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Claifex: Nefilim KI

Claifex: Nefilim KI

Titel: Claifex: Nefilim KI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cahal Armstrong
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sein und hatte Schlieren und Trocknungsspuren über die zutage getretenen Beckenwände gezogen. In einer Ecke gegenüber meiner Position sah ich eine Regung im Wasser und verharrte eine ganze Minute bewegungslos, bis ich es wagte, einen Fuß vor den Nächsten zu setzen. Ich schlich in gebührendem Abstand am Beckenrand entlang. Es hörte sich an, wie etwas, das abwechselnd auf- und abtauchte. Endlich kam ich an die Stelle, wo ich eine Bewegung unter Wasser erkennen konnte.
    »Ein Delphin?«
    Ich betrachtete die typische Form, die ich nur aus Aufzeichnungen kannte. Dann kam auch schon die Erkenntnis. Ich ging zum Beckenrand und wedelte mit der Hand herum. Der Delphin kam herangeschwommen und tauchte auf, klägliche Geräusche von sich gebend, die durch einen defekten Akustikgenerator zu einem nervenaufreibenden Gekreische wurden. Er wies ein paar herunterhängende Verkleidungsteile und eine in einem seltsamen Winkel abstehende Flosse auf. Ich vermutete, dass eine automatische Ladestation unter Wasser für die Energieversorgung zuständig war und die traurig aussehende Konstruktion mehr oder weniger funktionsbereit hielt. Der »Delphin« folgte seinem Programm und machte einen interessanten Luftsprung, der wegen des niedrigen Wasserstandes mit einem gedämpften Geräusch auf dem Beckenboden endete. Danach schwamm der Roboter mit kläglich zuckenden Bewegungen umher und knirschende Geräusche aus einer endgültig defekten Mechanik wurden von einem gezielten Gnadenschuss aus meiner TQ beendet. Ein letztes Zischen erklang und eine finale Rauchwolke stieg aus dem defekten Delphin-Roboter auf. Er ging unter.
    »Ruhe in Frieden«, sagte ich und steckte die Waffe weg.
    Es war nicht mehr viel übrig von der Erde, uns Menschen und unserer Kultur. Ohne all die Geschichten meiner Großmutter würde ich nicht einmal wissen, was ein Delphin war. Ich hatte hier keine Wurzeln. Dieses ganze Schiff und seine leeren Innereien, sein sinnentleerter Zweck als Vernichtungsmaschine waren ein Symbol für den Untergang einer Welt.
    Meiner Welt.
    Aber ich hatte sie nie gekannt. Meine Heimat war mein Schiff, meine Kultur lebte nur in der Erinnerung an die Geschichten meiner Großmutter fort. Und ihre Worte verblassten Jahr um Jahr mehr. Ich setzte mir den Helm auf und verließ den Ort, der mir jählings äußerst abstoßend erschien, so schnell es ging. Ich wollte noch einen Blick auf das von Musashi genannte Magazin werfen, aber vermutete, dass ich dort auch nichts Wertvolles finden konnte. Im Grunde, so stellte ich fest, war es mir nur wichtig gewesen, alleine unterwegs zu sein. Ich brauchte Raum zum Denken und ein paar Gedanken schwirrten mir im Hinterkopf umher, die genauer untersucht werden wollten. Und das konnte ich am besten, wenn ich allein war. Die rasch aufeinanderfolgenden Ereignisse und das Zusammensein mit Susannah hatten mir bisher wenig Zeit gelassen, die neuen Wendungen in meinem Leben in Ruhe zu bedenken. Ich hatte einen Schritt getan, den ich bis jetzt noch nicht richtig verstanden hatte. Statt, wie bisher auch, mein Leben auf meine eigenen Bedürfnisse ausgerichtet zu gestalten, hatte ich mich auf dieses Unternehmen eingelassen. Natürlich war das Geld verlockend, aber im Grunde hatte ich alles, was ich brauchte und nun, da der Antrieb der Cheiron wieder zuverlässig funktionierte, konnte ich mit Hilfe von Ikarus‘ Helm sicher noch genug Schätze finden, um meine Finanzlage langfristig zu verbessern. Warum also nicht einfach den Auftrag abbrechen? Aber das konnte ich nicht tun. Reichtum war mir zwar nicht wichtig, aber Freiheit schon. Und die war in der Claifex leider recht kostspielig. An entlegenen Orten auf den Spuren alter Kulturen nach interessanten Gegenständen zu suchen war eine Tätigkeit, die meiner Idee von einem freien und erfüllten Leben sehr nahe kam, so absonderlich das den meisten anderen Lebewesen auch erscheinen mochte. Also tat ich doch genau das, was ich mochte, oder nicht? Warum hatte ich mich so weit in die Ereignisse hineinziehen lassen, die sich um mich herum entfaltet hatten? Die Not mochte eine Rolle spielen, aber meine Gedanken kreisten unstet umher, bis ich wieder Susannahs Gesicht vor mir sah. So suggestiv das auch sein mochte, sie hatte nichts mit meiner Entscheidung zu tun, die mich diesen Auftrag hatte annehmen lassen. Das Symbol der Claifex drängte sich in mein Bewusstsein und ich spürte einen unbändigen Zorn in mir aufsteigen, von dem ich gar nicht geahnt hatte, dass er vorhanden war.

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