Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Titel: Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
Vom Netzwerk:
falsch beurteilt haben. Und Sie werden lernen, mit welchen Worten Sie den Charakter von Frank Whittler auf vorteilhafteste Weise vor Gericht darstellen. Eine Menge Arbeit, ich weiß, aber es geht auch um sehr viel. Einverstanden?«
    »Natürlich ist sie einverstanden«, antwortete Thomas Whittler für sie. »Am besten fangen Sie gleich damit an! Ich bin in meinem Arbeitszimmer, wenn Sie mich brauchen.« Er ließ sie allein, warf Clarissa aber noch mal einen warnenden Blick zu, bevor er das Zimmer verließ. »Ich zähle auf Sie, Ralph«, sagte er zu seinem Anwalt, und auch dieser Satz klang wie eine Warnung.
    Für Clarissa waren die Stunden mit Snyder eine einzige Tortur. Jeder Satz, den sie mit ihm einstudierte, war eine einzige Lüge, und als er ihr in blumigen Sätzen schilderte, wie man den Charakter von Frank Whittler am vorteilhaftesten darstellte, war sie kurz davor, ihre Fassung zu verlieren und den Anwalt über das wahre Wesen des Angeklagten aufzuklären. Sie hatte selten einen Menschen getroffen, der so abgrundtief böse wie Frank Whittler. Selbst seine beiden Komplizen hatte er auf kaltblütige Weise getötet.
    In der Province stand keine Meldung aus Alaska mehr, nicht einmal über den Goldrausch in Fairbanks. Vergeblich suchte sie nach der Meldung, die sie von dem Druck befreite, den Betty-Sues Gefangenschaft auf sie ausübte. Dafür erfuhr sie, dass man die Berufungsverhandlung von Frank Whittler um zwei Wochen verschoben hatte. Eine gute Nachricht, wie sie hoffte, wuchs mit diesen zwei Wochen doch auch die Hoffnung, dass die ersehnte Meldung doch noch in der Province erschien und ihr die Möglichkeit zur Flucht gab.
    Jeden Abend lehnte Clarissa am Fenster ihrer Kammer und blickte aufs Meer hinaus. Ein Ritual, das sie mit Alex verband und ihr die Möglichkeit gab, mit ihm zu sprechen, auch wenn sie keine Antwort bekam. Ihre Hände lagen auf ihrem leicht gewölbten Bauch, als sie sagte: »Jetzt sieht man mir es schon an, Alex. Ich hab einen richtigen Kugelbauch. Stell dir vor, in einem halben Jahr ist es so weit, dann sind wir zu dritt, und es kommt neues Leben in unser Blockhaus. Jerry und seine Freunde haben es bestimmt schon gebaut.«
    Clarissa bildete sich ein, einer der Sterne am nördlichen Horizont würde jetzt etwas heller funkeln, und lächelte wehmütig. »Ich weiß, du fühlst dich genauso einsam und allein wie ich, Alex. Vielleicht bist du auch wütend auf mich, weil ich dem alten Medizinmann und seiner Frau erlaubt habe, sich um dich zu kümmern. Es ist besser so, glaube mir. Sie werden deine Seele heilen. Und sobald ich wieder zu Hause bin, wird es endlich eine sorgenfreie Zukunft für uns geben … mit einem Sohn oder einer Tochter.« Sie presste ihre Nase gegen das Fensterglas. »Ich muss dich unbedingt wiedersehen, Alex«, fügte sie flüsternd hinzu. »Ohne dich kann ich nicht leben.«
    Noch in derselben Nacht wurde sie durch eine unerwartete Bewegung in ihrem Körper geweckt. Sie öffnete die Augen und fühlte ein leichtes Strampeln in ihrem Unterleib. Ihre Hände tasteten sich über den Bauch und spürten ein sanftes Stoßen. Das Baby! Es bewegte sich! Sie begann zu weinen, aber diesmal waren es Glücks­tränen, die über ihre Wangen rannen und sie gleichzeitig schluchzen und lachen ließen, so befreit und außer sich vor Freude, dass sie beinahe zu atmen vergaß. Ihre Tränen versiegten und hinterließen ein zufriedenes Lächeln, das die Sorgenfalten in ihrem Gesicht glättete und allen Kummer hinwegzauberte. »Alex!«, flüsterte sie, in Gedanken noch immer mit ihm verbunden. »Spürst du das? Das ist unser Baby! Es lebt, Alex, es lebt!«
    Nicht Thomas Whittler, sondern seine Frau bestellte den Doktor und ließ Clarissa gründlich untersuchen. Ihr Zorn war verebbt und ließ sogar Sorge um die anfangs so verhasste Zeugin aufkommen. »Sobald Sie für meinen Sohn ausgesagt haben, dürfen Sie nach Hause«, versprach ihr Louise Whittler und fügte gönnerhaft hinzu: »Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie etwas brauchen.«
    Mit dem heranwachsenden Leben in ihrem Körper veränderte sich Clarissa. Sie wurde sensibler, aber auch launischer, weinte oft ohne triftigen Grund und sogar bei der Lektüre eines Jack-London-Buches, das sie sich aus der Bibliothek der Whittlers geliehen hatte. Sie entwickelte den gleichen Hunger auf saure Gurken wie einst ihre Mutter, tat sich aber auch an den Schokoladenkeksen gütlich, die sie zum Wochenende buk. Nach vier Wochen hatte sie sich mit ihrer

Weitere Kostenlose Bücher