City of Death - Blutfehde (German Edition)
gelangweilt. »Sonst weckt sie noch die Nachbarn.«
»Hol sie zurück! Hol sie zurück!«, schrie ich, als mir plötzlich eine Spritze im Hals steckte. Meine Schreie verebbten. Völlig verdattert beobachtete ich, wie Tom eine lange Nadel aus meinem Hals zog. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann legte sich ein weißer Schleier vor mein Sichtfeld. Evelyn, war mein letzter klarer Gedanke. Mein Puls beruhigte sich, und die Welt wurde friedlich. Alles war gut. Wir fuhren in einem großen Wagen, ich saß auf dem Rücksitz und beobachtete die Sterne. Sie waren so schön. Ich konnte mich nicht entsinnen, was die letzten Stunden geschehen war, und es interessierte mich auch nicht sonderlich. Ich fühlte mich gut.
Kapitel 7
»Alles klar?«, fragte jemand.
Ich wusste nicht, wer die beiden Männer auf den Vordersitzen waren, nickte aber. Irgendwann wurde der Wagen langsamer und fuhr auf Kies. Es ruckelte so lustig, dass ich kicherte. So ging es eine Weile weiter, dann wurde die Straße wieder eben, und ich sah eine riesige abgenutzte Lagerhalle vor uns aufragen. Jemand öffnete die Wagentür und hielt seine Hand hinein. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, weil es verschwommen war.
»Vorsicht«, sagte er, als ich ausstieg und seine Hand nahm. »Ruiniere dir bloß nicht das Kleid.«
Es war kühl draußen, der Wind bauschte mein Kleid auf. Ich fror. Mit zügigen Schritten gingen wir durch die Nacht auf das Gebäude zu. Ich wurde wieder soweit klar im Kopf, dass ich mich fragte, was ich, angezogen mit einem Ballkleid, in einem Lagerhaus zu suchen hatte.
Drinnen war es etwas wärmer, aber nicht viel. Etliche Lampen hingen in der Höhe und flackerten und knackten. Irgendetwas stimmte nicht.
»Was ist?«, fragte derjenige, der mich an der Hand hielt, als ich stehen blieb.
Etwas drang in mein Bewusstsein, etwas Wichtiges, doch bevor ich den Gedanken richtig fassen konnte, war er wieder fort. Ich schüttelte den Kopf und ging weiter.
»Vielleicht sollten wir ihr noch eine geben«, schlug der andere Mann vor.
Noch eine?
»Nein, wir sind sowieso gleich da.«
Gleich, das war dann eine Viertelstunde später. Es war ein riesiger Lagerkomplex, wie sich herausstellte, und irgendwann stiegen wir eine endlos scheinende Wendeltreppe hinab. Ich hörte einen Schrei, dann einen dumpfen Schlag. Darauf folgte Gelächter.
»Was war das?«, fragte ich ängstlich. Ich wusste nicht warum, aber je näher ich den Geräuschen kam, desto nervöser wurde ich. Ich sollte nicht hier sein! Am Ende der Treppe gab es nur eine Tür. Sie stand offen, und eigenartige Geräusche drangen heraus.
»Sie kommen«, hörte ich eine hocherfreute Stimme sagen.
Meine Begleiter traten zuerst durch die Tür, dann ich. Wir gelangten in einen großen und düsteren Raum. Das kam daher, dass die Wände dunkelrot gestrichen waren, der Boden war allerdings grau und genauso abgenutzt wie der Rest der Lagerhalle. Nicht der geeignetste Ort für eine Party. Was sollte eigentlich gefeiert werden? Ich konnte immer noch nicht klar sehen und brauchte deshalb eine Weile, um zu begreifen, was sich vor meinen Augen abspielte.
In der Mitte des Raumes, saß ein braunhaariger Mann. Hübsches Gesicht, schicke Frisur. Er hatte einen ordentlich gestutzten Bart und trug einen Designeranzug. Er saß auf einem Sessel mit goldenem Rahmen und dunkelrotem Polster. Sah aus wie ein Thron. Hinter ihm stand ein sehr blasser Mann, mit verschränkten Armen. Sein Oberkörper war frei und schimmerte geradezu vor Blässe. Ob er eine Hose trug, konnte ich nicht sehen, weil der Anzugmann vor ihm saß. Neben dem Sitz waren zwei Frauen. Eine kniete rechts von ihm, mit gesenktem Kopf und ausgestreckter Hand, als erbitte sie etwas. Sie hatte blonde, nein, weiße Haare, die ihr bis zum Boden gingen, und ein hauchdünnes cremefarbenes Gewand an. Es war so durchsichtig, dass man ihre feinen kleinen Brüste und den Schambereich deutlich sah. Die andere Frau lag links von ihm, ausgestreckt auf der Seite und den Kopf auf den linken Arm gestützt. Sie hatte dunkelbraune, schulterlange Haare und ein schwarzes leichtes Gewand an. Anders als bei der Blonden war der Stoff allerdings zu dunkel, als dass man hindurchsehen konnte. Dann war da noch ein schwarzhaariger Mann, gefesselt und auf dem Boden kniend. Er kam mir vage bekannt vor.
Als ich den Raum vollends betreten hatte, erregte eine Bewegung links von mir meine Aufmerksamkeit. Da war ein Mann an die Wand gekettet, Arme und Beine von sich gestreckt. Er trug
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