CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
dem Volk zurückgegeben werden.
FRAGE: Wir sagen häufig, dass wir uns derzeit im Kriegszustand befinden.
SMITH: Ja, das ist richtig.
FRAGE: Wollen Sie damit andeuten, der Präsident sollte Rechte haben, die an seine Kriegsvollmachten heranreichen?
SMITH: Nein. Allerdings hat die amerikanische Bevölkerung nicht den Eindruck, sich derzeit im Krieg zu befinden, und folglich auch keine Neigung, die Opfer aufzubringen, die nötig sind, um einen Krieg zu führen. Wenn man sich im Krieg befindet, auch in einem Kalten Krieg, wenn Sie so wollen, dann braucht man einen amoralischen Dienst, der verdeckt tätig sein kann. (…) Ich bin der Ansicht, dass die CIA zu sehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit gestanden hat, sodass die Geheimoperationen vielleicht unter einem anderen Dach stattfinden sollten.
FRAGE: Sind Sie der Meinung, wir sollten die Geheimoperationen aus der CIA herausnehmen?
GENERAL SMITH: Es ist Zeit, dass wir den Dreckeimer hernehmen und einen anderen Deckel drauftun.
Drei Monate später starb Walter Bedell Smith im Alter von 65 Jahren.
Lyman Kirkpatrick, der Generalinspekteur der CIA, fertigte seinen eigenen Obduktionsbericht der Schweinebucht-Affäre an. Er kam zu dem Schluss, dass Dulles und Bissell das Versäumnis anzukreiden sei, zwei Präsidenten und ihren jeweiligen Regierungsapparat nicht detailliert und realistisch genug über die Operation informiert zu haben. Wenn die CIA im Geschäft bleiben wolle, so Kirkpatrick, dann müsse sie Organisation und Betrieb entscheidend verbessern. Der Vertreter von Allen Dulles, General Cabell, warnte Kirkpatrick, dass es das Ende für die Agency bedeuten könne, wenn sein Bericht in die falschen Hände gerate. Dulles konnte dem nur voll und ganz beipflichten. Er sorgte dafür, dass der Bericht in der Versenkung verschwand. Neunzehn der zwanzig Druckexemplare wurden eingesammelt und eingestampft. Das einzige Exemplar, das diesem Schicksal entging, wurde für beinahe vierzig Jahre unter Verschluss gehalten.
Im September 1961 ging Allen Dulles als Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes in den Ruhestand. Arbeiter legten gerade letzte Hand an das imposante neue Hauptquartier der CIA, für dessen Errichtung Dulles jahrelang gekämpft hatte und das nun in den Wäldern Virginias oberhalb des Westufers des Potomac, ein knappes Dutzend Kilometer vom Rande der Hauptstadt entfernt, erbaut worden war. Dulles hatte eine Inschrift mit einem Zitat aus dem Johannes-Evangelium in Auftrag gegeben, die in den Boden des Hauptfoyers eingelassen war: »Und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.« In demselben hochragenden Raum wurde eine Plakette mit seinem Bild aufgehängt. Si monumentum requiris, circumspice , was bedeutet: Wenn du sein Denkmal suchst, schau um dich.
Richard Bissell blieb noch ein halbes Jahr länger. In einer geheimen Zeugenaussage räumte er später ein, dass die Prahlerei mit den Kenntnissen seines Geheimdienstes reine Fassade war – es sei ein Ort gewesen, wo man »nicht gerade professionelle Kompetenz erwarten« konnte. Bei seinem Abschied heftete ihm der Präsident die Nationale Sicherheitsmedaille ans Revers. »Mr.Bissells hochgesteckte Ziele, seine unbändige Energie und seine unerschütterliche Pflichterfüllung sind Richtmaß jeder nachrichtendienstlichen Tätigkeit«, führte der Präsident aus. »Er hinterlässt ein bleibendes Erbe.«
Zu diesem Erbe gehörte freilich auch ein durch und durch gestörtes Vertrauen. Während der kommenden neunzehn Jahre sollte kein Präsident der CIA je wieder volles und uneingeschränktes Vertrauen schenken.
»Sie werden jetzt zur Zielscheibe«
In seinem Zorn hatte Präsident Kennedy nach der Schweinebucht zunächst den Plan, die CIA zu zerschlagen. Dann aber löste er die Geheimdienstaktivitäten der CIA aus ihrer Todesspirale und unterstellte sie der Oberaufsicht seines Bruders. Es war dies eine der unklügsten Entscheidungen seiner Amtszeit. Mit Robert F. Kennedy, damals 35 Jahre alt, übernahm ein Mann die Kontrolle über die heikelsten Geheimaktivitäten der Vereinigten Staaten, der bekannt war für seine Skrupellosigkeit und einen Hang zur Heimlichtuerei besaß. Zusammen waren diese beiden Männer verantwortlich für eine Ausweitung der Geheimdienstaktivitäten in einer bis dahin beispiellosen Intensität. Während unter Eisenhower in acht Jahren 170 größere Geheimoperationen der CIA stattgefunden hatten, brachten es die Kennedys in weniger als drei Jahren schon auf 163
Weitere Kostenlose Bücher