City of Death - Blutfehde (German Edition)
gar nicht anders, als sie lieb zu haben. Sie nahm mir die Tasche ab, verstaute sie in der Garderobe und führte mich dann ins Wohnzimmer. Ich merkte, dass meine Hände zitterten. Ich und nervös? Alle Räume, an denen wir vorbei kamen, waren entweder in Creme, Weiß oder einem Mix davon gehalten. Die Einrichtung war sehr kitschig, aber schön.
Meine Mutter saß im Wohnzimmer auf einer weißen Ledercouch, die Füße in rote Stilettos gesteckt. Ihr Kleid war eng anliegend, ebenfalls rot und puschte ihren Busen schon fast ins Unerträgliche. Ja, so hatte ich meine Mutter in Erinnerung.
»Cherrilyn!«
Sie kam zu mir und drückte mich kurz an sich, dann gebot sie mir gegenüber Platz zu nehmen.
Felicitas servierte uns Champagner.
»Bis wann musst du einen Meister gefunden haben?«, fragte sie ohne Umschweife.
Kein Wie geht es dir oder Was hast du in all den Jahren so angestellt? Ich muss zugeben, ich war enttäuscht. »Genau einen Monat.«
»Warum wählst du nicht Mr. Drake? Er behandelt dich gut, wie ich höre.«
»Ich weiß nicht, manchmal ist es genau das, was mich stört. Er hat so einen furchtbaren Ruf, dass es nicht zu ihm passt, so freundlich und verständnisvoll zu sein.«
»Vielleicht rührt die Angst ja daher, weil es dir allmählich gefällt, wie er dich behandelt.«
Ich zog eine Grimasse. »Ganz bestimmt nicht.«
»Cherry!« Sie lächelte und beugte sich nach vorn. »Ich bin deine Mutter, mir kannst du es sagen.«
Ich sah sie an. Wir hatten uns fünfzehn Jahre nicht gesehen, und ich sollte ihr mein Herz ausschütten? »Ja vielleicht, vielleicht gefällt es mir wirklich«, lenkte ich ein. Warum sollte ich es abstreiten, er würde es eh nie erfahren.
»Nun, wir können die Zeremonie gleich hier vollführen, wenn du möchtest.«
»Ähm.« Das ging mir jetzt aber zu schnell. »Ich hätte da vorher noch ein paar Fragen.«
»Nur zu.« Sie machte es sich auf dem Sofa bequem.
»Ist eine Bindung wieder rückgängig zu machen?«
»Nur wenn einer stirbt.«
»Wozu verpflichte ich mich als dein Diener.«
»Normalerweise müsstest du mich auf Versammlungen begleiten, meine Geheimnisse wahren und mich in allem unterstützen. Als deine Mutter biete ich dir allerdings ein Bündnis ohne jegliche Konsequenzen an. Du wirst dein bisheriges Leben fortführen können.«
Das war doch mal ein Angebot! Stärker und langlebiger, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen? Das klang doch zu schön, um wahr zu sein! Die nächste Frage rutsche mir einfach so heraus. »Trinkst du das Blut von Jungfrauen?«
Die Frage überraschte sie so sehr, dass ihr beinahe das Glas aus den Fingern glitt, und es war nicht einfach, einen Vampir zu überraschen. »Ja, ich trinke das Blut von Jungfrauen«, antwortete sie mit Verzögerung. »Aber ich töte sie nicht.«
»Das habe ich auch nicht behauptet.«
Sie starrte mich an. »Dir scheint etwas zu Ohren gekommen zu sein.«
»Das kann man wohl sagen. Will hat mich eindringlichst vor dir gewarnt.«
»So so, hat er das?«
»Er meint, du wärst unmenschlich geworden, würdest im Blut von Jungfrauen baden und sie bis auf den letzten Tropfen ausquetschen.«
»Tatsächlich?«
Dass sie es nicht abstritt, beunruhigte mich.
»Und? Glaubst du ihm?«
»Ich weiß nicht«, sagte ich wahrheitsgemäß. »In fünfzehn Jahren kann viel geschehen.«
»Und dennoch bist du hier.«
»Vielleicht wollte ich dich sehen.« Ich wusste nicht, was ich von ihr halten sollte. Wie viel von meiner Mutter steckte noch in dem Wesen vor mir? Sollte ich Angst vor ihr haben?
Meine Mutter seufzte. »Ich hatte mir unser Wiedersehen anders vorgestellt.«
Ich auch.
»Was hältst du davon, wenn ich dich ausführe, dir ein bisschen die Stadt zeige? Und morgen Abend sagst du mir, wie du dich entschieden hast.«
»Okay.«
Der Abend verlief super. Wir gingen essen, dann shoppen, ins Kino und wieder essen. Keiner von uns verlor auch nur ein Wort über die Vergangenheit, und uns wurde schnell klar, dass wir nie ein normales Mutter-Tochterverhältnis haben würden. Aber vielleicht konnten wir Freundinnen sein. Wir hatten zumindest den gleichen Humor, und man konnte unheimlich viel Spaß mit ihr haben. Das erste Mal waren wir beim Chinesen essen, na ja, eigentlich nur ich, das zweite Mal gingen wir zum Griechen. Während ich eine Gyros-Platte mit gemischtem Salat bestellte, begnügte sich meine Mutter mit Weißwein. Vampire können nicht betrunken werden, mögen aber aus irgendwelchen Gründen den Alkoholgeschmack.
Weitere Kostenlose Bücher