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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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das?« fragte Heinrichs pikiert.
    »Ich war beim letzten Hochwasser mal in der Gegend. Wir hatten Besuch aus dem Schwarzwald. Du weißt ja, wie Touristen sind.«
    »Ist ja auch egal«, unterbrach ihn Heinrichs. »Wir müssen uns auf alle Fälle dort umsehen.«
    »Roeloffs-Werft«, sagte Toppe. »Die bauen ziemlich dicke Motoryachten, hab ich mal gelesen.«
    »Stimmt genau, Chef«, kam es von der Tür, und alle drei fuhren sie herum. Keiner hatte Ackermann hereinkommen hören.
    »Ich hab geklopft«, verteidigte er sich.
    Jupp Ackermann, ein Kollege vom Betrugsdezernat, Kranenburger Urgestein, den nicht einmal eine Naturkatastrophe bewegen würde, seinen Niederrhein zu verlassen. Drei Wochen Spanien im Sommer, der Familie zuliebe, und die vier Tage über Ostern auf Ameland waren das äußerste, vielleicht noch das ein oder andere Wochenende bei seinen holländischen Schwiegereltern, aber die wohnten gottlob in Cuyk, und das war ja quasi Inland. Er war letztes Weihnachten vierzig geworden – »wat könnt’ ich wohl anders sein als ’n echtes Christkind!« – aber der Zahn der Zeit hatte bisher nur unwesentlich an ihm genagt: Die Haare waren immer noch schulterlang und fragwürdig gepflegt, auch von seinem Zottelbart hatte er sich noch nicht getrennt. Meist trug er schmuddelige Jeans und irgendwas obenrum und Turnschuhe, im Sommer an den nackten Füßen Sandalen, die er ›Jesuslatschen‹ nannte. Zumindest hatte er anläßlich des großen Wiegenfestes – »ir’ndwann mußt et ma’ sein, die Konkurrenz schläft nich’« – eine gründliche Zahnsanierung durchführen lassen und das alte Kassengestell für seine dicken Brillengläser durch eine neue neongrüne Fassung ersetzt.
    Van Appeldorn schloß laut stöhnend die Augen. »Laß es nur das Fieber sein, Herr!«
    »Hallo, Ackermann«, grüßte Heinrichs munter, und Toppe grinste. »Was führt Sie denn zu uns?«
    »Die pure Langeweile. Bei uns is’ total tote Hose, un’ ich hab heut keinen Bock, mich an so ’n alten Fall zu setzen un’ einen auf Beschäftigungstherapie zu mimen. Da steh ich nich’ drauf, wenn et wat Richtiges gibt.«
    »Und jetzt willst du bei uns mal wieder den Libero machen«, stellte van Appeldorn gereizt fest.
    »Dat wär super«, strahlte Ackermann.
    Toppe lachte. »Bis jetzt brauchen wir noch keine Hilfe.«
    »Na ja«, brummelte Heinrichs, »das Motorrad.«
    »Wat denn für ’n Motorrad? Ich denk, ihr habt ’ne Wasserleiche aus ’m Rhein gefischt.«
    »Das kannst du dir alles auf der Pressekonferenz anhören.« Van Appeldorn stand auf. »Na los, es ist schon zehn nach zwei!«
    Die Reporter waren friedlich heute. Es war offensichtlich, daß das K 1 alle Informationen, die es hatte, auf den Tisch legte. Am nächsten Tag würde die Bevölkerung über die Zeitungen um Mithilfe gebeten werden: Wer hatte diesen jungen Mann oder das Motorrad am Freitag nach 19.30 Uhr gesehen? Hatte jemand eine Schlägerei beobachtet oder ungewöhnliche Vorgänge am Rheinufer bemerkt? Oder war jemand Zeuge eines Motorradunfalls geworden?
    »Un’ der Jung hat bei der Roeloffs-Werft gelernt?« fragte Ackermann, als sie wieder auf dem Hur waren. »Interessant.«
    Van Appeldorn stieß ihm den Ellbogen in die Seite. »Jetzt red schon!«
    »Ich?« Ackermann riß die Augen auf. »Nee, nee, ich halt mich fein geschlossen. Ich mein bloß, man hört ja so einiges, un’ wenn dat schon bis Kranenburg rund is’ …«
    »Was denn?« Auch Astrid wurde ungeduldig.
    »So einer bin ich nich’«, wehrte Ackermann ab. »Dat wißt ihr doch. Ich muß dat ers’ ma’ genau haben, bevor ich einem wat an ’t Zeug flick. Aber morgen könnt ich euch bestimmt schon wat sagen. Meine Schwägerin in Hönnepel, die hat nämlich ihren Nefffen da am …«
    Van Appeldorn stöhnte wieder. »Ich gehe den Bericht schreiben.«
    »Nein!« Toppe hielt ihn auf. »Das mache ich schon. Du gehst nach Hause und legst dich ins Bett. So, wie du aussiehst!«
    »Blödsinn!«
    »Kein Blödsinn! Trink dir was Warmes, nimm ein paar Aspirin und zieh dir die Decke über den Kopf. Mir ist es lieber, du bist morgen wieder richtig fit, wenn wir zur Werft fahren.«
    »Find ich auch, Norbert. Der Mensch muß sich schonen, so gut er kann. Un’ wir allemal, grad in den heutigen Zeiten«, bekräftigte Ackermann.
    »Wer weiß, wat kommt«, flüsterte er dann plötzlich bedeutungsschwer, und das war so ziemlich das schlimmste, was passieren konnte. Wenn Ackermann ins Flüstern verfiel, wurde es für seine nähere

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