Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt
»Danke, Baby.«
»Schenk dir dein Getue. Ich will, dass zwanzig davon auf dem Grab meiner Großmutter landen. Kauf ihr einen schönen Strauß Blumen. Und achtzig gibst du Jule für die Schulden, die du bei ihr gemacht hast.«
Er nickte und ging.
Sachte klopfte Cinderella an die Tür ihrer Vermieterin. »Wie schön, Frau Preußer. Kommen Sie doch rein.«
»Nein, das geht leider nicht. Ich wollte nur schnell etwas fragen.«
Elsbeth Schmiedel griff lächelnd nach Cinderellas Händen, die nervös das Treppengeländer umklammerten. »Nun kommen Sie schon. Ich habe gerade Wasser aufgesetzt.«
»Nein! Ich kann wirklich nicht«, versuchte sich Cinderella dem Wunsch zu entziehen. »Moritz und Tommy kommen gleich vom Spielen zurück. Und außerdem steht oben ein großer Topf Nudeln mit hausgemachter Tomatensoße.«
Elsbeth Schmiedel lächelte. »Verstehe. Der Ersatz-Papa, von dem Sie mir erzählt haben. Nun, wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ich wollte fragen, ich meine wegen der Miete. Na ja, ob ich die eventuell diesen Monat später zahlen könnte.«
Elsbeth Schmiedel lachte. »Eine Verspätung? Geht in Ordnung. Aber bitte nicht zur Gewohnheit werden lassen.«
»Nein, Frau Schmiedel, ich verspreche es.«
Herzklopfen
Als Moritz und Tommy zurückkamen, war der Tisch gedeckt. Moritz blickte sich um. »Wo ist er?«
»Gegangen«, sagte Cinderella beiläufig, während sie Käse über die Nudeln rieb.
Tommy lief zu seinem Stuhl und schwang sich darauf. »Erster«, rief er. Dann schaute auch er im Zimmer umher. »Ist Papa wieder weg?« Cinderella nickte. »Hände gewaschen?«, fragte sie Tommy und packte eine ordentliche Portion auf seinen Teller.
»Äh, weiß nicht«, stammelte er.
»Nein, warst du nicht«, half sie seinem Gedächtnis auf die Sprünge. Ohne Widerworte stand er auf und ging ins Bad. Moritz folgte ihm. »Will irgendwer Basilikum dazu?«, fragte sie.
»Ich nicht«, rief Tommy.
»Wenn es keine Umstände macht«, rief Moritz.
»Ach was, ich zupfe schnell ein paar Blätter ab.« Cinderella ging zur Kräuterecke. Ein extra Tisch mit verschiedenen Kräutern darauf. Unkraut nannte es Mike immer. Sie riss etwas Basilikum ab und spülte es. Dann legte sie es auf ein Brettchen und fuhr mehrmals mit dem Messer darüber.
Moritz und Tommy setzten sich zurück an den Tisch. »Moritz hatte auch schmutzige Hände«, petzte Tommy.
»Muschelsuchhände«, erläuterte Moritz und steckte sich die vor ihm liegende Serviette in den Hemdkragen.
»Was machst du?«, fragte Tommy.
»Ich binde mir ein Papiertuch um.«
»Weshalb?«
»Damit ich mich nicht bekleckere.«
»Moritz braucht einen Schlabberlatz«, spottete Tommy singend und klopfte dazu mit seiner Gabel auf den Tisch.
»Tommy!«, mahnte ihn Cinderella.
»Ach, lassen Sie ihn ruhig über die üblichen Tischmanieren spotten«, blockte Moritz ab. »Dafür wird seine Bettgeschichte heute umso kürzer.« Tommy wurde still. Brav wie ein wohlerzogenes Kind aß er seine Nudeln. Cinderella lächelte in sich hinein. Dieser Moritz schaffte es jedes Mal, Tommy zu bändigen, ohne auch nur seine Stimme erheben zu müssen. Ein kleines Wunder, wie sie fand.
Kurz darauf lag Tommy im Bett. Zuvor hatte er sich, ohne herumzumaulen, ausgezogen und Zähne geputzt. Moritz saß wie üblich auf seinem Stuhl und las aus einem der Bücher vor. Tommy gähnte. »Du, Moritz? Kannst du mich morgen aus dem Kindergarten abholen?«
Moritz blickte auf. »Hm, weshalb?«
»Na, weil der dicke Roland dich sehen soll. Und auch Pickelfreddy und die doofe Kochliesel.«
Moritz lachte. »Wer ist denn Kochliesel? Eure Köchin?«
»Nee. Das ist doch die Tochter vom Hotelkoch. Die heißt eigentlich Lisa. Aber weil die immer so doofe Zöpfe hat, nennt Florian sie Kochliesel.«
»Ach so. Ein Mädchen aus eurer Gruppe also. Tja, ich weiß nicht so recht, vor sechzehn Uhr ist schlecht bei mir.«
»Bitte«, bettelte Tommy.
»Irgendwann mal. Okay?«
»Och, Menno.«
Moritz nahm das Buch wieder auf und las weiter. Als er am Ende der Geschichte angekommen war, schlief Tommy. Zufrieden klappte er das Buch zu und stand auf. »MögenSie vielleicht auch noch eine Geschichte?«, fragte er Cinderella, die wie immer seinen Worten gelauscht hatte.
»Warum nicht?«
Seine Augen funkelten im Kerzenlicht, als er ins Wohnzimmer trat. »Und welche Geschichte? Aschenputtel?«
»Nein!« Sie strich ihr Haar hinters Ohr und begann auf ihrem Zeigerfinger herumzukauen. »Dornröschen«, entschied sie spontan, während
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