Cinderella kehrt zurück
sonst hätte sie jedes Mal, wenn sie eine Polizeisirene gehört hätte, eine Panikattacke bekommen. Und wenn ich Spätschicht hatte, konnte sie die ganze Nacht nicht schlafen.“
Jetzt wandte er sich direkt an Eden: „Bei dir kann ich ja noch verstehen, warum du solche Angst um Alika hattest. Aber mein Job war lange nicht so riskant, und Liz hatte wirklich kaum Grund zur Sorge gehabt. Und ich konnte sagen, was ich wollte, es hat alles nichts gebracht.“
„So schlimm war es bei mir wirklich nicht“, räumte Eden ein. „Hat sie sich denn auch sonst schnell Sorgen gemacht, oder bloß, wenn es um dich und die Polizei ging?“
„Doch, sonst auch, das ist mir vor unserer Hochzeit schon aufgefallen. Sie hat schon damals immer ziemlich überreagiert, jedenfalls kam es mir so vor. Wenn Liz mal Kopfschmerzen hatte, meinte sie gleich, das wäre ein Hirntumor, und bei jedem blauen Fleck dachte sie sofort an Leukämie. Aus allem hat sie ein Riesendrama gemacht, aber am schlimmsten war es mit meinem Beruf. Nach unserer Hochzeit hat sie sich dann fast vollständig darauf konzentriert.“
„Das war für euch beide bestimmt ziemlich anstrengend.“
„Das kann man wohl sagen“, sagte Cam. „Sie hat die ganze Zeit auf mich eingeredet, dass ich meinen Job wechseln soll, aber ich wollte nicht.“
„Und wenn du die Zeit zurückdrehen könntest … würdest du es dann tun?“
„Ich hab’s ja sogar getan.“
„Oh.“ Damit hatte Eden nicht gerechnet.
„Aber erst nach zwei Jahren Ehe. Als Liz schwanger war. Und ich angeschossen wurde.“
Eden zuckte zusammen. Das wurde ja immer extremer! War er also inzwischen Vater? Der Gedanke beunruhigte sie … Vor allem aber beunruhigte sie die Tatsache, dass er ihr das bis jetzt verschwiegen hatte.
Sie nahm sich noch einen Pfefferminzbonbon. „Habe ich das eben richtig verstanden: Deine Frau ist schwanger geworden, und du wurdest angeschossen?“
Cam lächelte kaum merklich. „Na ja, das ist nicht am selben Tag passiert“, sagte er. „Liz war im fünften Monat, als ich angeschossen wurde. Jemand hat ein Spirituosengeschäft überfallen, und mein Partner und ich sind zum Einsatz gerufen worden. Der Typ hatte eine Waffe und hat versucht, sich seinen Fluchtweg freizuschießen. Dabei hat er mich in den Oberschenkel getroffen.“
„Dadurch hat sich deine Frau bestimmt bestätigt gefühlt“, vermutete Eden.
„Allerdings. Seit sie wusste, dass sie schwanger war, war sie sowieso ein Nervenbündel und hatte ständig irgendwelche Beschwerden. Alles aus Stress, meinte ihr Arzt. Sie hat auch so gut wie nichts gegessen, weil sie sich immer gleich übergeben musste.“
„Aber du bist trotzdem bei der Polizei geblieben.“
„Ja. Ich habe zwar mal kurz überlegt, den Beruf zu wechseln, aber eigentlich wollte ich das nicht. Ich war ein guter Polizist und konnte mir gar nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Wahrscheinlich war das ziemlich egoistisch von mir.“
Er seufzte. „Liz ist dann zur psychologischen Beratung gegangen und hat sich auch eine Selbsthilfegruppe gesucht. Und ich habe ihr erklärt, dass mir nichts Schlimmes hätte passieren können. Weil ich eben immer eine kugelsichere Weste getragen habe und auch nicht bei den ganz gefährlichen Einsätzen dabei war.“
„Trotzdem bist du angeschossen worden“, warf Eden ein.
„Ja, meinem Bein hat die kugelsichere Weste nichts genützt.“
„Wie schlimm warst du denn verletzt?“
„Ach, das war zwar nicht gerade ein Kratzer, aber es hätte noch viel schlimmer kommen können“, sagte Cam. „Immerhin hatte die Kugel den Oberschenkelknochen verfehlt und die Hauptarterie zum Glück auch. Und es gab keine bleibenden Schäden.“
Den Eindruck hatte Eden beim Basketballspiel auch gehabt.
„Aber deine Frau ist wahrscheinlich völlig außer sich gewesen.“
Cam verzog das Gesicht. „Das ist noch gar kein Ausdruck. Es war richtig schrecklich. Sie ist im Krankenhaus zusammengebrochen und gleich mit mir dageblieben. Zur Beobachtung, um eine Frühgeburt zu vermeiden. Dazu ist es nicht gekommen, aber nach unserer Entlassung hat sie mich vor die Wahl gestellt: Entweder ich trenne mich von meinem Job oder von ihr und dem Baby.“
Er sprach jetzt ganz leise, und Eden spürte, wie schwer ihm diese Wahl damals gefallen sein musste.
Schließlich zuckte er mit den Schultern. „Als ich wieder arbeitsfähig war, habe ich angefangen, für eine Sicherheitsfirma zu arbeiten. Für die habe ich dann Seminare gegeben und
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