CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
ein. Innerhalb von 60 Stunden waren 1 189 Mitglieder der kubanischen Brigade gefangen genommen und 114 getötet worden.
»Zum ersten Mal in meinen ganzen siebenunddreißig Lebensjahren schämte ich mich für mein Land«, schrieb der glücklose Schütze Grayston Lynch später.
Am gleichen Tag übersandte Robert Kennedy seinem Bruder eine prophetisch zu nennende Mitteilung. »Die Zeit ist reif für eine Machtprobe, denn in ein oder zwei Jahren wird sich die Lage enorm zugespitzt haben«, heißt es darin. »Wenn wir nicht wollen, dass Russland Raketenbasen auf Kuba einrichtet, dann sollten wir besser jetzt entscheiden, was wir tun wollen, um das zu verhindern.«
»Wir sollten den Dreckeimer hernehmen
und einen anderen Deckel drauftun«
Wie Präsident Kennedy zweien seiner Berater sagte, habe Allen Dulles im Oval Office ihm gegenüber versichert, dass die Schweinebucht ein todsicherer Erfolg werde: »Herr Präsident, ich habe genau hier an Ikes Schreibtisch gestanden und ihm gesagt, dass ich sicher sei, dass unsere Guatemala-Operation erfolgreich sein werde, und die Aussichten für unseren jetzigen Plan, Herr Präsident, sind sogar noch besser als für den damaligen.« Wenn das richtig ist, war es eine erstaunliche Lüge, hatte doch Dulles in Wahrheit Eisenhower gegenüber eingeräumt, dass die Chancen der CIA in Guatemala bestenfalls eins zu fünf stünden – und null ohne Luftunterstützung.
Zum Zeitpunkt der Invasion hielt Dulles in Puerto Rico eine Rede. Seine öffentlich kundgetane Abreise aus Washington war Teil des Verschleierungsplans gewesen, jetzt aber sah es aus, als verlasse der Kapitän das sinkende Schiff. Nach seiner Rückkehr, so berichtet Robert Kennedy, habe er wie der leibhaftige Tod ausgesehen, das Gesicht in seinen zitternden Händen vergraben.
Am 22.April berief der Präsident den Nationalen Sicherheitsrat ein, den er als Regierungsinstrument stets gering geschätzt hatte. Nachdem er den wie abwesend wirkenden Dulles aufgefordert hatte, »die Beobachtung der Aktivitäten Castros in den Vereinigten Staaten umgehend zu intensivieren«, eine Aufgabe, die nicht in den Aufgabenbereich der CIA fiel, bat er General Maxwell Taylor, seinen neuernannten Militärberater, gemeinsam mit Allen Dulles, Justizminister Robert Kennedy und Admiral Arleigh Burke eine Analyse der Schweinebucht-Operation zu erarbeiten. Der Taylor-Untersuchungsausschuss trat noch am selben Nachmittag zusammen. Dulles hielt dabei krampfhaft eine Abschrift der Akte NSC 5412/2 in seinen Händen, durch die im Jahre 1955 Geheimoperationen der CIA autorisiert worden waren.
»Ich bin der Erste, der gern einräumt, dass die CIA keine paramilitärischen Operationen durchführen sollte«, erklärte Dulles dem Ausschuss und versuchte so, seine jahrzehntelange rückhaltlose Unterstützung für derartige Operationen wie hinter einem Rauchwölkchen verschwinden zu lassen. »Ich meine aber, wir sollten, statt alles kaputt zu machen und wieder von vorn anzufangen, das Gute aus dem Vorhandenen aussondern und uns von demjenigen trennen, was wirklich außerhalb der Kompetenz der CIA liegt. Das Verbleibende sollten wir bündeln und sehen, wie wir es effektiver machen können. Wir sollten die Dokumente der Richtlinie 5412 durchgehen und sie so überarbeiten, dass paramilitärische Operationen irgendwie anders gehandhabt werden. Es wird nicht leicht sein, sie anderweitig unterzubringen; es ist sehr schwer, die Dinge geheim zu halten.«
Durch die Arbeit des Taylor-Untersuchungsausschusses wurde dem Präsidenten rasch vor Augen geführt, dass die Geheimoperationen einer neuen Struktur bedurften. Einer der letzten Zeugen, die vor dem Untersuchungsausschuss auftraten, war ein todkranker Mann, der die entscheidenden Probleme, vor denen die CIA stand, mit feierlichem Ernst und großer Klarheit ansprach. Die Aussage von General Walter Bedell Smith klingt bis heute in einer Entschiedenheit nach, die frösteln macht:
FRAGE: Wie können wir in einer Demokratie alle unsere Trümpfe effektiv ausspielen, ohne den Regierungsapparat komplett umstrukturieren zu müssen?
GENERAL SMITH: Eine Demokratie kann keinen Krieg vom Zaun brechen. Wer in den Krieg zieht, muss ein Gesetz verabschieden, durch das dem Präsidenten außerordentliche Vollmachten verliehen werden. Ist der Ausnahmezustand vorbei, dann geht die Bevölkerung des Landes davon aus, dass die dem Chef der Exekutive vorübergehend verliehenen Rechte und Vollmachten den Bundesstaaten, den Bezirksregierungen,
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