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Circus

Circus

Titel: Circus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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gesehen?« Armstrong nickte. »Berühren Sie seine Stirn.« Armstrong zögerte zuerst, trat dann aber doch vor und legte seine Hand auf Brunos Stirn. Sofort riß er sie wieder weg.
    »Sie ist kalt!« Er schauderte. »Sie ist schon ganz kalt.«
    Dr. Hachid zog das weiße Tuch über Brunos Gesicht, trat zurück und zog den Vorhang zu, der den Holztisch mit der Bahre vom übrigen Raum abtrennte. »Ich möchte zwar unter keinen Umständen einen Kollegen beleidigen, aber das Gesetz unseres Landes …«
    »Das Gesetz jeden Landes«, unterbrach Dr. Harper ihn, »besagt, daß kein ausländischer Arzt einen Totenschein ausstellen darf.«
    Mit dem Füller in der Hand beugte Dr. Hachid sich über ein vorgedrucktes Formular. »Bruch der Wirbelsäule. Zweiter und dritter Rückenwirbel, sagten Sie, nicht wahr? Verletzung des Rückenmarks.« Er richtete sich auf: »Wenn Sie wünschen, daß ich die Arrangements …«
    »Ich habe schon eine Ambulanz alarmiert. Die Leichenhalle des Krankenhauses …«
    Sergius mischte sich ein: »Das wird nicht nötig sein. Keine hundert Meter von hier ist ein Bestattungsunternehmen.«
    »Ach, tatsächlich? Das würde viel Wirbel ersparen. Aber um diese nachtschlafende Zeit …«
    »Dr. Harper!«
    »Entschuldigen Sie bitte, Oberst. Mr. Wrinfield, kann ich einen Ihrer Männer um etwas bitten, einen Vertrauensmann, der auf keinen Fall den Mund aufmacht?«
    »Johnny, den Nachtwächter.«
    »Schicken Sie ihn zum Zug. Unter meinem Bett ist ein schwarzer Koffer. Den soll er bitte hierherbringen.«
    Der Raum hinter dem Empfangsraum des Bestattungsunternehmers war in kaltes Neonlicht getaucht, das die antiseptische Atmosphäre der gekachelten Wände, marmornen Fußböden und rostfreien Stahlwaschbecken noch betonte. Eine ganze Wand wurde von hochkant aufgestellten Särgen verdeckt. In der Mitte des Raumes standen auf Tischen mit Stahlfüßen und Marmorplatten drei weitere Särge. Zwei von ihnen waren leer, und über den dritten breitete Dr. Harper gerade ein großes Tuch. Neben ihm hüpfte der Bestattungsunternehmer, ein dicker Mann mit glänzenden Schuhen und einer glänzenden Glatze, vor Entrüstung buchstäblich von einem Bein aufs andere.
    »Das können Sie doch nicht tun!« protestierte er. »Sie können ihn doch nicht einfach direkt in den Sarg legen! Er muß doch erst vorbereitet werden …«
    »Was zu tun ist, werde ich selbst erledigen. Ich lasse mir meine eigene Ausrüstung bringen.«
    »Aber er muß aufgebahrt werden.«
    »Er war mein Freund. Ich werde es tun.«
    »Aber das Leichenhemd …«
    »Ich kann verstehen, daß Sie das nicht wissen, aber ein Circusartist wird immer in seinem Kostüm beerdigt.«
    »Das geht doch alles nicht! Wir haben unsere Grundsätze. In unserem Beruf …«
    »Oberst Sergius«, seufzte Harper müde. Sergius nickte, nahm den Bestattungsunternehmer am Arm, ging mit ihm ein paar Schritte weg und sprach ruhig auf ihn ein. Bereits drei Sekunden später waren die beiden wieder zurück – der Bestattungsunternehmer drei Schattierungen blasser und Sergius mit einem Schlüssel in der Hand, den er Dr. Harper gab.
    »Das Geschäft steht ganz zu Ihrer Verfügung, Dr. Harper.« Er wandte sich an den Bestattungsunternehmer: »Sie können jetzt gehen.« Der Mann beeilte sich, von der Erlaubnis Gebrauch zu machen.
    »Ich glaube, wir sollten auch gehen«, meinte Wrinfield. »Ich habe einen exzellenten Wodka in meinem Büro.«
    Als die Männer hereinkamen, saß Maria mit dem Kopf auf den Armen vornübergebeugt an ihrem Schreibtisch. Sie hob langsam den Kopf und sah die Ankömmlinge mit halbgeschlossenen Augen an, als hätte sie Schwierigkeiten, sie zu erkennen. Dr. Harper und Wrinfield schauten besorgt auf sie herunter. Sergius, der neben ihnen stand, zeigte keinerlei Gefühlsregung – seine Gesichtsmuskeln, die er hätte benutzen müssen, um eine mitfühlende Miene aufzusetzen, waren bereits vor Jahren verkümmert. Marias Augen waren rot und verschwollen und glasig, ihre Wangen glänzten feucht. Wrinfield schaute in das kummervolle Gesicht hinunter und berührte schüchtern Marias Arm.
    »Vergeben Sie mir, Maria. Ich hatte ganz vergessen – ich wußte nicht – wir werden sofort gehen.«
    »Aber ich bitte Sie.« Sie wischte sich mit ein paar Papiertüchern das Gesicht ab. »Es ist schon gut. Kommen Sie nur herein.«
    Als die Männer zögernd ihrer Aufforderung nachkamen, und Wrinfield seine Flasche Wodka hervorholte, fragte Harper: »Woher wissen Sie es? Es tut mir so

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