City of Lost Souls
über den Tisch. »Mich interessiert, was mit dir passiert! Verdammt, Clary, ich bin praktisch unzerstörbar. Lass mich gehen und du bleibst hier.«
»Ja, klar. Jace würde das auch kein bisschen merkwürdig finden«, schnaubte Clary. »Du kannst ihm ja sagen, du seist schon immer heimlich in ihn verliebt gewesen und könntest es nicht ertragen, noch länger von ihm getrennt zu sein.«
»Ich könnte ihm sagen, dass ich über die ganze Geschichte nachgedacht habe und seiner und Sebastians Weltanschauung voll und ganz zustimme und deshalb beschlossen habe, mich ihnen anzuschließen.«
»Du weißt doch noch nicht mal, welche Weltanschauung sie vertreten.«
»Da ist was dran. Wahrscheinlich hätte ich mehr Glück, wenn ich ihm erzähle, ich sei in ihn verliebt. Jace glaubt schließlich ohnehin, dass alle in ihn verliebt sind.«
»Was in meinem Fall auch einfach stimmt«, sagte Clary.
Schweigend musterte Simon sie über den Tisch hinweg und meinte dann nach einer langen Pause: »Dir ist es wirklich ernst damit. Du willst das durchziehen. Auch ohne mich – ohne jedes Sicherheitsnetz.«
»Es gibt nichts, was ich für Jace nicht tun würde.«
Simon lehnte den Kopf gegen die hohe Rückenlehne der Sitzbank. Das Kainsmal schimmerte silbern auf seiner Stirn. »Sag so was nicht«, erwiderte er.
»Würdest du für diejenigen, die du liebst, nicht auch alles tun?«
»Für dich würde ich fast alles tun«, sagte Simon leise. »Ich würde für dich sterben. Das weißt du genau. Aber würde ich jemand anderen … einen unschuldigen Menschen töten? Oder sogar mit dem Leben unzähliger Unschuldiger spielen? Mit der ganzen Welt? Ist das wirklich Liebe, wenn man jemandem sagt: Vor die Wahl gestellt zwischen dir und jedem anderen Leben auf dem Planeten, würde ich mich für dich entscheiden? Ist das … ich weiß auch nicht … ist das überhaupt noch eine moralisch vertretbare Art von Liebe?«
»Liebe ist weder moralisch noch unmoralisch – Liebe ist einfach Liebe«, erwiderte Clary.
»Ich weiß«, räumte Simon ein. »Aber die Taten, die wir im Namen der Liebe begehen … die sind moralisch oder unmoralisch. Und normalerweise würde das auch keine Rolle spielen, denn normalerweise würde Jace – ganz gleich wie sehr er mir auf die Nerven geht – von dir nichts verlangen, das gegen deine Natur ginge. Weder für ihn noch für irgendjemand anderen. Aber im Moment ist er nicht er selbst, oder? Und ich bin mir einfach nicht sicher, Clary. Ich bin mir nicht sicher, was er noch alles von dir verlangen wird.«
Clary stützte sich mit den Ellbogen auf den Tisch auf; plötzlich fühlte sie sich sehr müde. »Möglicherweise ist er im Moment nicht er selbst. Aber er ist derjenige, der dem richtigen Jace am nächsten kommt. Und ohne ihn führt kein Weg zum richtigen Jace zurück.« Clary hob den Kopf und schaute Simon eindringlich an. »Oder willst du mir vielleicht sagen, dass es ohnehin hoffnungslos ist?«
Simon schwieg lange und Clary konnte sehen, dass seine angeborene Ehrlichkeit mit dem Bedürfnis rang, seine beste Freundin zu beschützen. Endlich meinte er: »So was würde ich nie sagen. Schließlich bin ich noch immer jüdischen Glaubens, auch wenn ich ein Vampir bin. Tief in meinem Herzen glaube ich, auch wenn ich die Worte nicht mehr aussprechen kann. G … « Er stockte und musste schlucken. »Er hat einen Bund mit uns geschlossen – genau wie die Nephilim glauben, dass Raziel einen Bund mit ihnen geschlossen hat. Und wir glauben an sein Versprechen. Und deswegen darf man niemals die Hoffnung, die Hatikva, aufgeben, denn wenn du die Hoffnung am Leben erhältst, wird sie dich am Leben erhalten.« Simon wirkte ein wenig beschämt. »Das hat jedenfalls mein Rabbi immer gesagt.«
Behutsam griff Clary über den Tisch und legte ihre Hand auf Simons. Er sprach nur selten mit ihr oder anderen über seine Religion, aber sie wusste, dass er seinen Glauben nicht verloren hatte. »Heißt das, du machst mit?«, fragte sie.
Simon stöhnte. »Ich denke, das heißt, du hast meinen Geist gebrochen und mich willenlos gemacht.«
»Fantastisch.«
»Dir ist schon klar, dass du mich damit in die Position desjenigen drängst, der allen anderen die frohe Kunde überbringen darf – deiner Mutter, Luke, Alec, Izzy, Magnus … «
»Ich hätte wohl nicht behaupten sollen, dass für dich keine Gefahr damit verbunden ist«, räumte Clary kleinlaut ein.
»Stimmt«, bestätigte Simon. »Wenn deine Mutter irgendwann an meinem Fußknöchel nagt
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