Clancy, Tom
worden. Hadi hoffte, dass ihr Tod einigermaßen
schmerzlos gewesen war. Brasilien war zwar ein vorwiegend christliches Land und
damit nach Hadis Auffassung für den Islam feindliches Territorium, was aber
nicht hieß, dass man den Leuten keine Barmherzigkeit erweisen durfte. Wenn sie
leiden mussten, so war das Allahs Wille; starben sie schnell, war das auch
Allahs Wille. So oder so, Hadi und seine Mitkämpfer hatten ihre Mission
erfolgreich ausgeführt.
Als sie am
Viehgatter ankamen, fuhren sie zunächst den Pick-up zwischen die Bäume, stiegen
in den Volkswagen und fuhren durch das Gatter auf die Straße. Das Gatter wurde
ordentlich verschlossen. Eineinhalb Minuten später hielten sie neben Hadis
Auto. Dem Plan entsprechend, folgte Hadi Ibrahim und den anderen zu Fa'ads
Auto, das auf einem Feldweg ein paar Kilometer entfernt geparkt war. Als sie
neben dem Wagen anhielten, stieg Ibrahim aus und winkte Hadi zu sich.
»Wir haben
ein wichtiges Detail nicht berücksichtigt«, erklärte Hadi. »Das Wetter.«
»Verstehe
ich nicht«, sagte Ahmed.
Ibrahim
deutete nach Westen in Richtung der Raffinerie. Die Flammen schlugen
inzwischen hundert Meter in die Höhe, überlagert von einer dichten schwarzen
Rauchdecke. Sie sahen, dass der Rauch nach Südwesten driftete.
»Der Rauch
treibt in Richtung Sáo Paulo. Dort werden sie bald den Flughafen schließen,
wenn sie es nicht schon getan haben.«
»Du hast
recht«, nickte Hadi. »Trotzdem — von allen Fehlern, die wir hätten machen
können, ist dieser der kleinste. Wenn wir es schaffen zu fliehen, ist es gut
so. Wenn nicht, sterben wir mit dem Wissen, dass wir unsere Pflicht getan
haben.«
Fa'ad
lachte. »Du hast natürlich recht, aber ich persönlich möchte doch ganz gern
die Früchte unserer Arbeit sehen. Allah vergebe mir meine Eitelkeit.«
»Was
geschehen wird, wird geschehen«, antwortete Ibrahim. »Wir haben immer noch eine
Chance. Ihr alle kennt die alternative Fluchtroute.« Er sah auf die Uhr. »Wir
treffen uns morgen um die Mittagszeit im Botanischen Garten in Rio. Wenn es
einer aus irgendeinem Grund nicht rechtzeitig schafft, treffen wir uns vier
Stunden später am zweiten Treffpunkt. Bis bald.«
Obwohl
beide nur ein paar Stunden geschlafen hatten, bevor sie zum Flughafen
aufbrechen mussten, machte sie die Abflugzeit kurz vor Tagesanbruch leicht überdreht
und rastlos. Die gute Nachricht war jedoch, dass es in der Economy Class keine
Plätze mehr gab. Sie durften also auf Kosten des Campus Business Class
fliegen. Außerdem war der Kaffee recht annehmbar.
»Weißt du,
was ich nicht verstehe, John«, sagte Jack.
»Was
denn?«, fragte Clark.
»Die zwei,
nach denen wir suchen ... diese Geschwister. Sie sind doch erst neunzehn und
zwanzig. Warum gehen solche Kinder in ein fremdes Land, um dort Leute
umzubringen, die sie überhaupt nicht kennen?«
»Zuerst
einmal wissen wir nur, dass sie mit gefälschten Pässen eingereist sind.«
»Trotzdem
sind sie wohl kaum hierhergekommen, um Beachvolleyball zu spielen.«
»Zugegeben.
Ich meine nur, dass man in unserem Metier die Dinge so nehmen sollte, wie sie
kommen. Vermutungen und Intuitionen sind zwar ab und zu ganz nützlich, aber
sie können dich auch umbringen.«
»Verstehe.«
»Um auf
deine Frage zurückzukommen - ich glaube nicht, dass es darauf überhaupt eine
Antwort gibt. Zumindest keine einfache. Du fragst doch: Was macht Menschen zu
Terroristen? Armut, Hoffnungslosigkeit, irregeleiteter religiöser Eifer, das
Gefühl, einer Sache zu dienen, die größer ist als man selbst ... Such dir was
aus.«
»Verdammt,
John, du klingst geradezu verständnisvoll.«
»Bin ich
auch. Bis zu dem Punkt, wo diese Motivationen jemand dazu bringen, zur Pistole
zu greifen oder sich eine Bombe umzuschnallen. Das ändert alles.«
»Dann
schaltest du dein Mitgefühl einfach ab?«
»Das
bleibt jedem Einzelnen überlassen, Jack, aber zu unserer Arbeit gehört auch die
Bereitschaft, nötigenfalls Scheuklappen zu tragen. Man muss sich mit dem auseinandersetzen,
womit man gerade konfrontiert ist. Jeder Terrorist hat eine Mutter und einen
Vater. Vielleicht auch Kinder und Menschen, die ihn lieben. Verdammt, er ist
vielleicht an sechs von sieben Tagen ein anständiger Bürger. Aber an dem einen
Tag, an dem er beschließt, zur Waffe zu greifen oder eine Bombe zu legen, wird
er zu einer Bedrohung. Und wenn du dann derjenige bist, der zwischen ihm und
unschuldigen Leben steht, ist diese Bedrohung das Einzige, was dich in
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