venus persönlich, echte blonde Haar und a G’sicht, direkt zum Verlieben. Und solang man zoit, was s’ sagt, macht die alles mit, was ma von ihr will. Sie verstehen schon, Herr Inspektor. Die nimmt eam in Mund! Und manderf a von hinten eine, wenn S’ wissen, was ich mein. Bei der Hanni hat ma ja ned amoi vorn einedürfen. Sie hat g’sagt, i bin a Saubartel, a dreckiger, und dass i in Guglhupf g’hör mit solche Schweinereien. Aber Sie, Herr Inspektor, Sie versteh’n des, gell?! I hab ihr no g’sagt, der Hanni, sei ned a so, i brauch des, und es is doch besser, i hol’s ma bei aner Hur als bei aner andern. Na, da is’ ma erst recht in Saft gangen. Außeg’schmissen hat s’ mi, und i hab ma nu denkt, spinn di hoit aus, damische Nock’n. I hab ja ned wissen können, dass … dass dann so was passiert.“
    Bronstein war verwundert. Dem Mann liefen doch tatsächlich Tränen über die Wangen. Beinahe wäre in dem Major so etwas wie Mitleid aufgekommen, doch er zwang sich, sachlich zu bleiben: „Gut. So viel hierüber. Sie haben sich also gestritten und haben das Geschäft verlassen. Wohin sind Sie dann gegangen?“
    „Na, was glauben S’?“ Plachuttas Stimme hatte einen bitteren Ton angenommen.
    „Zur reschen Resi?“
    „Aber wia a no! Die ganze Nacht! I hab brennt dafür wia a Luster, aber dafür hat die Resi a alle Stückln g’spüht. Seitdem bin i komplett neger und leb vom Fensterkitt. Aber des war’s ma wert. … Aus damaliger Sicht“, fügte er nach einer kleinen Pause hinzu.
    „Ihnen ist klar, Herr Plachutta, dass ich Ihr Alibi überprüfen werde?“
    „Ja, tun S’ das. Dann bin i wenigstens nimma verdächtig. Theresia Resch. Drum hast s’ die resche Resi, obwohl s’ a so ziemlich resch is. Sie brauchen nur in Böhmischen Prater geh’n, glei bei die Hutschenschleiderer hat’s ihren Platz. Da finden S’ die Resi jeden Abend von Montag bis Samstag. Nur am Sonntag ned, weil da hat sogar der Herrgott a Pause g’macht, sagt s’ immer.“
    „Gut, Herr Plachutta. Das wäre vorläufig alles. Ich muss Sie bitten, sich zu unserer Verfügung zu halten. Verlassen Sie bitte die Stadt nicht.“
    „Aber des geht ned!“, brauste Plachutta plötzlich auf. „I muaß doch morgen wieder nach Villach mit dem Zug. Ich hab am Montag Dienst am dortigen

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