CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
ermächtigt, »alle geeigneten verdeckten Maßnahmen« zu ergreifen, darunter Bestechung von Wählern und Politikern, Propagandakrieg zur Gewinnung von Verbündeten und Demoralisierung potenzieller Feinde sowie paramilitärische Aktionen, um Indonesien an einem Linksrutsch zu hindern.
Unter diesen Auspizien pumpte die CIA bei den Wahlen zum indonesischen Parlament von 1955, der ersten Wahl überhaupt im nachkolonialen Indonesien, etwa 1 Million Dollar in die Kriegskasse von Sukarnos heftigsten Widersachern, der Masjumi-Partei. Die CIA-Aktion schlug indessen fehl: Sukarnos Partei gewann die Wahlen, die Masjumi-Partei wurde zweitstärkste Kraft, und die PKI, die kommunistische Partei des Landes, kam mit 16 Prozent der Stimmen auf Platz vier. Die Ergebnisse der Wahl alarmierten Washington. Die CIA, so Bissells mündliche Darstellung, setzte die finanzielle Unterstützung der von ihr favorisierten Parteien sowie »einer Reihe politischer Persönlichkeiten« des Landes fort.
Als Sukarno 1956 Moskau und Peking, aber auch Washington besuchte, wurde erneut Alarmstufe Rot gegeben. Zwar hatte man im Weißen Haus mitbekommen, dass Sukarno seine große Bewunderung für die amerikanische Regierungsform zum Ausdruck gebracht hatte, aber man fühlte sich verraten, als er das westliche Demokratiemodell für Indonesien, immerhin ein Archipel, der sich über annähernd 5000 Kilometer erstreckt und etwa 1000 bewohnte Inseln umfasst, mit dreizehn größeren ethnischen Bevölkerungsgruppen bei einer vorwiegend islamischen Bevölkerung von nahezu achtzig Millionen Menschen (in den fünfziger Jahren war Indonesien damit die fünftgrößte Nation der Erde), nicht übernehmen wollte.
Sukarno war ein fesselnder Redner, der drei oder vier Mal pro Woche eine öffentliche Rede hielt und die Menschen mit patriotischen Phrasen um sich scharte und auf diese Weise versuchte, die Einheit der Nation herzustellen. Die wenigen in Indonesien lebenden Amerikaner, die seine Reden verstanden, gaben zu Protokoll, dass er an einem Tag Thomas Jefferson zitierte und am nächsten die kommunistische Theorie herunterrasselte. Die CIA hat nie ganz begriffen, wer Sukarno eigentlich war. Mit der Order NSC 5518 verfügte sie indessen über einen breiten Ermessensspielraum, mit dem sie praktisch jede Maßnahme gegen Sukarno rechtfertigen konnte.
Al Ulmer, dem neuen Leiter der Abteilung Fernost der CIA, gefiel diese Art von Freiheit. Genau deswegen liebte er die Firma. »Wir konnten überall hingehen auf der Welt und tun, was wir wollten«, schwärmt er noch nach vierzig Jahren. »Mein Gott, was hatten wir Spaß!«
Nach eigener Darstellung führte sich Ulmer in seiner langjährigen Amtszeit als Büroleiter in Athen arrogant und anmaßend auf und genoss dabei einen Status, der irgendwo zwischen einem Hollywood-Star und einem Staatschef lag. Er hatte dafür gesorgt, dass sich Allen Dulles einer romantischen Schwärmerei für Königin Friederike und den Freuden des Segelns mit einflussreichen Großreedern hingeben konnte. Zur Belohnung hatte er die Abteilung Fernost erhalten.
In einem Interview bekannte Ulmer, dass er bei Amtsantritt so gut wie nichts über Indonesien gewusst habe. Aber er besaß das volle Vertrauen von Allen Dulles. Und er erinnerte sich lebhaft an ein Gespräch mit Frank Wisner Ende 1956, kurz vor dessen Zusammenbruch. Wisner habe damals gesagt, es sei Zeit, Sukarno etwas mehr einzuheizen und seine Füße näher ans Feuer zu halten.
Vom Büroleiter der CIA in Djakarta erfuhr Ulmer, dass Indonesien kurz vor der kommunistischen Unterwanderung stehe. Val Goodell, so hieß dieser Büroleiter, war ein Magnat der Kautschukindustrie mit dezidiert kolonialistischen Ansichten. Die Kernaussagen seiner feuerspeienden Telegramme aus Djakarta wurden zu Notizen umformuliert, die Allen Dulles in den ersten vier Monaten des Jahres 1957 auf die wöchentlichen Sitzungen im Weißen Haus mitnahm: Lage ist kritisch … Sukarno insgeheim Kommunist … Entsendet Waffen. Rebellierende Armeeoffiziere auf Sumatra, ließ Goodell die Zentrale in Langley wissen, sind die entscheidende Kraft für die Zukunft des Landes. »Auf Sumatra ist man zum Kampf bereit«, telegrafierte er, »aber es fehlt an Waffen.«
Bei Regionalwahlen im Juli 1957 erwies sich, dass die PKI drauf und dran war, die drittstärkste politische Kraft in Indonesien zu werden und sich somit vom vierten Platz emporgearbeitet hatte. »Sukarno will die Beteiligung der Kommies« an der indonesischen Regierung,
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