Clara
Fahrradfahren. Eigentlich ganz schön beknackt, daß er nur für die zwei Stunden nach Grieth gejuckelt war. Und Clara hatte er wieder nicht getroffen – immer noch krank.
Er hörte die Haustür ins Schloß fallen. Aha, der Alte kam von seinem Scheißjob zurück. Leise machte er den Kühlschrank zu und drückte sich gegen die Wand. Er hatte jetzt wirklich keinen Bock mehr auf Gesülze.
Irgend etwas plumpste zu Boden. Himmel, warum verpißten die sich nicht endlich!
Und warum japste Astrid so? Vorsichtig lugte er um die Ecke.
Astrid hatte ihren Mantel und ihre Handtasche fallen lassen. Sie lehnte am Türrahmen. Toppe stand breitbeinig vor ihr, hatte ihr den Pullover weit hochgeschoben, den Mund an ihren Brüsten. Im hellen Mondlicht konnte Christian deutlich ihre harten, dunklen Brustwarzen sehen.
Er zuckte zurück. Waren die besoffen, oder was? Wieso verschwanden die nicht endlich in ihrem Zimmer? Und sowieso, das Schwein! Vorige Woche, als Astrid zwei Tage auf einer Fortbildung gewesen war, hatte der Alte bis nachts um zwei bei seiner Mutter oben gehockt; er hatte sie lachen und flüstern gehört.
Es raschelte, ein Reißverschluß wurde aufgezogen. Er hielt die Luft an und beugte sich vor.
Astrid hielt Toppes Hände fest und schob ihre Zunge in seinen Mund. Dann glitt sie sehr langsam ganz dicht an seinem Körper herab. Ihr Gesicht war vom Mantel verdeckt, aber sie bewegte ihren Kopf vor und zurück – steter Rhythmus. Toppe vergrub seine Hände in ihrer schwarzen Mähne, legte den Kopf weit in den Nacken und stöhnte leise.
Christian wurde die Hose eng, er schluckte trocken. Oh, mein Gott! Die feuchte Stirn gegen den Türpfosten gepreßt, schloß er die Augen ganz fest und fing an zu beten.
6
Als Toppe am nächsten Morgen in sein Chefbüro kam, fand er eine Notiz von van Appeldorn auf dem Schreibtisch: Bin in Emmerich. Hole Fingerabdrücke und, falls fertig, Bericht. N.
Es mußte ihn gewurmt haben, daß er gestern nicht an die Fingerabdrücke gedacht hatte, wenn er sich so früh auf den Weg machte, denn normalerweise kam van Appeldorn morgens nur langsam in die Gänge.
Toppe gähnte und streckte sich in dem dick gepolsterten Schreibtischsessel aus. Ganz fit war er selbst auch noch nicht. Es war reichlich spät geworden gestern abend. Er lächelte vor sich hin – gut, daß er bei der Planung des Badezimmers auf einer Doppelwanne bestanden hatte.
Astrid mußte schon längst im Präsidium sein. Sie fuhren meist in getrennten Autos zum Dienst; man wußte nie, was passierte, und Dienstwagen waren immer knapp.
Er hatte bei ihr geschlafen, letztendlich, und den Wecker nicht gehört – vielleicht hatte sie ihn auch gar nicht gestellt – jedenfalls war sie schon fix und fertig angezogen gewesen, als er sich endlich aus seinem Traum in den Tag gekämpft hatte – ein bißchen verquer, denn wenn es besonders lang und intensiv gewesen war, wachte er gern mit ihr zusammen auf, langsam und in Ruhe. In der einen Hand ein Butterbrot, in der anderen ihre Autoschlüssel, hatte sie kurz ihr Gesicht an seinem Hals vergraben und gemeint: »Ich muß mich beeilen, sonst krieg ich Ärger mit meinem Chef.«
Er grinste. Sie hatte von Anfang an deutlich gemacht, daß sie nicht daran dachte, aus der besonderen Situation Vorteile zu ziehen; vermutlich kamen die anderen im Team deswegen so gut damit klar. Obwohl Toppe sich manchmal fragte, wie zum Beispiel Walter Heinrichs als praktizierender Katholik die Geschichte mit seinen persönlichen Moralvorstellungen vereinbaren konnte.
Toppe gähnte noch einmal, reckte sich und rief sich selbst zur Ordnung: Ralf Poorten war jetzt das Problem.
Astrid und Heinrichs standen vor der großen Karte vom Kreis Kleve, die im K 1-Büro an der Wand hing, und diskutierten.
»Guten Morgen«, sagte Toppe frisch.
Astrid drehte sich um, ein weicher, wissender Blick, dann ging’s wieder. »Morgen, Helmut«, antwortete Heinrichs, aber er nahm die Augen nicht von der Karte. »Man müßte natürlich Genaueres wissen über die Strömungsgeschwindigkeit im Rhein an der Stelle, über Verwirbelungen und so.«
Er war in seinem Element. Nichts konnte ihn mehr begeistern als Puzzles, Gedankenspiele und Hypothesen.
»Die Jungs von der Wasserschutzpolizei, die müßten das doch wissen, oder was meint ihr?« Immer noch starrte er die Landkarte an. »Ich könnte ja auch mal in meinem Rheinhandbuch nachgucken …«
»Rheinhandbuch«, bestätigten Toppe und Astrid gleichzeitig. Bei Heinrichs wunderte sie,
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