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City Crime – Vermisst in Florenz

City Crime – Vermisst in Florenz

Titel: City Crime – Vermisst in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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auf die Knie fallen. Schon tauchten die Männer links und rechts von ihr auf, packten sie unter den Armen und halfen ihr auf. Eine gute Gelegenheit für Joanna, den ersten Schnipsel eines Papiertaschentuchs fallen zu lassen. Sie gingen weiter, und wie Joanna gehofft hatte, blieben die Männer von nun an neben ihr, um sie bei einem erneuten Sturz auffangen zu können. Auf diese Weise konnte Joanna alle paar Meter unbemerkt ein Schnipsel hinter sich fallen lassen.
    Nur wenige Minuten später standen die Jungs in der Kirche und blickten auf die Empore an der Westwand. Das war der Balkon, den die Medici vor Jahrhunderten vom Vasari-Gang aus betreten hatten, um ungesehen vom Volk an Gottesdiensten teilzunehmen. Nur: Einen Aufgang gab es nicht dorthin. Jedenfalls konnten die Jungs keinen entdecken. Wie sollten sie zur Empore hinaufkommen?
    Und mehr noch: Schon von hier unten konnte man sehen, dass der Zugang vom Balkon zum Korridor von einer vergitterten Tür versperrt war. Das ergab auch Sinn, denn die Touristengruppen, die durch den Gang geführt wurden, sollten zwar durch die Tür in die Kirche hineinschauen, sie aber nicht betreten können.
    »Merda!«, fluchte Andrea. »Wie sollen wir hineinkommen in den Gang?«
    Für Francesco keine Frage: Ohne seine alten Komplizen war das nicht zu schaffen. Er rannte hinaus und holte die drei, die dort auf dem Hof tatsächlich noch immer ausharrten und beobachteten, ob die Luft rein war.
    Francesco brauchte nicht viel zu erklären. Die drei erkannten das Problem und hatten sofort eine Lösung parat. Die hieß: Parkour. Obwohl der Begriff im Deutschen und im Italienischen gleich war, verstand Finn ihn zunächst nicht. Als er sah, was sie meinten, verschlug es ihm die Sprache.
    Der Größte der drei – Finn schätzte ihn auf achtzehn Jahre oder älter – stützte sich an der linken Säule neben dem Eingang ab, über dem die Empore thronte. Der Zweite nahm Anlauf, sprang seinem Kumpel mit dem Fuß gegen den Rücken, aber nur, um sich für den Bruchteil einer Sekunde für einen weiteren Sprung nach oben abzustoßen, und schon stand er auf den Schultern seines Komplizen. Nun nahm der Dritte Anlauf, machte es dem Ersten nach. Er lief praktisch über die Rücken seiner Kumpels senkrecht hoch, sprang dann von der Schulter des Oberen ab, erreichte mit den Fingerspitzen die Balkonbrüstung, zog sich daran hoch, als wäre so ein Klimmzug eine Kleinigkeit, und zack – stand er oben auf der Empore. Francesco entschuldigte sich bei Andrea und Finn mit einem leichten Zucken der Schultern.
    »Was hat er?«, fragte Finn, der immer noch beeindruckt auf die drei Artisten starrte.
    »Francesco sagt, dass sie machen das noch nicht so lange mit dem Parkour. Fortgeschrittene kommen hoch da allein, ohne Unterstützung.«
    »Die haben vielleicht Probleme!«, sagte Finn. »Aber wie kommen wir dort hoch?«
    Die Antwort segelte ihm schon entgegen. Alle drei Artisten hatten ihre Shirts ausgezogen, die beiden von unten dem Oberen zugeworfen, der sie flink zusammenknotete und das selbst gebastelte Shirt-Seil nun herabließ.
    ›Wie ein Gefängnisausbruch im Comic‹, dachte Finn schmunzelnd. Zum Glück gehörte er zu den besten Kletterern seiner Klasse. Natürlich konnte er mit den dreien nicht im Geringsten mithalten. Aber er musste auch nicht befürchten, sich zu blamieren. Ruck, zuck war er an dem Seil hochgeklettert und schaute, ob Andrea ihm folgte. Dem fiel das Seilklettern zwar deutlich schwerer, aber auch er schaffte es. Joanna konnte froh sein, dass sie diese Übung nicht mitmachen musste, dachte Finn. Es gab so manches, für das er seine Schwester bewunderte, aber Seilklettern gehörte nicht dazu. Sie hätten sie hochziehen müssen wie ein Kran einen Kaffeesack.
    Francesco hingegen sah man an, dass er schon öfter mit seinen ehemaligen Komplizen gemeinsam geübt hatte. Er war noch schneller als Finn an dem Seil hinaufgeklettert, was bei Finn erneut den Verdacht aufkeimen ließ, dass diese Jungs doch niemals nur reine Taschendiebe waren. Ein weiteres Indiz dafür lieferte der Junge, der als Erster die Empore erklommen hatte. Denn kaum waren Finn, Andrea und Francesco nachgerückt, hatte er bereits die vergitterte Tür geöffnet.
    Francesco besprach etwas mit ihm, wobei Finn nur »Palazzo Pitti« heraushörte. Offenbar sollten die drei vorauslaufen, während Francesco, Andrea und Finn im Vasari-Gang nach Joanna suchten. Finns Vermutung wurde bestätigt, als der Junge mit einem Salto über die

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