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Cigams Sündenfall

Cigams Sündenfall

Titel: Cigams Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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den Hauch der Toten erinnerte, als hätten sie uns einen Gruß aus dem Jenseits geschickt.
    Unter unseren Füßen war der Boden platt getreten worden. Nur hin und wieder schimmerten helle Steine auf dem Boden, als wollten sie ein bestimmtes Muster bilden.
    Irgendwo über uns schrie ein Vogel. Sein Krächzen erwischte uns wie eine unheimliche Begleitmusik. Wir hatten Milena die Führung überlassen. Suko folgte ihr auf dem Fuß, ich machte den Schluß.
    Es war schwer, sich an diese Welt zu gewöhnen. Ein Wirrwarr von dunklen Steinen umgab uns. Manche waren glatt, andere wiederum zeigten eine Schicht aus Moos und Pflanzenresten. Wieder andere wirkten verwaschen, und die Schriften waren längst verblaßt. Die Steine standen auch nie in einer Formation. Unterschiedliche Höhen, schiefe Lagen, viele waren auch gekippt und sahen aus, als hätten unsichtbare Hände sie festgehalten, bevor sie zu Boden fallen konnten. Dabei waren es nur die anderen Steine gewesen, die sie festhielten.
    Nicht ein Kreuz war zu sehen.
    Jeder Grabstein hatte eine rechteckige Form. Unterschiede gab es nur an ihren Dächern oder Enden. Manche waren spitz, andere abgerundet, und jeder Grabstein hatte dem Zahn der Zeit Tribut zollen müssen.
    Ich sah keinen, der noch völlig in Ordnung gewesen wäre. Es gab Risse und Spalten, an vielen Stellen war das Gestein gebrochen und abgesplittert. Bei einigen fehlten ganze Stücke, und sie standen so gebeugt, wie in stiller Qual verstummt.
    Nur unsere Schritte waren zu hören. Keine anderen Stimmen erreichten unsere Ohren. Wir gingen über einen menschenleeren Friedhof, aber begleitet von den Zeugen der jüdischen Totengeschichte.
    Ich versuchte, meine Gedanken von dem Geschehen abzulenken und mich auf Cigam und seinen Sündenfall zu konzentrieren.
    Waren sie hier – waren sie nicht hier?
    Bisher hatte ich sie nicht entdeckt. Es wäre auch leicht gewesen, sich irgendwo zu verstecken, denn Lücken, in die sie sich hätten hineindrängen können, gab es genug.
    Ich schaute zum Himmel.
    Über uns schützten die mächtigen Zweige der Kastanien den Besucher.
    Ich wunderte mich sowieso, daß sie hier auf dem alten Totenacker mit ihrem Wurzelwerk noch Halt hatten finden können und nicht mit der Zeit die Grabsteine umwarfen.
    Manchmal mußten wir uns regelrecht um sie herumwinden. Berührungen und Kontakte waren nicht zu vermeiden. Da schabte dann das rauhe Gestein über unsere Kleidung, und es hörte sich an, als wären Totenhände dabei, die Haut mit ihren kratzigen Fingern zu berühren. Der Himmel war dunkler geworden. Im Westen schmückte ihn noch ein letzter tiefroter Schein.
    Der Wind erwischte unsere Gesichter und war weich wie Watte. Pollen wirbelten durch die Luft. Es war Heuschnupfenzeit, zum Glück hatte ich damit nichts zu tun.
    Der Mitte zu verdichtete und verengte sich der alte Friedhof noch weiter.
    Ein Durchkommen war oft sehr schwer, zudem ärgerte es mich, daß gewissenlose Touristen ihren Abfall kurzerhand auf den Boden geworfen hatten, so sahen wir Dosen, Papier und leere Keks- oder Schokoladenschachteln, die zwischen Platten klemmten.
    Licht war noch da, aber die Schatten überwogen. Beide Gegensätze hatten sich zu einem ungewöhnlichen Spiel vereint, sich getroffen und liefen an den Rändern ineinander über. Sie schufen eine graue, unwirkliche Farbe, und so traten die Konturen der Platten nicht mehr allzu deutlich hervor. Jetzt sahen einige Steine aus, als wären sie miteinander verschmolzen.
    Milena blieb stehen. Auch Suko stoppte. Beide hörten wir ihre leise gesprochene Bemerkung. »Wir sind nicht mehr weit vom Grab des Rabbi entfernt.« Ihre Stimme zitterte leicht. »Also aufgepaßt!«
    Und dann hörten wir den Schrei!
    Nein, es war eigentlich kein direkter Schrei, sondern mehr ein leiser Ruf, aus dem jedoch die Qual deutlich genug herauszuhören war. Mehr ein Wehlaut, als würde jemand unter Schmerzen leiden, der uns gleichzeitig gehört hatte und nun Hilfe erwartete.
    Wir dachten nicht mehr daran, die Frau vorgehen zu lassen. Da Suko denselben Gedanken gehabt hatte wie ich, schob er Milena zur Seite und übernahm die Führung.
    Ich hatte meine rechte Hand gegen den Rücken der Kollegin gelegt.
    »Wer kann das sein?« hauchte sie. Auf ihrem Gesicht sah ich eine Gänsehaut.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Altea…?«
    Ich hob die Schultern. So recht nachvollziehen konnte ich es nicht, aber wir würden es sehen. Die Person, die sich bemerkbar gemacht hatte, konnte nicht mehr so weit von uns

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