Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis
ungefähr alle zwanzig Meilen am Trail zu finden waren. Das MacClusky Roadhouse, eine eher kleine Herberge mit einem Gemeinschaftsraum und drei Schlafzimmern, lag am Nordufer des Sees und erhob sich so versteckt zwischen den Bäumen, dass sie es beinahe übersehen hätten. MacClusky war ein ehemaliger Buchhalter mit schottischen Vorfahren, der sein Geld lieber in ein Roadhouse investiert hatte, als dem Ruf des Goldes zu folgen, und eine hübsche und zwanzig Jahre jüngere Indianerin geheiratet hatte, die besser kochen konnte als die meisten anderen Frauen zwischen Seward und Fairbanks.
Während Alex ihr Gepäck ins Haus brachte, kümmerte sich Clarissa um die Hunde, spannte sie aus und brachte ihnen etwas von dem Fressen, das der Schotte vorrätig hatte. »Ich weiß«, sagte sie zu Emmett, als sie ihn wie bei jeder Begegnung zwischen den Ohren kraulte, »ihr hättet noch zwanzig Meilen weiterlaufen können, aber Alex ist noch etwas schwach auf den Beinen und braucht Ruhe. Wir müssen Geduld mit ihm haben … auch ihr.«
Sie nahm den leeren Eimer auf und wollte ins Haus zurückkehren, als sie das geheimnisvolle Kichern einholte, das vor einigen Stunden schon im Wald erklungen war. Das Kichern einer Frau, wie sie glaubte. Es schallte vom nahen Wald herüber und schien sekundenlang in der Luft zu hängen.
Anstatt nach Alex zu rufen, fühlte sie sich von dem Kichern auf magische Weise angezogen und überquerte den Trail. Sie glaubte nicht, dass ihr die Unbekannte gefährlich werden konnte, dazu klang dieses Kichern viel zu freundlich, und warum sollte sich ein Strauchdieb oder ein anderer, der es auf sie abgesehen hatte, mit einem Kichern ankündigen? Sie glaubte eher an den Streich einer jungen Indianerin, die sich über sie lustig machen wollte. Indianer hatten einen ganz besonderen Sinn für Humor, hatte sie schon oft festgestellt.
Sie folgte einem schmalen Pfad durchs Unterholz und blieb im Wald stehen. Inzwischen war es so dunkel, dass sie zwischen den Bäumen kaum die Hand vor Augen sah. »Warum zeigst du dich nicht?«, rief sie in den Wald. »Hast du Angst vor mir? Willst du was zu essen … oder Tabak?«
Statt einer Antwort raschelte es nicht weit von ihr entfernt im Gebüsch, und sie sah einen Schatten davonhuschen. Er tauchte zwischen den Bäumen unter und schien mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Noch einmal drang das Kichern durch den Wald, diesmal etwas lauter, und verhallte langsam.
Clarissa erkannte, dass es nicht viel brachte, die Unbekannte durch den dunklen Wald zu verfolgen. Wenn es eine Indianerin war, kannte sie sich bestimmt besser in der Wildnis aus und würde irgendwelche Schleichwege benutzen. Enttäuscht folgte sie dem Pfad zum Trail zurück.
Dort erwartete sie eine weitere Überraschung. Im Schnee, umgeben von mehreren Fußspuren, lagen mehrere Eulenfedern. Sie erschrak und trat unwillkürlich einen Schritt zurück, näherte sich den Federn dann zögernd und hob sie auf. Drei kleine Eulenfedern, durch eine Lederschnur verbunden. Sie drehte sich um. »Was hat das zu bedeuten?«, rief sie in den Wald.
Die Antwort blieb aus, und sie kehrte enttäuscht zum Haus zurück. Ihre Huskys jaulten ängstlich, als sie mit den Federn an ihnen vorbeiging, sie schienen ihre Bedeutung zu ahnen. »Kein Grund, sich zu fürchten«, rief sie ihnen zu. »Nur drei Federn … Die tun uns nichts. Oder sehe ich wie eine Indianerin aus?« Das Lachen verging ihr, als ihr einfiel, dass Alex indianisches Blut in den Adern hatte. Seine Großmutter war Indianerin gewesen.
Mit dem leeren Eimer, den sie vor dem Haus abgestellt hatte, betrat Clarissa die Blockhütte. Sie ließ den Eimer neben der Tür stehen, zog Anorak, Pelzmütze und Handschuhe aus und setzte sich zu Alex und dem Schotten an den langen Esstisch. Alex und sie waren die einzigen Gäste.
»MacClusky denkt, ich hätte mir das Loch im Kopf in irgendeinem dunklen Viertel geholt«, empfing Alex sie fröhlich. Vor ihm stand dampfender Kaffee, und er freute sich anscheinend darüber, wieder unter Menschen zu sein. »Ich wollte, es wäre so, MacClusky. Aber leider ist mir der Doc mit einem großen Messer zu Leibe gerückt. Er hat mir ein Geschwür oder so was Ähnliches aus dem Kopf geholt. Alles unter Narkose, aber die Schmerzen danach wünsche ich nicht mal meinem ärgsten Feind.«
Der Schotte blickte sie an. »Und Sie machen jetzt die ganze Arbeit?«
»Wir teilen uns die Arbeit«, erwiderte Clarissa schnell.
»Ah, da kommt endlich das Essen«,
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