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Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
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anders besinnt. Ich meine, ich habe nichts Schriftliches
von ihr. Findest du nicht, ich sollte ihr einfach den gewohnten
Scheck schicken, damit sie ihn zurücksenden kann? Ich glaube,
das wäre das beste. Dann hätten wir nämlich etwas Rechtsgültiges, ich meine, einen Beweis, daß sie einverstanden ist, wenn
ich mit den Zahlungen aufhöre.«
    Seine Stimme erstickte zu einem Keuchen, als eine schmerzhafte Ohrfeige seinen Kopf gegen die linke Schulter schnellen
ließ. Er blickte auf und zuckte zusammen, als er die Empörung
und den mörderischen Haß in Ruths Gesicht sah. Denselben
Ausdruck hatte er erst vor ein paar Tagen auf einem anderen
Gesicht gesehen.
    Doch dann erschienen hellrote Flecken auf Ruths Backenknochen, und Tränen der Erschöpfung stiegen ihr in die Augen.
»Verzeih mir, Seamus. Ich habe einfach die Nerven verloren.«
Ihre Stimme versagte. Sie biß sich auf die Lippen und gab sich
einen Ruck. »Aber keine weiteren Schecks. Sie soll sich unterstehen, ihr Wort zurückzunehmen! Eher bringe ich sie eigenhändig um, als daß ich dich noch einen einzigen Cent an sie bezahlen lasse.«

6
    Am Mittwoch morgen erzählte Neeve ihrem Vater von den Befürchtungen, die sie wegen Ethel hegte. Während sie mit besorgt
gerunzelter Stirn einen Toast mit Rahmkäse bestrich, sprach sie
die Überlegungen aus, die sie die halbe Nacht wachgehalten
hatten. »Ethel ist zwar schusselig genug, ohne ihre neuen Kleider abzufliegen, aber sie hatte für Freitag eine Verabredung mit
ihrem Neffen.«
»Behauptet er«, warf Myles ein.
    »Genau. Ich weiß, daß sie am Donnerstag ihren Artikel abgeliefert hat. Donnerstag war eiskaltes Wetter, und gegen Abend
fing es an zu schneien. Freitag war der reinste Wintertag.«
    »Du mauserst dich noch zum Meteorologen«, bemerkte Myles.
»Ernstlich, Myles, irgend etwas kann da nicht stimmen. Alle
warmen Mäntel hingen in Ethels Kleiderschrank.«
»Neeve, die Frau wird ewig leben. Ich sehe geradezu, wie der
liebe Gott und der Teufel sie sich gegenseitig zuschieben: Nimm
sie nur, sie gehört dir!« Myles freute sich über seinen eigenen
Witz.
Neeve machte eine verzweifelte Miene, weil er ihre Besorgnis
nicht ernst nahm; zugleich war sie für den scherzhaften Ton
dankbar. Ein frischer Luftzug drang durch den Spalt des ein wenig offenstehenden Küchenfensters und legte sich über die Abgasgerüche der Tausenden von Autos, die unten auf der
Schnellstraße am Hudson River entlangfuhren. Der Schnee verschwand ebenso rasch, wie er gekommen war. Der Frühling lag in
der Luft, was wohl dazu beigetragen hatte, daß Myles wieder
besserer Stimmung war. Oder gab es noch einen anderen Grund?
Neeve stand auf, holte die Kaffeekanne vom Herd und füllte
ihre beiden Tassen nach. »Du scheinst ja heute recht aufgekratzt«, bemerkte sie. »Bedeutet das, daß du aufgehört hast, dich
wegen Nicky Sepetti zu sorgen?«
»Nun ja, ich habe mit Herb gesprochen und bin beruhigt, daß
Nicky nicht einmal die Zähne putzen kann, ohne daß einer unserer Leute seine Plomben zählt.«
»Aha.« Neeve wußte, daß es nicht ratsam war, Myles weitere
Fragen zu stellen. »Hauptsache, daß du meinetwegen nicht mehr
ständig beunruhigt bist.« Sie sah auf ihre Uhr. »Langsam muß
ich mich fertig machen.« An der Küchentür zögerte sie. »Myles,
ich kenne Ethels Garderobe wie meine eigene. Sie ist am Donnerstag oder Freitag ohne Mantel verschwunden. Findest du
dafür eine Erklärung?« Myles ließ die New York Times, die er
gerade zu lesen begonnen hatte, geduldig wieder sinken. »Laß
uns das ›Denk-mal-Spiel‹ spielen, Neeve. Denk mal, daß Ethel
in irgendeinem anderen Geschäft einen Mantel gesehen und
gefunden hat, den könnte sie jetzt gerade gebrauchen.«
Das ›Denk-mal-Spiel‹ hatten sie erfunden, als die vierjährige
Neeve sich verbotenerweise eine Flasche Coca-Cola aus dem
Eisschrank genommen hatte. Myles hatte sie erwischt, als sie
eben den letzten Tropfen austrank, und sie streng angesehen.
»Ich habe eine gute Idee, Papa«, hatte sie eilig gesagt. »Wir
spielen das ›Denk-mal-Spiel‹. Denk mal, das wär Apfelsaft.«
Neeve kam sich plötzlich lächerlich vor. »Genau darum bist
du der Polizist, und ich bin für die Modeboutique zuständig.«
Doch als sie geduscht und sich fertig angezogen hatte, war ihr
der Trugschluß in Myles’ Überlegungen aufgegangen. Das Coca-Cola war damals auch kein Apfelsaft gewesen. Und jetzt hätte sie alles, was sie besaß, verwettet, daß Ethel nicht

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