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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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entlüften, aber dann sah sie, daß der Thermostat nur auf Eins stand. Und Christian lag da auf dem Bett in Jeans und T-Shirt und mit nackten Füßen. Wie asketisch! Er schien sein neues religiöses Leben wirklich bluternst zu nehmen.
    »Du müßtest den Jungen doch kennen, oder?«
    »Ralf Poorten ist eure Wasserleiche. Nicht zu fassen!« Aber sein Gesicht war gleichgültig. »Ob ich ihn kenne? Kennen ist zuviel gesagt. Ich habe ihn vielleicht vier- oder fünfmal getroffen, in Grieth, aber mehr als ›Hallo‹ haben wir uns nicht gesagt.«
    »Weißt du, mit wem der näher befreundet war?«
    »Keine Ahnung.« Er gab ihr die Zeitung zurück und nahm sein Buch wieder zur Hand.
    Über dem Bett hing eine gerahmte Farbfotografie: eine Gruppe fröhlicher junger Menschen vor einem eindrucksvollen Gebäude.
    »Ist das Haus Barbara?« wollte Astrid wissen.
    Er nickte, ohne hochzuschauen.
    Das klare Gesicht des Mädchens, ihr leuchtender Blick fielen Astrid sofort ins Auge, obwohl sie irgendwo mitten in der Gruppe von mindestens zwanzig anderen stand.
    »Und das ist Clara Albers«, stellte sie fest.
    Christian zuckte zusammen und klappte das Buch zu.
    »Wir haben ein Foto von ihr auf Ralf Poortens Nachtschrank gefunden.«
    Christian setzte sich auf. »Ein Foto von Clara?« fragte er ungläubig.
    »Ja. Kennst du sie näher?«
    In seinen Augen flackerte es kurz, aber dann ließ er sich wieder nach hinten fallen, und sein Blick war verschlossen. »Vom Sehen, ja, genau wie Ralf. Ähm, ich muß noch Chemie lernen …«
    Astrid klemmte sich die Zeitung unter den Arm. »Tja, übrigens, dein Kreuz da. wo hast du das her?«
    »Warum?« fragte er zurück, die Nase schon wieder zwischen den Buchseiten.
    »Weil Ralf Poorten genau das gleiche hatte.«
    »Kann schon sein. Hab ich in Grieth gekauft.«
    »Komisches Ding.« Astrid kam noch einmal zurück und betrachtete es genauer. Auf einmal wußte sie, was ihr die ganze Zeit so fremd gewesen war. Die Christusfigur hatte stark androgyne Züge, die Brustmuskulatur war gerundet wie ein Busen, und das Gesicht war ein Mädchengesicht, das ihr ganz vage bekannt vorkam.
    »Eine Christa.« murmelte sie, aber Christian nahm keine Notiz mehr.

11
    Ackermann wartete auf dem Flur, in der Hocke, den Rücken gegen die Wand gelehnt – eine Stellung, die außer ihm kein Mensch bequem fand. Er vertrieb sich die Zeit, indem er seinen Zigarettenvorrat für den Rest des Tages drehte. Die außergewöhnliche Technik – einhändig auf dem Oberschenkel rollend – hatte er vor Jahren von seinem holländischen Schwager gelernt und sie inzwischen perfektioniert. Endlich kamen Toppe und Astrid die Treppe hinauf.
    »Einen wunderschönen!« schmetterte Ackermann ihnen entgegen und stemmte sich hoch. »Tach, junge Frau«, verbeugte er sich vor Astrid und kicherte. »Ich hätt ja fast wat gesacht. oder macht ihr Gleitzeit?«
    »Schon lange«, antwortete Toppe.
    »Ich hätt da vielleicht wat für euch«, strahlte Ackermann, »aber ich muß ebkes noch …« Er bückte sich, sammelte die fertigen Zigaretten ein und staunte. »Ich glaub, ich wart schon länger.«
    »Ist denn noch keiner da?« Toppe öffnete die Tür zum Büro.
    »Nö. Och, Chef, un’ ich hab gedacht, wir gehen in Ihre schicke Bude.«
    Das Telefon fing an zu bimmeln, und Astrid schob sich an den beiden Männern vorbei, um abzunehmen.
    »Ach, guten Morgen, Marion.« Dann lauschte sie mit angehaltenem Atem. »Moment.« Sie hielt Toppe den Hörer hin. »Marion van Appeldorn. Sie will dich sprechen.«
    Es wurde ein längeres, wenn auch zunächst etwas einseitiges Gespräch. Toppe setzte ein paarmal zu einer Erwiderung an, kam aber nicht durch. Marion van Appeldorn schimpfte so laut, daß Astrid und Ackermann die Luft anhielten.
    »Jetzt reg dich doch nicht so auf«, versuchte es Toppe sanft, mit dem Erfolg, daß er den Hörer noch weiter vom Ohr weghalten mußte.
    Heinrichs erschien nun auch zum Dienst. Das »Guten Morgen« starb ihm auf den Lippen.
    »Und jetzt ist er im Krankenhaus?« fragte Toppe. Ein langes Gezeter folgte.
    Astrid sah, wie Toppe den Mund zusammenkniff, und wußte, daß es gleich furchtbar krachen würde.
    »Au Backe!« flüsterte Ackermann, und Heinrichs schlich auf Zehenspitzen zu seinem Schreibtisch, was bei mehr als zwei Zentnern Körpergewicht rührend aussah.
    »Es reicht, Marion«, begann Toppe gepreßt. »Mir reicht es jetzt gründlich.« Das kam schon lauter, und dann brüllte er: »Du hältst auf der Stelle deinen

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