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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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und probieren ihn aus. Hab nichts dagegen. Aber, wenn’s geht, durch die
Vordertür.« Die beiden Zecher lachten auf. Das hatte gesessen. In doppelter
Hinsicht. Erstens gab ich zu verstehen, an wen ich mich im Falle eines
Einbruchs zu wenden hatte. Und zweitens zeigte ich ihm ein weiteres Mal, wie
egal mir seine Angriffe waren. Nicht einmal einen Blick war er mir wert. Ich
spürte schon, wie er zum nächsten Schlag ausholte, als mir der Zufall plötzlich
einen Trumpf in die Hand spielte. Ich erblickte einen Zeitungsartikel über
Subventionsmissbrauch in der Landwirtschaft.
    »Na, was
haben wir denn da ?« , wandte ich mich neckisch an die
beiden Zuhörer. Bewusst vermied ich jeden Kontakt zu Burger. So, als wäre er
eigentlich gar nicht hier. »Seht nur diese armen Bauern. Kassieren jährlich
immenses Fördergeld für die Bewirtschaftung brachliegenden Landes. Aber
bewirtschaften sie es auch wirklich? Nein. Wozu auch? Kontrolliert ja sowieso
keiner. Nicht wahr?«
    Bei der
letzten Frage hatte ich mich direkt zu meinem Kontrahenten gedreht. Burger
wurde bleich. Subventionen der Europäischen Union waren in der Bevölkerung ein
empfindliches Thema. Gerade im Agrarbereich. Umso mehr waren die Profiteure
bedacht, keinen Staub aufzuwirbeln. Und Burger war so ein Profiteur .
Schließlich kassierte er für die Pflege der Wiesen und Weiden im angrenzenden
Naturschutzgebiet »Steinheide«. Ohne es dabei allzu genau zu nehmen.
    Ohne eine
Entgegnung abzuwarten, trank ich mein Bier aus und rief die Kellnerin herbei.
Größer konnte der Sieg nicht mehr werden. Also war es an der Zeit, zu gehen und
diesen Widerling in seinem eigenen Saft schmoren zu lassen. Doch ich musste auf
der Hut sein. Burger hatte sich etwas zu sehr für mein Grundstück interessiert.
Dann ging mir plötzlich ein Licht auf. Er wollte es kaufen! Denn er hatte schon
länger die Absicht kundgetan, seinen Fuhrpark auf ein anderes Areal zu
verlegen. Auf billigeres Land wie derzeit. Für ein solches Vorhaben sollte er
sich etwas diplomatischer zeigen. Oder hatte er etwa einen Trumpf in der Hand,
den ich noch nicht kannte?

Kapitel 6 –
Gespräche

 
    1

 
    Clara
blickte auf ihren handgemachten Kalender. Er war nun seit sechs Tagen nicht
mehr hier gewesen. Sie wusste nicht, wie lange sie das noch ertragen konnte.
Das Gitter, die Mauern. Täglich rückten sie ein wenig näher. Begannen, sie
langsam zu zerquetschen. Stück für Stück. Minute für Minute zeichnete der
Wahnsinn sich deutlicher ab. Der Wahnsinn, der sie in dieser Trostlosigkeit wie
ein schwarzer Schatten überfiel. Ihre Träume wurden finsterer, verworrener und
bedrohlicher. Sie grübelte. Dachte über eine Möglichkeit nach, hier rauszukommen . Tränen standen in ihren Augen. Sie wollte ihr
Leben weiterleben. Wollte wieder glücklich sein. Unbeschwert lachen. All das
war so unendlich weit entfernt. Abgetrennt durch stählerne Gitterstäbe. Durch
einen Menschen, der ein grausames Spiel mit ihr trieb. Sie hörte, wie ein
Schlüssel in die Stahltür gesteckt wurde. Clara wusste nicht, ob sie darüber
froh sein konnte. Zumindest das Alleinsein wurde unterbrochen.

 
    2

 
    Nachdem er
die üblichen Verrichtungen abgeschlossen hatte, nahm er ihr wieder die
Handschellen ab. Sie hatte ihn dieses Mal genau beobachtet. Jede Bewegung,
jeden Handgriff verfolgt. Hatte beobachtet, wo er die Schlüssel für Tür und
Handfesseln einsteckte. In welcher Reihenfolge er Dinge hereinbrachte und
andere hinter der Stahltür verstaute. Sie hatten noch kein Wort miteinander
gewechselt. Kein » Guten Tag «. Kein » Wie geht’s? «. Erst als er
sich gesetzt hatte und Clara mit einem Wink zur selben Handlung aufforderte,
brach das Schweigen. Und tatsächlich. Er stellte die Frage.
    »Wie geht es
Ihnen heute, Clara ?«
    Am liebsten
hätte sie ihm entgegengeschmettert: » Wie soll es mir schon gehen? Sie halten
mich hier wie ein Tier gefangen ! « Aber sie wollte, dass ihre Unterhaltung dieses Mal etwas länger dauerte. Und
irgendetwas in seiner Stimme verriet ihr, dass er die Frage durchaus ernst
meinte. Sie beschloss, diplomatischer vorzugehen.
    »Danke. Aber
es ist sehr einsam hier. Und ich möchte nach Hause .« Das war zumindest die Wahrheit. Er blickte sie mit wachen Augen an. Suchte,
etwas in ihrem Gesicht zu lesen.
    »Wie gesagt,
das liegt ganz bei Ihnen .« Clara hatte von diesem
Versteckspiel genug.
    »Ich weiß
nicht, was das bedeutet. Aber ich möchte Sie um eines bitten. Sagen Sie mir
doch wenigstens, warum

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