Clarissa - Wo der Himmel brennt
abgeklungen war, und blickte sie fragend an. »Und was sagt dein Geisterwolf?«
»Bones kann nicht sprechen«, stellte sie richtig, »er hat eine andere Art, sich verständlich zu machen. Er will, dass wir so schnell wie möglich von hier verschwinden. Ich befürchte, dass Whittler auf dem Weg hierher ist.«
»Aber Maggies Söhne haben sich nicht gemeldet.«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Ist der Dampfer pünktlich?«
»Wenn kein Unwetter aufzieht.« Sie setzte sich neben ihn auf den Bettrand und umarmte ihn vorsichtig. »Warum macht man es uns so schwer, Alex?«
»Keine Ahnung, Liebes. Aber in Alaska wird alles besser.«
»Hoffentlich, Alex! Hoffentlich!«
»Vielleicht finden wir Gold?«
Sie lachte. »Ich brauche kein Gold.«
»Eine neue Hütte? So wie hier?«
»Eine Blockhütte irgendwo in der Wildnis, ein Platz, an dem wir vor diesem Scheusal Whittler sicher sind, und dich … Mehr brauche ich nicht.«
»Und ich brauche dich, Clarissa. Meinst du, wir könnten …«
Sie blickte ihn entsetzt an. »Hier? In deinem Zustand?«
»War nur so eine Idee«, antwortete er grinsend.
6
Und ihr wollt wirklich nach Alaska?«, fragte Maggie. Man sah ihr an, wie sehr ihr der Entschluss ihrer Freundin zu schaffen machte. »Hast du denn nicht gehört, was da oben los ist? So einen großen Goldrausch soll es noch nie gegeben haben, nicht mal am Fraser damals. Halb Amerika ist zum Klondike unterwegs. Oder seid ihr neuerdings unter die Goldgräber gegangen?«
»Nicht, dass ich wüsste«, antwortete Clarissa. Sie saß mit ihrer Freundin und Mary Redfeather im Wohnzimmer und trank Tee. Die Pensionswirtin kochte den besten Tee der Stadt, versetzte ihn mit Waldbeeren und etwas Rum, den sie bei einem befreundeten Schiffskapitän kaufte. »Aber selbst mit den vielen Goldgräbern leben dort immer noch weniger Menschen als hier. Da ist genug Platz. Wenn wir wollten, könnten wir unser Blockhaus an einer Stelle bauen, die viele Tagesreisen von der nächsten Ortschaft entfernt liegt.«
»Aber hier seid ihr doch sicher! Meine Söhne haben sich nicht gemeldet. Frank Whittler ist nicht umgekehrt. Er ist wahrscheinlich schon auf dem Heimweg nach Vancouver. Ein Mann wie er hat doch sicher was Besseres zu tun, als eine ehemalige Hausangestellte zu jagen. Mit dem vielen Geld, das er auf dem Konto hat, kann er sich die Frauen doch aussuchen. Es gibt genug verrückte Frauen, die sich wegen ein paar Dollar mit so einem einlassen.«
»Er hat es auf mich abgesehen, Maggie, und er wird erst zufrieden sein, wenn er sich an mir gerächt hat. So leicht lässt sich der nicht abschütteln. Alex und ich würden lieber bleiben, das kannst du mir glauben, aber wenn wir es darauf ankommen lassen, landen wir vielleicht beide im Gefängnis. Du weißt nicht, wie rabiat Whittler sein kann. Er ist unberechenbar. Der hätte mich umgebracht, wenn ich nicht rechtzeitig geflohen wäre. Er ist verrückt!«
»Wir werden dich vermissen«, sagte Mary Redfeather.
»Und ich werde euch vermissen«, erwiderte Clarissa. »Glaube mir, es fällt uns bestimmt nicht leicht, von hier wegzugehen. Wir mögen die Gegend und haben hier viele neue Freunde gewonnen. Aber es geht leider nicht anders, zumindest im Augenblick. Vielleicht kommen wir später mal zurück, obwohl ich bezweifele, dass Whittler jemals aufgeben wird.« Sie nippte an ihrem heißen Tee und vermied es, ihren Freundinnen in die Augen zu blicken, weil sie dann sofort losgeheult hätte. »Kümmerst du dich um unsere … um unsere Hütte, Maggie? Vielleicht könnte einer deiner Söhne dort einziehen, dann wüsste ich wenigstens, dass sie in guten Händen ist. Die Möbel sind noch alle drin.«
Maggie war ebenfalls den Tränen nahe. »Natürlich … Vielen Dank.«
»Und du, Mary, kannst die Hunde haben. Alle außer Smoky, den nehmen wir nach Alaska mit. Du wolltest dir doch sowieso einen Schlitten zulegen.«
»Aber nur, wenn ich dafür zahlen darf«, wandte die Pensionswirtin ein. »So ein Neuanfang ist teuer, und ihr braucht wahrscheinlich jeden Dollar.«
Clarissa lachte. »Es sei denn, wir stoßen auf eine Goldmine.«
In dieser Nacht schlief sie sehr unruhig. Immer wieder tauchte das Bild des geheimnisvollen Wolfes vor ihren Augen auf, wie er ihr während der Rückfahrt den Weg versperrt und durch seine Gesten vor Whittlers Rückkehr gewarnt hatte. Ihren Freundinnen hatte sie nichts von Bones erzählt. Sie wussten nichts von der eindringlichen Warnung, die sie in seinen gelben Augen gesehen
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