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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Chatworth’s Schloß —, und da war Jocelin ihr Liebhaber gewesen. Wenn Joss sie nun ansah, was selten geschah, so verzog sich sein Mund zu einem Fauchen, und seine Augen funkelten vor Haß. Und das alles nur wegen dieser abscheulichen Hure Constance! Constance hatte ihr Joss weggenommen, hatte ihn für alle anderen Frauen unempfindlich gemacht. Jocelin, der den ganzen Tag lachte und sang, drei Frauen zugleich in sein Bett nahm und sie alle glücklich machte, verhielt sich nun wie ein Priester, der ein Keuschheitsgelübde abgelegt hatte. Doch in jüngster Zeit betrachtete er die vom Teufel gebrandmarkte Rosamund mit nicht mehr so gleichgültigen Augen.
    Und nun verlor sie auch Raine — den großartigen, gutaussehenden, mächtigen, reichen Raine. Und an wen? An einen mageren, kurzhaarigen, flachbrüstigen Jungen, der auch ein Mädchen sein konnte. Wenn sie sich Männerkleider anzog, überlegte Blanche, würde niemand sie mit einem Jungen verwechseln. Doch dieser Alexander, oder wie er auch immer heißen mochte, besaß keine weiblichen Rundungen und hatte ein Gesicht wie eine Elfe. Warum war Raine so sehr in sie vergafft? Sie war keine hochgeborene Lady, sondern stammte aus derselben Schicht wie Blanche. Ehe Alexander ins Lager gekommen war, hatte Blanche für Raines Wohl gesorgt, und einmal — was für eine herrliche Nacht! — hatte sie sein Lager geteilt. Das würde nun wahrscheinlich nie mehr geschehen — falls sie sich nicht dieses Alexanders entledigen konnte.
    Mit einem neuen, entschlossenen Blick auf ihrem Gesicht kehrte sie ins Lager zurück.
    Wochenlang bemühte sich Clarissa nach Kräften, Raine von einer Kriegserklärung an Roger Chatworth abzuhalten. Jede Woche gingen Briefe zwischen der Burg der Montgomerys und dem Lager der Verbannten hin und her. Mehr als einmal dankte Clarissa dem Himmel, daß Lord Raine nicht lesen konnte, denn am Fuß der Briefe, die sie an Gavin schickte, fügte sie immer ein Postscriptum ihrer Version der Wahrheit bei. Sie berichtete Gavin, wie Raines Zorn mit jedem Tag wuchs, wie er sich immer härter auf dem Übungsfeld abrackerte, um sich auf den Kampf mit Chatworth vorzubereiten.
    Im Gegenzug schrieb Gavin, daß Alicia inzwischen gefunden worden sei und im August ein Kind erwartete. Er schrieb von dem Zorn des jüngsten Bruders über den Tod ihrer Schwester, und daß man Miles zu Verwandten auf die Isle of Wight geschickt habe in der Hoffnung, daß ihr Onkel Miles’ Jähzorn abkühlen könne. In etwas launigeren Worten schrieb Gavin, daß nun ihr Onkel von Jähzorn ergriffen sei, weil sein Mündel sich in Miles verliebt und gelobt habe, ihm bis zum Ende der Welt zu folgen.
    »Was ist dein jüngster Bruder für ein Mensch? « fragte Clarissa neugierig.
    »Frauen mögen Miles«, war alles, was Raine über ihn sagen wollte. Er war in diesen Tagen nur noch düsterer Stimmung. Selbst sein Liebesakt hatte etwas Verzweifeltes.
    Ein anderer Bruder, Stephen, schrieb von Schottland. Der Brief berührte Clarissa seltsam, da er mit abfälligen Urteilen über die Engländer gespickt war und die schlechte Ernte dieses Jahres beklagte.
    »Ist dein Bruder Schotte? « fragte sie.
    »Er ist mit der MacArran verheiratet und hat ihren Namen angenommen. «
    »Er hat einen guten englischen Namen für einen schottischen aufgegeben? « meinte sie ungläubig.
    »Alicia kann einen Mann dazu bringen, daß er alles für sie tut«, erwiderte Raine kurz angebunden.
    Clarissa biß sich auf die Zunge, damit sie sich nicht bissig über die müßiggehenden reichen Damen ausließ, die Raine bisher geliebt hatte. Einmal machte sie doch eine solche Bemerkung und brachte Raine zum Lächeln.
    »Judith«, sagte er mit so viel Sehnsucht, daß Clarissa zusammenzuckte. »Ich habe in meinem ganzen Leben nicht einen Tag so hart gearbeitet, wie sie das täglich tut. «
    »Sehr ritterlich von dir«, schnaubte Clarissa, die das nicht glauben wollte.
    Im April gerieten die Dinge in Bewegung. Den Winter über schien im Lager der Verbannten so etwas wie Burgfrieden zu herrschen; doch als die Bäume zu knospen begannen und ein Hauch von Frühling durch den Wald zog, begannen sie zu kämpfen. Nicht auf offene Weise Mann gegen Mann, sondern hinterlistig, indem sie unbemerkt jemand von hinten niederschlugen.
    Raines Arbeit vermehrte sich um das Hundertfache. Er war entschlossen, die Ordnung im Lager aufrechtzuerhalten.
    »Warum quälst du dich so? « fuhr Clarissa ihn an. »Sie sind deine Zeit nicht wert. «
    Zum erstenmal

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