Cigams Sündenfall
Ahnung.«
»Wissen Sie was, Diaz?«
»Nein, Sir, nein. Ich bin unschuldig. Ich bin…«
»Sagen Sie das nicht zu laut, sonst glauben wir Ihnen den Kram noch. Aber weiter. Ich habe in dem Protokoll den Namen der Frau nicht gelesen. Hatte sie keinen?«
Fernando Diaz kippte Wein in seine Kehle. »Jeder Mensch wird einen Namen haben, nur hat sie mir ihren nicht gesagt. Ich habe sie auch nicht danach gefragt. Außerdem wollte ich sie so schnell wie möglich loswerden, wenn Sie verstehen.«
»Warum? Sie war doch hübsch?«
»Ja, sehr hübsch. Aber auch kalt und grausam. Das war kein Mensch, da waren keine Gefühle, da spürte man keine Wärme. Sie erregte Aufmerksamkeit, als sie die Bar betrat. Die Männer wußten endlich, wohin sie schauen konnten. Ihre Mädchen waren vergessen, die sich natürlich darüber geärgert hatten, aber dann…«, er hob die Schultern.
»Nun ja, ich habe mit ihr gesprochen und fühlte, wie ich dabei immer kleiner wurde. Ich hätte später in einen Fingerhut gepaßt.«
»Und trotzdem haben Sie die Person gehen lassen.«
»Was sollte ich denn machen, Sir?« rief er. »Die ließ sich einfach nicht aufhalten. Dieses Weib gehörte zu den Menschen, die genau wissen, was sie tun. Die über Leichen gehen, die eiskalt sind, die sich nichts vorschreiben lassen. Außerdem war ich froh, daß sie verschwand.«
»Später haben Sie die Toten gefunden, nicht?«
Diaz nickte Suko an. Er bleichte allmählich aus, als er daran dachte. »Ja, ich fand sie. Zuerst sah ich das Blut im Flur, dann ging ich in Rawlins’ Büro. Er hatte kaum noch einen Kopf. Alles war zerschmettert worden, und Ronco blutete aus. Sie hat fürchterlich gewütet«, flüsterte er. »So etwas habe ich noch nie gesehen…«
»Schon gut«, sagte Tanner. »Den Rest kennen wir. Haben Sie jetzt Angst, Mister Diaz?«
»Ja.«
»Wovor?«
»Daß sie noch einmal zurückkehrt.«
»Was könnte sie denn von Ihnen wollen?«
»Ich weiß es nicht. Was hat sie von Rawlins gewollt? Was hat sie von Costello gewollt…?«
Gute Fragen, auf die wir leider auch keine Antwort wußten. Und dieser Fernando Diaz zeigte sich auch nicht als ergiebig sprudelnde Quelle, denn er hatte sich zwar mit der Frau an der Bar unterhalten, doch auf ein bestimmtes Thema waren sie nicht eingegangen. Es ging einfach um andere Dinge, banale, zudem hatte er eine zu große Angst gehabt, daß ihm etwas passieren könnte.
Ich sprach ihn noch einmal auf das Gesicht an. »Und sie hat ihre Haut tatsächlich zur Seite gezogen.«
»Ja, verdammt, ja. Erst klemmte sie sich ein Stück Haut zwischen die Finger, dann zog sie es ab. Ungefähr so.« Er machte es nach, und wir schauten hin.
»Sie sahen keine Knochen?« fragte Suko.
»Nein – weder Knochen, Knorpel, Fleisch noch Gehirn. Nur diese verdammte Mechanik, die ihr der Teufel in den Kopf eingepflanzt haben mußte.«
»Sie haben also kein Wort über die weiteren Pläne der Frau erfahren.«
»Wo denken Sie hin. Aber einen Wodka, den hat sie getrunken. Ich wollte sie zudem loswerden und habe ihr erklärt, daß der Wodka auf meine Rechnung geht, aber das alles ist jetzt uninteressant geworden. Ich wollte sie ja nur weghaben.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Als sie den Namen Costello erwähnte, war das, als hätte jemand Feuer in mir angezündet.«
»Kann ich mir denken«, sagte ich. »Rawlins und dieser Ronco sind tot, Mister Diaz. Sie haben Angst. Sie müssen auch Angst haben. Man wird Ihnen Fragen stellen. Sie wissen sicherlich, daß auch Ihr Chef innerhalb des großen Netzes eingebunden war, in dem Logan Costello wie eine Spinne sitzt. Deshalb meine Frage: Wie hat die Mafia auf den Tod der Männer reagiert?«
»Woher soll ich das wissen?« Wir lächelten zu dritt, denn die Antwort war viel zu schnell erfolgt, um ehrlich zu sein. Wahrscheinlich hatte die Mafia bereits Kontakt mit ihm aufgenommen, Diaz konnte es nur nicht zugeben. Man würde ihm gedroht haben.
»Was hat man Ihnen gesagt?« fuhr Tanner den Zeugen an. »Sind Sie eingeschüchtert worden?«
»Nein.«
»Aber Sie haben Besuch bekommen?«
Er hob die Schultern, und mit seiner folgenden Antwort gab er nichts Genaues zu. »Ich bekomme oft Besuch. Leute wie ich haben viele Freunde. Ich bin sehr kontaktfreudig…«
»Ja, so kann man es auch sagen. Werden Ihre Freunde denn versuchen, die Frau zu finden?«
Der Barmann ließ sich nicht aufs Glatteis führen. »Warum sollten sie das?«
Tanner winkte ab. »Schon gut.« Er schaute Diaz scharf an. »Sollte
Weitere Kostenlose Bücher