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Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
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Anflug mürrischer Schicksalsergebenheit in
Maries Augen, als er ins Haus kam und seine Strickjacke mit
einem Jackett vertauschte. Er erinnerte sich, wie er einmal in der
Schule eine Nacherzählung über etwas schreiben mußte, das er
gelesen hatte. Er wählte sich die Kurzgeschichte von einem
Mann aus, der eines Tages verschwindet, so daß seine Frau
denkt, er sei tot, »und so richtete sie sich bequem in ihrem Leben als Witwe ein«. Marie hatte sich bequem in ihrem Leben
ohne ihn eingerichtet.
Er mußte den Tatsachen ins Auge sehen. Sie wollte ihn gar
nicht zurückhaben. Seine Kinder wären erleichtert, wenn er
spurlos verschwände; besser noch, wenn er eines schönen, sauberen, natürlichen Todes stürbe, der auch später für ihre Kinder
keiner Erklärung bedurfte. Wenn sie nur wüßten, wie nahe die
Erfüllung dieser Wünsche schon war!
»Willst du etwas zu Abend essen, wenn du nach Hause
kommst?« fragte Marie. »Ich habe heute Spätschicht, aber ich
könnte dir etwas vorbereiten und in den Eisschrank stellen.«
»Nicht nötig.«
Während der ganzen Fahrt durch Brooklyn bis hinüber nach
Manhattan saß er schweigend im Wagen. Im Klub hatte sich
nichts verändert. Von außen sah es noch immer nach einem
schäbigen Lokal aus. Drinnen standen die Kartentische mit den
Stühlen rundherum bereit für die Spieler. Da war die riesengroße, matt gewordene Espressomaschine, dort das Münztelefon,
das, wie jedermann wußte, abgehört wurde.
Der einzige Unterschied zeigte sich in der Haltung der »Familie«. O ja, sie scharten sich um ihn, begrüßten ihn ehrerbietig,
hießen ihn mit aufgesetztem Lächeln willkommen. Aber er
durchschaute sie.
Er war froh, als es Zeit wurde, in die Mulberry Street zu gehen. Wenigstens Mario, der Besitzer des Restaurants, schien
sich zu freuen, ihn zu sehen. Das private Hinterzimmer war für
sie vorbereitet. Die Teigwaren und Vorspeisen hatte er schon in
früheren Jahren am liebsten gemocht. Nicky begann sich zu entspannen und fühlte wieder etwas von der alten Kraft in seinen
Körper zurückkommen. Er wartete, bis der Nachtisch, cannoli, mit viel starkem, schwarzem Espresso gebracht wurde, ehe er
jedem der zehn Männer, die rechts und links von ihm in zwei
gleichen Reihen wie Zinnsoldaten saßen, ins Gesicht sah. Er
nickte und begrüßte damit die zu seiner Rechten, dann die zu
seiner Linken. Zwei Gesichter waren neu für ihn. Der eine sah in
Ordnung aus. Der andere wurde ihm als »Carmen Machado«
vorgestellt.
Nicky musterte ihn eingehend. Um die dreißig, mit dichten
dunklen Haaren und Brauen, platter Nase, sehr hager, aber zäh.
Er war seit drei, vier Jahren dabei. Alfie hatte ihn im Kittchen
kennengelernt, sagten sie, als er wegen eines Autodiebstahls saß.
Nicky mißtraute ihm instinktiv. Er wollte Joey ausquetschen,
wieviel sie wirklich über ihn wußten.
Sein Blick blieb auf Joey haften. Joey, der nach sechs Jahren
rausgekommen war, der die Führung übernommen hatte, während er, Nicky, eingesperrt blieb. Joeys rundes Gesicht war von
Fältchen durchzogen, die ein Lächeln darstellen sollten. Joey
sah aus wie die Katze, die den Kanarienvogel gefressen hat.
Nicky verspürte ein Brennen in der Brust. Auf einmal lag ihm
das Essen schwer im Magen. »Also gut, dann sagt mir jetzt, was
ihr auf dem Herzen habt«, forderte er Joey auf.
Joey lächelte immer noch. »Mit Verlaub gesagt, habe ich
großartige Neuigkeiten. Wir wissen alle, was du von dem
Schweinehund Kearney hältst. Aber hör, was jetzt kommt. Es
läuft ein Mordkontrakt auf seine Tochter. Und er ist nicht von
uns! Steuber wird sie beseitigen lassen. Das ist fast so etwas wie
ein Geschenk für dich.«
Nicky sprang auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Von
Wut übermannt, hämmerte er auf die schwere Eichenplatte. »Ihr
verdammten Idioten!« brüllte er. »Ihr stinkenden, dämlichen
Hurenböcke! Macht ihn sofort rückgängig!« Er erhaschte einen
flüchtigen Blick von Carmen Machado und wußte, daß er einem
Polizisten ins Gesicht sah. »Macht ihn rückgängig. Ich verlange
von euch, daß ihr den Kontrakt annulliert! Verstanden?«
Der Ausdruck in Joeys Gesicht wandelte sich von Furcht zu
Besorgnis und dann zu Mitleid. »Nicky, du weißt sehr gut, daß
das unmöglich ist. Niemand kann einen Kontrakt wieder aufheben. Es ist zu spät.«
Eine Viertelstunde später befand sich Nicky neben dem
schweigend hinter dem Steuer sitzenden Louie auf dem Heimweg nach Belle Harbour. Seine

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