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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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darauf reagieren würde; doch sie war immer noch verärgert über die Art, mit der er sie zwang, in seinem Lager zu bleiben.
    »Raine reicht vollkommen«, sagte er und sah lächelnd über die Schulter. »Ich finde, die gesellschaftlichen Umgangsformen eignen sich nicht recht für diesen Ort. Und wie darf ich dich nennen? «
    Clarissa wollte ihm eine Antwort darauf geben, doch Rosamund zog so heftig an ihrem Bein, daß sie unwillkürlich aufschrie und von ihrem Sitz emporfuhr. Sie versuchte, die Tränen zu unterdrücken, biß die Zähne zusammen und sagte: »Alexander Blakkett. «
    »Was fehlt dem Burschen? « fragte Raine.
    »Er hat ein paar Muskeln überdehnt, und dagegen kann man nichts anderes tun als einen Verband anlegen und warten, bis es von selbst heilt. Vielleicht könnte ich heute abend einen heißen Brei auflegen, doch eine andere Medizin kann ich nicht anbieten. «
    Raine ignorierte Clarissas Was — habe — ich — dir — gesagt — Blick, während Rosamund die Zeltklappe hochhielt und sich von ihr verabschiedete.
    Während Raine ihr nachsah, zog sich Clarissa blitzschnell wieder an. »Sie ist eine schöne Frau«, sagte sie und versuchte, ihrer Stimme nicht anmerken zu lassen, wie interessiert sie an Raines Antwort war.
    »Sie hält sich nicht für schön«, entgegnete er, »und meiner Erfahrung nach sind Frauen erst schön, wenn sie selbst davon überzeugt sind. «
    »Und zweifellos seid Ihr sehr erfahren mit Frauen. «
    Eine seiner dunklen Augenbrauen wölbte sich, als er ihr zulächelte. »Erhebe dich von deinem mageren Hinterteil, und mach dich nützlich. «
    Clarissa versuchte, sich von seiner persönlichen Bewertung ihres Körpers nicht verletzt zu fühlen, folgte ihm ins Freie und konnte kaum Schritt halten, weil er ein fürchterliches Tempo vorlegte. Ohne anzuhalten, zog er einen großen Laib Schwarz-i brot aus einem improvisierten Backofen aus Ziegelsteinen, brach ihn in zwei Teile und gab ein Stück davon Clarissa, die das Brot mit einiger Verwirrung betrachtete, denn die Ration war größer, als sie normalerweise an einem Tag verzehrte.
    Während Raine das schwere, dickkrustige Brot hinunterschlang, führte er sie durch das Dorf der Geächteten. Alle Behausungen waren aus den verschiedensten Materialien zusammengeschustert, und die Gerüche, die diese wackeligen Gebilde ausströmten, waren entsetzlich. Offensichtlich gab es hier keine sanitären Vorschriften, wie sie in ihrer hübschen, mauerumfriedeten Stadt erlassen waren.
    »Armselig, wie? « fragte Raine, der ihr Gesicht beobachtete. »Was kann man den Leuten schon beibringen, die gewohnt sind, ihre Nachttöpfe vor ihrer eigenen Haustür auszukippen? «
    »Was sind das für Leute? « fragte sie und betrachtete voller Abscheu die schmutzigen, verhärmt aussehenden Frauen, die geschäftig hin-und hereilten und ihren Haushalt versorgten, während die Männer auf dem Boden hockten, spuckten und hin und wieder mit unverschämten Augen zu Raine und Clarissa emporsahen. Ohne zu merken, was sie tat, drängte sie sich näher an Raine.
    »Der dort«, sagte er und deutete mit dem Finger, »der hat vier Frauen umgebracht. « Seine Stimme verriet einen herzlichen Widerwillen. »Halte dich von ihm entfernt. Er terrorisiert gerne Leute, die kleiner sind als er. Und der Mann dort mit der Klappe über dem Auge ist der, Schwarze Renner’, ein ehemaliger Straßenräuber. Er wurde so berühmt, daß er sich am Gipfel seiner Karriere vom Geschäft zurückziehen mußte«, fügte er sarkastisch hinzu.
    »Und die dort? Die Männer, die um das Feuer hocken? «
    Raine runzelte leicht die Stirn. »Die leiden unter Melancholie. Das sind Bauern, die durch das Einfriedungsgesetz von ihrem Land vertrieben wurden. Sie können nichts anderes als pflügen und melken, und soweit ich das beurteilen kann, wollen sie nichts Neues hinzulernen. «
    »Umfriedungsgesetz! « keuchte sie. »Kein Wunder, daß sie Euch hassen.
    »Mich? « fragte er ehrlich erstaunt. »Warum sollten sie mich hassen? «
    »Ihr habt ihnen die Farmen weggenommen, um das Land, das sie ernährte, Zäune errichtet und Eure abscheulichen Schafe darauf getrieben«, sagte sie im selbstgefälligen Ton. Er sollte ruhig wissen, daß nicht jeder aus dem gemeinen Volk so ungebildet war wie diese gesetzlosen Gesellen.
    »Hab’ ich das? « sagte er, ohne zu lächeln; doch ein Grübchen verriet, daß er sich insgeheim über sie lustig machte. »Beurteilst du stets eine ganze Gruppe von Leuten nach den Handlungen

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