Cinderella und der Wüstenprinz (Julia) (German Edition)
wäre der richtige Begriff. Und ja, ich würde es in dem Sinne erziehen, wie mein Vater meinen Bruder und mich erzogen hat. Ein Kind braucht nicht zwingend eine Mutter, um zu überleben.“
Bei der Bitterkeit in seiner Stimme wusste Ella plötzlich, wohin ihr Gespräch führen würde. Die grimmige Entschlossenheit auf Hassans dunklen Zügen ließ keinen Zweifel an seinen Absichten aufkommen. Sie konnte sich lebhaft ausmalen, was er als Nächstes sagen würde. Wenn sie nicht aufpasste, nahm er ihr das Baby weg, entführte es in ein abgelegenes Wüstenkönigreich, und sie würde es nie wiedersehen.
Ihr Magen krampfte sich zusammen. „Ich glaube, mir wird schlecht …“, brachte sie mühsam hervor und stemmte sich am ganzen Körper bebend von ihrem Sessel hoch.
Es war beileibe nicht das erste Mal, dass Hassan mit Übelkeit umgehen musste. Während des Schlachtgetümmels hatte er gestandene Männer gesehen, die sich die Seele aus dem Leib gekotzt und später graugesichtig und schweißüberströmt wie tot dagelegen hatten.
Aber nie zuvor hatte er einer schönen jungen Frau beistehen müssen, die plötzlich beängstigend hinfällig und zerbrechlich wirkte. Wütend über sich selbst und seine unbedachten Worte hob er Ella hoch, trug sie ins Bad und hielt ihr die Haare aus dem blassen Gesicht, während sie vor der Toilette kniete.
„Tut mir schrecklich leid“, murmelte sie undeutlich, als der Würgereiz endlich nachließ. „Aber ich …“
„Wenn hier jemand um Verzeihung bitten muss, dann allein ich“, unterbrach Hassan sie fast barsch. „Immerhin trage ich die Schuld an deinem Zustand. Ich hätte so etwas niemals sagen dürfen.“
Darauf hob sie den Kopf, schaute ihn forschend an und lächelte zu seinem Erstaunen sogar schwach. „Es war zwar nicht nett, was du gesagt hast, aber um das hier zu schaffen, braucht es dann doch mehr“, antwortete sie pragmatisch. „Tatsächlich geht es den meisten Frauen im Frühstadium der Schwangerschaft nicht besser als mir.“
„Dir ist heute nicht zum ersten Mal übel?“
„Lieber Himmel, nein! Eigentlich jeden Tag, und das schon seit Wochen!“, platzte sie spontan heraus.
„Jeden Tag?“, echote Hassan besorgt. „Aber das ist ganz sicher nicht gesund.“
„Der Arzt sagt, dem Baby geht’s gut.“
„Du warst deswegen sogar beim Arzt?“
Ella wusste, dass sie sich hätte zusammenreißen und Souveränität beweisen müssen, aber von kräftigen Männerhänden gestützt an einer breiten Brust zu lehnen, war so viel komfortabler und tröstlicher, als sich allein mit den Symptomen der ersten Schwangerschaftsmonate herumzuschlagen.
„Mutterschaftsvorsorge“, erklärte sie betont nüchtern. „Das ist völlig normal.“
„Und wer ist dieser Doktor?“
„Mein Gynäkologe aus dem hiesigen Gesundheitszentrum. Er ist sehr gut.“
„Ein hiesiger Gynäkologe ist auf keinen Fall qualifiziert genug, sich um das Kind eines Scheichs zu kümmern.“
Fast hätte sie frustriert aufgeschrien. Da war sie wieder, diese verdammte Arroganz und Anmaßung, womit er sie immer wieder in Rage brachte!
„Aber das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu diskutieren“, entschied Hassan, dem ihr Gesichtsausdruck nicht entgangen war. „Für dich ist jetzt erst einmal absolute Ruhe angesagt.“
Als sie sich wieder aufgehoben und wohl geborgen auf seinen Armen fühlte, verzichtete sie auf ihren Protest. Sicheren Schrittes trug Hassan sie direkt in ihr Schlafzimmer und zuckte nur kurz zusammen, als sie an einer Serie Kohlezeichnungen vorbeikamen, die eine Wand schmückten. Sie waren betitelt mit ‚Izzys Dressing‘ und zeigten ihre Schwester in verschiedenen Stadien des morgendlichen Ankleidens. Ella fand sie lange nicht so schockierend wie die meisten Werke in öffentlichen Kunstgalerien, trotzdem senkten sich Hassans Mundwinkel missbilligend nach unten.
„Was liegt als Nächstes an?“, fragte er, nachdem er sie sanft auf dem Bett abgesetzt, ihr ein paar Kissen in den Rücken gestopft und die Bettdecke bis zum Kinn hochgezogen hatte. „Sag mir, was ich tun kann, damit du dich besser fühlst, Cinderella .“
In Wort und Ton war das so ein krasser Umschwung zu vorhin, dass Ella, die immer noch ziemlich erschüttert war, unerwartet Tränen in die Augen stiegen.
Halt mich ganz fest in deinen Armen, hätte sie ihn am liebsten gebeten, aber das ging natürlich nicht. „Nichts … danke.“
„Sicher?“
Die ungewohnte Wärme und Sanftheit in seiner tiefen Stimme
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