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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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Knoten. Mit einer ruckartigen Kopfbewegung deutete sie auf ein Häufchen Schnee. »Da ist er.«
    Parsefall bückte sich, schaufelte das Häufchen in seine Hände und betrachtete die Überreste des Phönixsteins. Dann formte er einen Schneeball daraus und warf ihn über die Schulter.
    Clara hörte ein leises Platschen.
    »Ich zieh dich jetzt«, erklärte Parsefall. Er bewegte sich rückwärts und seine Stimme klang schon wie aus weiter Ferne. »Halt dich nur fest. Ich zieh dich.«
    Clara streckte sich ganz flach. Sie spürte, wie das Seil sich spannte, als sie sich langsam in Bewegung setzte. Die zerfurchte Oberfläche des Eises schürfte ihre Haut auf. Ihr Rock riss. Parsefall zieht meine Fäden, dachte sie, und trotz der Gefahr und der schneidenden Kälte musste sie lachen.

47. Kapitel

     
    Die Tränen der Hexe
     
    L izzie Rose stand am Ufer des Sees und betete. Sie hörte das quietschende Ächzen und das Knacken des Eises. Angestrengt starrte sie in die Dunkelheit, wo Parsefall versuchte, Clara zu retten. Die Kinder waren gerade rechtzeitig am See eingetroffen, um noch Zeuge von Grisinis Einbrechen ins Eis zu werden. Parsefall mit seinen scharfen Katzenaugen hatte Clara entdeckt. Sie befand sich weiter draußen auf dem Eis, ungefähr fünfzig Schritte von der Stelle entfernt, wo Grisini untergegangen war. Lizzie Rose musste blitzschnell reagieren: Sie wies Clara an, sich flach hinzulegen und dachte an das Seil, mit dem sie Ruby immer festband. Und dann war sie – zu voreilig – damit einverstanden, dass es sicherer sei, wenn Parsefall hinaus auf den gefrorenen See ging. Jetzt stand sie stocksteif am Rand und betete, dass niemand sonst ertrinken möge.
    Auf einmal vernahm sie hinter sich knirschende Schritte im Schnee. Sie warf einen Blick über die Schulter und machte zwei dick eingemummte Gestalten aus: Mrs Fettle und ihren Sohn Mark. Die Haushälterin trug eine Laterne. Lizzie Rose richtete die Augen wieder auf den See und fuhr fort, zu beten.
    Sie beobachtete, wie Parsefall sich mit gekrümmtem Rücken gegen das Seil stemmte wie ein Pferd vor dem Pflug und Clara über die schartige Eisfläche zog. Er fluchte, aber es klang beinahe vergnügt. So hatte ihn Lizzie Rose des Öfteren schon hinter der Puppenbühne fluchen hören. Kriechend und schlitternd gelangte Clara ans Ufer.
    Mark Fettle zog seinen Mantel aus und reichte ihn Lizzie Rose. »Hier, gib ihn dem Mädchen. Ich trag den Jungen.« Er trat ans Ufer und streckte die Arme aus. »Komm her, Bursche. Ich trag dich zum Haus zurück, damit du dir deine nackten Füße nicht ganz kaputt machst.«
    Parsefall machte ein verdutztes Gesicht, aber er wehrte sich nicht. Sobald er in Reichweite war, legte Mark Fettle ihm einen Arm um die Schultern, den anderen schob er unter die Knie des Jungen und hob ihn hoch. Lizzie Rose ging zu Clara und hüllte sie in Marks Mantel.
    »Ins Haus«, ordnete Mrs Fettle barsch an.
    Sie ging voraus und leuchtete ihnen den Weg. Ihr Sohn folgte mit Parsefall, dann kamen Lizzie Rose und Clara, die das Seil wie einen Schwanz hinter sich herzog. Erst als sie auf halber Höhe des Hangs waren, hatten sie einen guten Blick auf das Gebäude. Lizzie Rose blieb wie angewurzelt stehen und starrte hinauf.
    »Guter Gott!«, hörte sie Mark Fettle sagen.
    »Der Turm!«, stieß Parsefall hervor.
    »Er ist eingestürzt!«, keuchte Mrs Fettle.
    Die Umrisse des Hauses wirkten durch den eingestürzten Turm völlig verändert. Dort, wo der Turm mit dem Gebäude verbunden gewesen war, ragten die verbliebenen Mauerreste wie drei unregelmäßige Zacken empor. Das Bild erinnerte an eine Hand, deren drei mittlere Finger aneinanderklebten. Dazwischen, sozusagen in der hohlen Hand, häufte sich ein großer Schuttberg aus Steinen, Putz, Schindeln und Holzbalken.
    »Ich habe Madama gesagt, der Turm sei nicht sicher«, sagte Mrs Fettle. »Ich habe sie gewarnt, aber sie wollte ja nicht auf mich hören.«
    »Das muss der Krach gewesen sein, den wir gehört haben«, sagte Mark fassungslos. »Als wir draußen im Garten waren, hat der Boden unter unseren Füßen gewackelt. Ich habe gedacht, das wäre ein Erdbeben.«
    »Es war ein Erdbeben«, bekräftigte Mrs Fettle. »Was sonst sollte den Turm zum Einstürzen bringen und die Eisfläche springen lassen? Es hätte Tote geben können.« Dann knöpfte sie sich die Kinder vor: »Was hattet ihr nach Mitternacht da draußen zu suchen? Und was war das für ein Geschrei? Und wer ist das Mädchen und was macht es

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