Claraboia oder Wo das Licht einfaellt
Eingebung durch den Kopf.
»Richtig … Das hat jetzt nichts damit zu tun, aber ich habe vergessen, dir zu sagen … Die Mutter der Kleinen von oben hat mich gebeten, dir für dein Interesse zu danken …«
Die Veränderung von Paulinos Gesichtsausdruck zeigte ihr, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Jetzt wusste sie, gegen wen sie kämpfte. Gleichzeitig lief ihr ein Angstschauder über den Rücken. Das Teufelchen hatte sich irgendwohin verkrochen, sie war hilflos.
Paulino streifte die Asche von seinem Zigarillo ab und rutschte auf dem Sofa hin und her, als säße er nicht bequem. Er machte ein Gesicht wie ein kleines Kind, das von der Mutter beim heimlichen Naschen ertappt wurde.
»Ja … Die Kleine macht sich …«
»Hast du vor, ihr Gehalt zu erhöhen?«
»Ja … Vielleicht … Ich hatte von drei Monaten gesprochen … aber die Familie ist arm, das hast du mir gesagt, weißt du noch? Und … Claudia kommt mit der Arbeit gut zurecht …«
»Claudia?«
»Ja, Maria Claudia …«
Paulino konzentrierte sich auf die Betrachtung der Asche, in der die Glut des Zigarillos verglomm. Ironisch lächelnd fragte Lídia:
»Und Stenographie, wie geht es damit?«
»Oh, sehr gut! Die Kleine lernt schnell.«
»Das glaube ich …«
Das Teufelchen war wieder da. Lídia wusste, dass sie am Ende gewinnen würde, sofern sie gelassen blieb. Vor allem musste sie vermeiden, Paulino zu kränken, ihn nicht spüren lassen, welche geheimen Ängste sie plagten. Wenn er auch nur ahnte, wie unsicher sie sich fühlte, wäre sie verloren.
»Ihre Mutter und ich kommen gut miteinander aus, weißt du? Wie sie mir erzählt hat, hat das Mädchen sich vor ein paar Tagen sehr schlecht benommen …«
»Sich schlecht benommen?«
Paulinos Neugier war so auffällig, dass sie Lídia endgültig überzeugt hätte, wäre sie nicht schon überzeugt gewesen.
»Ich weiß nicht, woran du denkst …«, sagte sie. Dann, als käme ihr dieser Gedanke erst jetzt, rief sie: »Nein, um Himmels willen! Das doch nicht! Wäre es das, glaubst du, sie hätten es mir erzählt? Du bist zu gut, mein lieber Paulino!«
Vielleicht war Paulino wirklich zu gut. Offensichtlich jedoch war er ziemlich enttäuscht. Er stammelte:
»Ich habe an nichts gedacht …«
»Die Sache ist ganz einfach. Der Vater war misstrauisch, weil sie so spät nach Hause kam. Sie redete sich heraus: Du hieltest sie angeblich mit dringender Arbeit auf …«
Paulino merkte, dass er die Pause füllen musste.
»Ganz so ist es nicht … Ein paarmal war es wirklich der Fall, aber …«
»Das ist verständlich, und daran ist ja auch nichts schlimm. Der Vater hat sie also beschattet und mit ihrem Freund erwischt!«
Das Teufelchen jubelte, schlug Purzelbäume, lachte sich tot. Paulinos Miene wurde düster. Er biss auf den Zigarillo und grummelte:
»Schrecklich, diese jungen Mädchen heutzutage …«
»Jetzt bist du ungerecht, Schatz! Was soll das arme Mädchen denn machen? Du vergisst, dass sie neunzehn Jahre alt ist … Was soll eine Neunzehnjährige tun? Der Märchenprinz ist immer ein junger Mann im selben Alter, schlank und hübsch, der einfältige, aber verführerische Sachen sagt. Hast du vergessen, dass du auch einmal neunzehn warst?«
»Als ich neunzehn war …«
Mehr sagte er nicht. Er kaute auf seinem Zigarillo und brummelte unverständliches Zeug. Er war ungehalten, wütend. Die ganze Zeit war er um die neue Schreibkraft herumscharwenzelt, und jetzt musste er feststellen, dass sie ihn zum Narren hielt. Natürlich war er nicht zu weit gegangen, viel Aufmerksamkeit, ein gelegentliches Lächeln, intelligent geführte Unterhaltungen unter vier Augen in seinem Büro nach sechs Uhr … Er hatte ihr keinerlei Angebot gemacht, natürlich nicht … Das Mädchen war noch sehr jung und hatte Eltern … Aber mit der Zeit, wer weiß … Seine Absichten waren nur die besten, natürlich … Er wollte der Kleinen helfen und ihrer Familie, diesen armen Leuten …
»Meinst du, das stimmt wirklich?«
»Ich sage ja, du bist zu gut. Solche Dinge denkt sich niemand aus. Wenn so etwas vorkommt, bemüht man sich eher, es zu vertuschen. Und ich weiß es nur, weil ihre Mutter volles Vertrauen zu mir hat …« Sie brach ab, dann fügte sie besorgt hinzu: »Ich hoffe, du bist nicht allzu verärgert. Es wäre schade, wenn du jetzt Vorbehalte gegen das Mädchen hättest. Ich weiß ja, wie genau du es mit diesen Dingen nimmst, aber ich bitte dich, lass sie nicht darunter
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