Claifex: Nefilim KI
wusste, wo wir lang mussten.
Zurück an Bord der Cheiron waren wir froh, die Dunkelheit des Kalimbari-Tempels verlassen zu haben. Sobald wir aus dem Hangar heraus und wieder im freien Raum waren, setzte ich den schnellsten Kurs zur Heliopause, um aus dem System abzudampfen. Kaum schossen wir aus dem Kalimbari-Tempel hervor, trat Hunderteins auf die Brücke und forderte unsere Aufmerksamkeit.
»Ich habe eine aufgezeichnete Nachricht von Dr. Tomasi an alle Anwesenden«, verkündete er.
Wir sahen uns überrascht an.
»Dann lass mal hören!«, sagte Susannah und verschränkte die Arme vor der Brust. Hunderteins ergriff mit Demis Stimme das Wort und mimte realitätsnah ihre Körpersprache während der Aufzeichnung.
»Es gibt eine Vereinbarung zwischen den Kalimbari und den letzten Autoritäten Terras, die getroffen wurde, als der Krieg verloren war und die Nefilim plötzlich als eine sehr mächtige Waffe ohne Ziel und Zweck übrig blieben. Die Kalimbari wollten die Pläne vernichten, weil sie in den Nefilim eine viel zu große Gefahr für alle biologischen Lebewesen in der Claifex sahen. Ich habe in den letzten Jahren jedoch Zweifel an der Wahrheit hinter diesen Worten bekommen. Oder die Einstellung der Kalimbari diesbezüglich hat sich geändert. Wie auch immer. Die Kalimbari überzeugten damals die verantwortlichen Terraner nicht davon, die Nefilim zu zerstören. Die Entwickler der Nefilim KI wollten nach dem Ende des Krieges ihr Lebenswerk nicht vernichten, waren aber unsicher bezüglich der Gefahren, die von den Nefilim ausgehen mochten, wenn diese ohne Kontrolle waren. Also verbarg man die Konstruktionspläne vor den Nefilim und vereinbarte mit ihren Offizieren, dass sie, solange die Menschen noch nicht ausgestorben waren, im Verborgenen bleiben sollten. Mein Vater schuf ein Programm, das verhinderte, dass die Nefilim sich ohne weitere Hilfe reaktivieren oder die Orte ihrer Verstecke aus eigenem Antrieb heraus finden konnten. Dies diente als Kontrollinstrument. Ein Kompromiss also, ohne dass man die Nefilim oder ihre Konstruktionspläne vernichten musste. Der erste korrekt reaktivierte Nefilim sollte demnach die Kalimbari aufsuchen müssen, um diese nach den verbliebenen Überlebenschancen der Menschheit zu fragen. Denn das war die Bedingung: Sollten die letzten Terraner aussterben, war es nur fair, wenn ihre Erben, die Nefilim, überlebten.« Hier hatte Demi gezögert und Hunderteins machte ein paar Schritte hin und her, wie es Demi während der Aufzeichnung gemacht haben musste. »Alles hirnverbrannter Scheißdreck. In Wirklichkeit wollten alle nur die Macht der Nefilim und ihrer Waffen an sich reißen. Und auch heute geht es nur um Macht. Wenn ihr also auf dem Weg seid, um die Pläne zu finden, dann behaupten die Kalimbari, dass unser Ende bald kommen wird. Ich glaube, sie haben nur Angst davor, dass die Terraner zurückkehren und sich der Nefilim bemächtigen werden. Es halten sich allerlei Gerüchte über geheime Kolonien und derlei Unsinn. So etwas gibt es nicht. Aber vielleicht existieren mehr von uns, als jedermann glaubt. Jedenfalls gebe ich die Hoffnung noch nicht auf. Es gibt Gründe, die verhindern, dass es hier auf dem Mars im Moment sicher für euch oder den Nefilim ist. Bleibt fern von Sol IV und dem gesamten Sol-System. Wir sollten den Kontakt auf ein Minimum beschränken. Wartet, bis ich euch kontaktiere, Demi Ende.«
Susannah schluckte schwer. Ich hatte das Gefühl, hier nur die halbe Wahrheit gehört zu haben, konnte aber nicht sagen, warum.
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5. Kapitel
An Bord der Cheiron verbrachten Sargon und Susannah die meiste Zeit mit Systemchecks im Labor und in der Werkstatt, da Susannah neugierig darauf war, mehr über die Nefilim zu erfahren.
»Was für Fähigkeiten haben Nefilim?«, fragte ich, als ich die beiden besuchte.
Sargon ratterte eine nicht enden wollende Liste herunter. Viele Talente, die man bei einem Roboter erwartet hatte, waren natürlich auch darunter, aber am ehesten faszinierte mich sein Unsichtbarkeitstrick.
»Mach das noch mal!«, sagte ich, als Sargon diesen recht eindrucksvoll vorgeführt hatte. »Ah, jetzt sehe ich, was du meinst.«
Susannah deutete auf ein Schimmern, das kaum erkennbar war. »Eine Art chromatischer Aberration um die Umrisse ist der einzige Hinweis.« Sie wies mit den Fingern darauf und nun erkannte ich es auch. Bis auf ein hauchdünnes, farbiges Flimmern um seine Hülle herum, war Sargon nicht zu sehen.
»Und diese ganze Geschichte mit den Waffen.
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