City - V3
unterhalten habe. Und außerdem haben wir selten
Gelegenheit, ein neues Gesicht zu sehen.«
Grant nahm Platz.
»Was halten Sie von meinem Sohn?« fragte der alte Herr.
Die ungewöhnliche Frage überraschte Grant. »Glänzend! Eine Leistung, das mit den Hunden -«
Der alte Herr kicherte. »Der und seine Hunde! Habe ich Ihnen erzählt, wie sich Nathaniel mit dem
Stinktier herumbalgte? Natürlich nicht. Ich habe ja kaum mehr als zwei Worte mit Ihnen
gesprochen.«
Mit langen, nervösen Fingern betastete er die Bettdecke.
»Ich habe noch einen zweiten Sohn. Allen. Wir nennen ihn Al. Heute ist er weiter von der Erde
entfernt als jemals ein Mensch vor ihm.«
Grant nickte. »Ich habe davon gelesen. Es handelt sich um die Alpha-Centauri-Expedition.«
»Mein Vater war Chirurg«, erzählte Thomas Webster. »Auch für mich hatte er diesen Beruf
ausgesucht. Ich glaube, es hat ihm fast das Herz gebrochen, daß ich nicht in seine Fußstapfen
trat. Aber wenn er uns heute sehen könnte, wäre er bestimmt stolz auf uns.«
»Sie brauchen sich nicht um Ihren Sohn zu sorgen«, beruhigte ihn Grant. »Er -«
Der alte Herr winkte ab. »Ich habe das Schiff selbst gebaut, habe es entworfen und wachsen sehen.
Wenn es nur eine Frage der Navigation ist, wird es gut ankommen. Und der Junge ist tüchtig. Der
kann den Kasten durch die Hölle steuern.«
Er setzte sich in seinem Bett zurecht. Die Nachtmütze hatte sich verschoben und saß windschief
auf dem Kopf.
»Ich habe noch einen anderen Grund für meinen Glauben an seine glückliche Heimkehr. Damals hielt
ich nicht viel davon, aber in der letzten Zeit habe ich darüber nachgedacht, ob es nicht
bedeutet, daß - weil, es könnte doch sein -«
Er rang etwas nach Atem. »Wissen Sie, ich bin nicht abergläubisch.«
»Natürlich nicht«, bemerkte Grant.
»Sie können sich darauf verlassen«, versicherte Webster.
»War es vielleicht ein Zeichen, ein bestimmtes Gefühl oder eine Eingebung?« forschte Grant.
»Keines davon«, erklärte Webster. »Es war fast eine Gewißheit, daß es das Schicksal gut mit uns
meint. Daß ich von der Vorsehung bestimmt war, ein Schiff zu bauen, das diese Reise machen
konnte. Daß jemand oder eine höhere Macht, den Augenblick für gekommen hielt, wo der Mensch die
Sterne erreichen sollte, und mit helfender Hand eingriff.«
»Das klingt wie etwas tatsächlich erlebtes«, bemerkte Grant. »Als ob ein ganz bestimmtes Erlebnis
Ihren Glauben bestärkte.«
»Das ist auch der Fall«, fuhr Webster fort. »Genau das wollte ich sagen. Es geschah vor zwanzig
Jahren, hier auf dem Rasen dieses Hauses.«
Keuchend rang er nach Atem und brachte seinen Körper in eine sitzende Stellung.
»Sie müssen wissen, ich war ratlos. Zerbrochen war der schönste Traum. Jahre waren vergeudet. Das
Grundprinzip, das ich zur Erlangung der für Weltraumfahrten erforderlichen Geschwindigkeit
entwickelt hatte, stimmte nicht. Dabei war ich überzeugt, daß meine Theorie im Grunde genommen
richtig war. Es konnte sich nur um eine unwesentliche Abweichung, um eine Kleinigkeit handeln.
Aber ich konnte den Fehler nicht finden. So saß ich in einem Stuhl auf dem Rasen, mit der Skizze
meines Planes in den Händen und bedauerte mich selbst. Ich lebte mit diesem Plan, den ich überall
mit mir herumtrug, immer in der Hoffnung daß ich eines Tages bei der bloßen Betrachtung der
Skizze den Fehler plötzlich entdecken würde. Sie wissen ja, wie das manchmal geht.«
Grant nickte.
»Während ich so dasaß, kam ein Mann auf mich zu. Einer von der Waldläufern. Sie wissen doch, wer
diese sind?«
»Gewiß«, erwiderte Grant.
»Gut. Dieser Mensch kam daher, sah ziemlich schlaksig aus und ganz unbekümmert, als ob es für ihn
überhaupt keine Sorgen gäbe. Er stand hinter mir, blickte über meine Schulter und fragte, was ich
da in der Hand hätte. Eine Skizze für ein Raumschiff , sagte ich ihm.
Er griff nach dem Papier, und ich gab es ihm. Schließlich verstand der Kerl ja doch nichts von
solchen Dingen, und außerdem war es wertlos.
Dann reichte er das Papier zurück, wies mit dem Finger auf einen bestimmten Punkt und sagte
beiläufig: Hier liegt der Fehler. Dann drehte er sich kurz um und galoppierte davon. Ich
starrte hinter ihm drein, zu verblüfft, auch nur ein einziges Wort hervorbringen oder ihn
zurückrufen zu können.«
Der alte Mann saß kerzengerade in seinem Bett und starrte unter der schiefsitzenden Nachtmütze
hervor. Draußen strich der Wind mit dumpfem Stöhnen um den Giebel,
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