Ciao Mayer
„Salute.“
Bis halb zwei prosteten sie sich noch zu. Bruno hatte dazu eine besondere Flasche Rotwein aus seiner apulischen Heimat geöffnet, sich aber geweigert, für alles zusammen mehr als den üblichen Einheitspreis von achtzehn Euro anzunehmen.
Vor der Tür umarmten sie sich und Massimo stieg etwas ungelenk auf sein Motorino. Erst weit nach zwei war er zuhause, weil zwei Carabinieri auf Motorrädern ihn daran hinderten, die letzten vierhundert Meter durch seine gewohnte Gasse zu fahren.
„Einbahnstraße und Fußgängerzone“, beharrten die Uniformierten und waren auch durch Massimos geschickte Argumentation nicht umzustimmen. Er fahre schließlich immer diesen Weg, erklärte er. Und wieso Fußgänger? Ob sie denn irgendwelche Fußgänger sähen? Nein? Also. Und Einbahnstraße? Er würde sie ja auch nur in eine Richtung benutzen.
Die Polizisten lachten und blieben stur.
Massimo versuchte es noch einmal, nun im weinerlichen Ton: Eine andere Strecke sei im Dunkeln schwer zu finden.
Doch die Beamten waren schlicht uneinsichtig und blockierten stoisch die Straße.
Massimo gab schließlich auf, murmelte leise Beleidigungen gegen alles, was Uniform trug, vor sich hin und fuhr in eleganten Schlangenlinien weiter. Natürlich verfranste er sich auf dem ungewohnten Weg und in seinem Zustand.
„Morgen“, tröstete er sich, als er endlich seine Haustür erreicht hatte, "morgen kommt der große Durchbruch.“
*
Zuerst kamen, wieder einmal, ein Brummschädel, dann das Frühstück bei Mama. Massimo hätte nicht sagen können, was schlimmer war. Sie hatte ihn an der Treppe abgefangen.
„Komm rein“, sagte sie, „setz' dich und iss!“
Er wehrte ab. „Ich habe überhaupt keinen Hunger, Mama.“ Vergebens.
„Quatsch“, sagte sie nur, schob ihn an den Tisch und goss Kaffee ein. Marmelade, Butter, Schinken und Mortadella standen bereit, zwei Spiegeleier und ein Korb mit Unmengen an Brot. Ein „deutsches Frühstück“, wie Mama es nannte. Massimo hasste es. Eigentlich.
„Du hast wieder getrunken gestern Abend“, nahm sie das Gespräch neu auf, während Massimo an einem Stück Brot mit Mortadella kaute. „Leugne nicht, ich sehe es dir an. Außerdem hast du heute Nacht einen Höllenlärm im Treppenhaus gemacht, als du heimkamst.“
Sie schob ihm die Spiegeleier auf den Teller.
„Lass doch Mama, mir reicht ein Stück Brot...“
Sie sah ihn streng an. „Wenn du schon trinken musst wie dein Vater, musst du auch frühstücken wie er! Basta. Ich hab' dich so oft gebeten, mit dem Trinken aufzuhören, aber vielleicht kann man da einfach nichts machen. Es ist das Deutsche in dir.“
„Mama, ich bin Römer. Ich bin hier in Rom geboren, zur Schule gegangen, ich habe römische Freunde, spreche Dialekt wie du...“
„Na und?“ schnitt sie ihm das Wort ab. „Und doch hast du das Erbgut deines Vaters in dir. Sieh dich nur an. Siehst du vielleicht aus wie ich? Oder nimm das Trinken. Du bist betrunken mit dem Motorino gefahren. Ich hoffe, sie nehmen dir irgendwann den Führerschein weg. Dann kann ich wenigstens ruhig schlafen.“
„Ein frommer Wunsch, Mama. Was mach' ich dann? Wie soll ich mich ohne Moped in Rom bewegen? Aber zum Glück gibt es hier keine Alkoholkontrollen, Dein Herzenswunsch geht also ins Leere.“
Sie angelte mit der Gabel eine Schinkenscheibe und ließ sie auf Massimos Teller fallen. „Es gibt keine Kontrollen in Rom, weil Römer nicht trinken. Wenn die Carabinieri spitz kriegen, dass hier Deutsche herumfahren, die Wein und Grappa wie Tiere in sich hineinkippen, dann wird es speziell für sie Kontrollen geben. Hoffe ich.“
„Wieso? Warum wünschst du mir Schlimmes?“
„Ich wünsche dir nicht Schlimmes, ich will dein Bestes.“
„Mein Bestes? Dass ich den Führerschein verliere? Und vielleicht auch noch meinen Job?“
„Quatsch! Dass du aufhörst, soviel zu trinken. Aber, lass' gut sein. Es nützt ja doch nichts. Deinem Vater habe ich das auch jahrelang gepredigt. Und? Ergebnis? Eines Tages war er weg. Und wahrscheinlich wirst du auch eines Tages weg sein, ohne Gruß, ohne ein Wort.“
Sie kämpfte mit den Tränen.
„Mama. Was soll das jetzt?“
„Deutsche sind herzloser als Italiener, habe ich neulich in der Zeitung gelesen.“
„Italienische Paare trennen sich nicht?“
„Doch, aber mit viel Theater, mit Tränen, vielleicht auch mit Schlägen. Deutsche gehen einfach. Die sind konsequenter. Eben herzloser.“
„Das ist doch Blödsinn. Du kannst jede Woche in
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