CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Gedemütigt, aber trotzig, stand Helms am 4.November 1977 vor einem Bundesrichter in Washington und erhielt dafür, dass eine acht Punkte umfassende Anklage wegen schweren Verbrechens fallen gelassen wurde, eine zweijährige Haftstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, und eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Dollar. Er bekannte sich zu dem minderen Vergehen, dem Kongress nicht die volle Wahrheit gesagt – sich einer indirekten Lüge, einer Auslassung schuldig gemacht – zu haben. Helms hatte sich darauf berufen, dass er als Direktor einen Eid abgelegt habe, die Geheimnisse des Landes zu wahren, und dass dieser Eid Vorrang habe. Die Regierung Carter hatte die Anklage geprüft und entschieden, die Strafverfolgung ihren Gang nehmen zu lassen. Das Gericht erklärte, die Macht der Geheimhaltung müsse hinter den Geboten der Verfassung und den Gesetzen der Vereinigten Staaten zurückstehen.
dass »die CIA dabei draufgehen könnte« : Gesprächsnotiz, 3.Januar 1975, GRFL.
Die Aufzeichnungen von dieser Sitzung wurden im Dezember 2002 freigegeben:
Ford: Colby ist nicht nur mit seinem Bericht, sondern auch mit zahlreichen weiteren Aussagen zu Silberman gegangen.
Rockefeller: Auf Ihre Aufforderung hin?
Ford: Ohne mein Wissen …
[Dr.Kissinger lieferte eine Beschreibung des »Schreckensbuches«.]
Ford: Wir machen uns Sorgen, dass die CIA dabei draufgehen könnte. (…) Und Helms glaubt, dass Colby ihn geleimt hat; Helms hat klargestellt, dass, wenn schmutzige Wäsche gewaschen wird, er selber einiges dazu beitragen kann.
Kissinger: Und Colby hat den Justizbehörden angezeigt, dass Helms sich möglicherweise einer eidlichen Falschaussage schuldig gemacht hat.
Rockefeller: Das wirft die Frage nach seiner Urteilsfähigkeit auf.
Ford: Darüber haben wir diskutiert und entschieden, dass wir ihn zur Zeit nicht rauswerfen können.
449 »Offen gestanden, wir stecken in der Klemme« : Gesprächsnotiz, 4.Januar 1975, GRFL.
450 Die CIA »beging einen Fehler« : Gerald R. Ford, Zeitzeugenaussage, 8.Juli 2003, JFKL.
»um der CIA-Untersuchung wirksam zu begegnen« : Gesprächsnotiz, 21.Februar 1975, GRFL.
451 »Innerhalb der CIA wird heftig gestritten« : Gesprächsnotiz, 28.März 1975, GRFL.
Kapitel 34
452 »Lassen Sie mich versuchen, mir ein Bild von der Lage zu machen« : Protokoll der Washingtoner Gruppe für Besondere Aktionen vom 2.April 1975, freigegeben am 7.September 2004. Wenige Tage nach diesem Gespräch fiel Kambodscha. Der amerikanische Botschafter John Gunther und der CIA-Bürochef David Whipple hatten ein zutreffenderes Bild von der Situation um sie herum als ihre Kollegen in Saigon: »Die CIA hatte eine klare Vorstellung von der Organisationsstruktur und der Führung der Roten Khmer«, erinnerte sich Dean. »David Whipple (…) lieferte uns Informationen über einige der barbarischen Handlungen, die vor dem April 1975 von den Roten Khmer begangen worden waren.« Dean, Zeitzeugenaussage, FAOH.
454 Am 29.April 1975 wurde Polgar um vier Uhr morgens von lautem Raketenund Artilleriefeuer geweckt : Polgar im Gespräch mit dem Autor. Als Polgar im Januar 1972 das Amt von Ted Shackley übernahm, unterstanden 550 CIA-Beamte seinem Befehl, 200 von ihnen waren Geheimagenten. Nach der Unterzeichnung der Pariser Friedensvereinbarungen 1973 erhielt er von Nixon die unverändert gleichen Anweisungen: »Führen Sie den Krieg mit anderen Mitteln fort, um ein nichtkommunistisches Vietnam zu erhalten.« Polgar hatte aus erster Hand etwas von den diplomatischen Aktivitäten miterlebt, für die Henry Kissinger den Friedensnobelpreis bekam. Wenige Wochen vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen 1972 hatte der gewiefte Stratege mit Nordvietnam Artikel für einen Friedensvertrag und einen Waffenstillstand ausgehandelt – ohne das Einverständnis des Präsidenten Südvietnams, des korrupten Nguyen Van Thieu. Bei einem Essen in Saigon, an dem Kissinger, der amerikanische Botschafter Ellsworth Bunker und Kissingers Berater John Negroponte teilnahmen, hatte Kissinger persönlich Polgar angewiesen, durch verlässliche Leute im südvietnamesichen Militär »Druck auf Thieu auszuüben«. Polgar entgegnete, Kissingers Anweisung sei sinnlos; so etwas funktioniere in Saigon nicht mehr. Als Kissinger gegenüber einem von ihm geschätzten Newsweek -Journalisten Informationen über seine Geheimverhandlungen durchsickern ließ, machte das die Sache noch sinnloser. Der Journalist telegrafierte seine Story aus Saigon, und der südvietnamesische
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