CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
haben – was in beiden Fällen das Todesurteil für den Monarchen und seine Familie bedeuten würde. In panischem Schrecken floh der Schah an seinen Urlaubsort am Kaspischen Meer.
Roosevelt begann wie wild zu improvisieren. Er ließ ein kaiserliches Dekret anfertigen, in dem Mossadegh entlassen und General Sahedi zum Premierminister ernannt wurde. Er befahl dem Oberst, der an der Spitze der kaiserlichen Leibgarde stand, Mossadegh mit vorgehaltenem Gewehr ein unterzeichnetes Exemplar dieses rechtlich fragwürdigen Dokuments zu präsentieren und ihn zu verhaften, wenn er sich widersetzte. Am 12.August jagte der Oberst dem Schah am Kaspischen Meer hinterher, und am folgenden Abend kehrte er mit den unterschriebenen Ausfertigungen der Dekrete zurück. Daraufhin strömten Roosevelts iranische Agenten scharenweise auf die Straßen Teherans. Journalisten und Druckerpressen spien Propaganda à la »Mossadegh ist Kommunist«, »Mossadegh ist Jude«. Die Straßengangster der CIA, die als Mitglieder der Tudeh-Partei auftraten, überfielen Mullahs und schändeten eine Moschee. Im Gegenzug löste Mossadegh das Parlament auf – von Rechts wegen konnte ihn nur der Majles absetzen, nicht der Schah –, und damit wurden die Senatoren und Abgeordneten, deren Stimmen die CIA gekauft hatte, nutzlos für sie.
Roosevelt legte einen Zahn zu. Am 14.August schickte er ein Telegramm an die Zentrale, in dem er dringend um weitere fünf Millionen Dollar bat, um General Sahedi den Rücken zu stärken. Für dieselbe Nacht war der Putsch geplant – und Mossadegh wusste Bescheid. Er mobilisierte die in Teheran stationierten Truppen und umgab sein Haus mit Panzern und Soldaten. Als der Oberst der kaiserlichen Garde kam, um den Premier zu verhaften, nahmen ihn regierungstreue Offiziere fest. Sahedi versteckte sich in einem Unterschlupf der CIA, wo ihn einer von Roosevelts Leuten, ein CIA-Neuling namens Rocky Stone, bewachte. Die hastig zusammengestellte Einheit aus iranischen Obersten fiel auseinander.
Am 16.August um 5 Uhr 45 Uhr in der Frühe meldete Radio Teheran, dass der Putsch gescheitert sei. Aus der CIA-Zentrale kam keinerlei Hinweis, was als Nächstes getan werden sollte. Allen Dulles hatte Washington eine Woche zuvor verlassen, um einen längeren Europa-Urlaub anzutreten, im unbekümmerten Vertrauen darauf, dass alles in Ordnung sei. Er fiel aus. Und Frank Wisner fiel nichts mehr ein. Eigenmächtig beschloss Roosevelt, die Welt davon zu überzeugen, dass Mossadegh den gescheiterten Staatsstreich selbst inszeniert habe. Um diese Geschichte an den Mann zu bringen, brauchte er den Schah, aber der Monarch war außer Landes geflohen. Wenige Stunden später erfuhr der amerikanische Botschafter im Irak, Burton Berry, der Schah sei in Bagdad, wo er um Hilfe gebeten habe. Als Antwort schickte Roosevelt dem Botschafter ein grob skizziertes Szenario, das dem Schah riet, in einer kurzen Rundfunkansprache zu behaupten, er sei vor einem linken Umsturz geflohen. Dieser tat wie geheißen. Dann bat er seinen Piloten um die Ausarbeitung einer Flugroute in die Weltkapitale der Exil-Monarchen: Rom.
Am Abend des 16.August übergab einer von Roosevelts Mitarbeitern den iranischen Agenten des CIA-Büros 50 000 Dollar und wies sie an, eine Menschenmenge zusammenzutrommeln, die als kommunistische Schlägerhorde auftreten sollte. Am folgenden Morgen strömten Hunderte bezahlter Agitatoren in die Straßen Teherans, wo sie plünderten, Brände legten und die Symbole der Regierung zertrümmerten. Echte Tudeh-Mitglieder schlossen sich ihnen an, bemerkten aber sehr bald, »dass da eine Geheimaktion veranstaltet wurde« (wie es in einem Bericht des CIA-Büros heißt), und »versuchten, die Demonstranten zum Heimgehen zu überreden«. Nach einer zweiten schlaflosen Nacht begrüßte Roosevelt den Botschafter Loy Henderson, der am 17.August mit dem Flugzeug aus Beirut eintraf. Angehörige der US-Botschaft, die ihn abholen wollten, fuhren auf dem Weg zum Flughafen an einer umgestürzten Bronze-Statue vorbei, die den Vater des Schahs darstellte und von der nur noch die Stiefel standen.
Henderson, Roosevelt und General McClure hielten vier Stunden lang Kriegsrat im Botschaftsgebäude. Das Ergebnis war ein neuer Plan, nach dem man einen Zustand der Anarchie herbeiführen wollte. McClure schickte iranische Offiziere los, die in außerhalb Teherans gelegenen Garnisonen Soldaten für die Unterstützung des Putsches gewinnen sollten. Die iranischen CIA-Agenten erhielten den
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