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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Eingang glänzten dicke, in einem Bogen angeordnete Messingbuchstaben:

    ROELOFFS WERFT

    Der Mann kam ihnen schon an der Tür entgegen. Er war klein, mit gedrungenem Oberkörper und kurzen Beinen und sah in dem dunklen Maßanzug aus wie verkleidet.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?« runzelte er fragend die buschigen Augenbrauen.
    »Toppe, Kripo Kleve. Mein Kollege van Appeldorn.«
    Der Mann lachte unvermittelt. »Daß Sie nicht wegen einem Boot kommen, habe ich mir schon gedacht.«
    »Tatsächlich?« kam es kühl von van Appeldorn.
    »Ja.« Der Mann hielt ihnen die Tür auf und ließ sie vorangehen. »Leute, die ein Boot wollen, die gucken sich hier erst einmal in Ruhe um. Und an so einer schönen Jolle, wie der da vorne würde ein Bootsfan niemals einfach so vorbeigehen. Aber kommen Sie bitte durch.
    Roeloffs ist mein Name.«
    Der Ausstellungsraum ließ erkennen, welche Klasse von Booten hier gebaut wurde: Stellwände mit großformatigen Fotos von leuchtenden Schiffen teilten die verschiedenen Ausstellungsbereiche voneinander. Da waren Radargeräte, Kühlschränke, Herde mit kardanischer Aufhängung, Kompasse, Sextanten, Motoren, eine ganze Wand mit Holz- und Stoffmustern, nautische Geräte, die Toppe nicht kannte.
    »Bitte, meine Herren!« Roeloffs öffnete eine blau gestrichene Tür zu einem Büroraum. »Nehmen Sie Platz.«
    »Es geht um Ralf Poorten«, begann Toppe.
    Roeloffs sah bestürzt aus. »Ach Gott, ja, das hätte ich mir eigentlich denken können. Eine entsetzliche Geschichte«, meinte er bedrückt.
    »Wie haben Sie davon erfahren?« fragte van Appeldorn.
    »Also, ich persönlich habe das von meinem Bruder gehört. Der hat mir am Samstag erzählt, daß Ralfs Eltern angerufen hatten, ob ihr Junge bei uns wäre. Aber wir arbeiten nicht am Wochenende, außer wenn richtig Druck ist. Die Lehrlinge aber nicht. Ist ja auch gar nicht erlaubt.«
    »Und weiter«, drängte van Appeldorn.
    »Ja.« Roeloffs wischte sich über die Stirn. »Gestern morgen hat der Vater wieder angerufen und mir gesagt, Ralf wäre tot, ertrunken. Mehr war aus dem Mann nicht herauszuholen. Der war total fertig. Die ganze Geschichte, was wirklich passiert ist, habe ich erst heute morgen in der Zeitung gelesen. Umgebracht? Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Wie furchtbar!«
    »Wann haben Sie Ralf Poorten zuletzt gesehen?« fragte Toppe.
    »Ich persönlich?«
    Grundgütiger, dachte Toppe, wer sonst? Aber er sagte nichts.
    »Am Donnerstag morgen. Danach war ich bis Samstag auf Geschäftsreise in Amsterdam. Wir haben nämlich einen Kunden aus Saudi Arabien, der gerade in Holland …«
    »Wie schön für Sie«, unterbrach ihn van Appeldorn. »Ist der Junge am Freitag zur Arbeit gekommen?«
    »Soviel ich weiß, ja. Aber am besten sprechen Sie mit meinem Bruder.« Er war schon aufgestanden.
    Auch Toppe erhob sich. »Wie viele Leute arbeiten eigentlich hier auf der Werft?«
    »Vier«, antwortete Roeloffs, während er vor ihnen herging. »Wir sind, wie gesagt, nur ein kleiner Betrieb. Klein, aber exklusiv.« Sein Lächeln wirkte eher wie ein Zähnefletschen. »Mein Bruder, ein Geselle, der schon Jahre hier ist, ich und immer ein Lehrling. Ralf Poorten war der beste, den wir in den letzten Jahren hatten. Begabt, verantwortungsbewußt, selbständig.«
    »Keine Sekretärin?« wollte van Appeldorn wissen.
    »Nein, ist nicht notwendig. Das schaffe ich gut alleine.«
    Sie waren in der Werkshalle angekommen. Der Maschinenlärm, den sie draußen schon gehört hatten, kam von einem Kompressor aus einer Lackierkabine, die eine große Ecke der Halle einnahm.
    Roeloffs schlug gegen die Plastikwand. »Franz!« brüllte er.
    Die Maschine verstummte. »Wat ist denn, godverdomme! Kann man denn nicht einmal …«
    Franz Roeloffs war die imposantere Ausgabe seines Bruders, ein Hüne mit Riesenpranken, einem dicken Vollbart, und die schwarzen Augenbrauen waren über der Nasenwurzel zusammengewachsen. Er schaute sie finster an, während er sich die farbverschmierten Hände an einem Lappen abwischte.
    »Kripo, wegen Ralf«, erklärte der Bruder.
    »Ach so, sag dat doch gleich.«
    »Kripo?« fragte eine unsichere Stimme hinter ihnen. Ein ältlicher, verhuschter Mann mit sandfarbenem Haar und fahler Haut kam zögerlich heran. Sein blauer Overall, der ihm mindestens zwei Nummern zu groß war, war an den Knien durchlöchert und an den Säumen ausgefranst.
    Toppe sah ihm fragend entgegen.
    »Küsters«, hielt ihm der Mann schnell seine Hand hin. »Ich bin auch hier

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