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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zündete ich meine kleine Lampe an und begann zu essen … da klopfte es bei mir an die Wand …
    – Das war ich, Kinko, ich selbst, und wir hätten uns bereits in jener Nacht kennen gelernt, wenn der Zug nicht in dem Augenblicke, wo ich Sie anreden wollte, einen recht heftigen Stoß bekommen hätte und gleich langsamer gefahren wäre. Ein Dromedar war so ungeschickt gewesen, auf das Gleis zu gerathen, und ich hatte kaum Zeit, nach der Plattform hinauszukommen ….
    – Das waren Sie also! ruft Kinko. Ich athme wieder auf! … Welche Angst hab’ ich ausgestanden! … Irgend Jemand wußte, daß ich in diesem Kasten versteckt war … ich sah mich entdeckt, den Bahnbeamten übergeben, verhaftet, in Merv oder Bukhara ins Gefängniß geworfen, denn sie versteht keinen Spaß, die russische Polizei. Und meine arme Zinca hätte mich vergeblich erwartet … vielleicht nie wiedergesehen … wenn ich die Reise nicht zu Fuße zurücklegte …. Und doch, das hätt’ ich gethan, mein Herr, das hätt’ ich unbedingt gethan!«
    Das erklärt er in so entschlossenem Tone, daß es unmöglich ist, in dem jungen Rumänen nicht eine außergewöhnliche Energie zu erkennen.
    »Wackrer Kinko, hab’ ich geantwortet, ich bedaure herzlich, Ihnen so viel Angst bereitet zu haben. Jetzt sind Sie doch beruhigt, und ich meine, Ihre Aussichten haben sich, seit wir zwei Freunde geworden sind, eher verbessert.«
    Ich bitte nun Kinko, mir zu zeigen, wie er sich in seinem Kasten eingerichtet hat.
    Sehr einfach und wohlberechnet. Im Hintergrunde eine Bank, auf der er sitzt, mit dem nöthigen Raume, die Beine ausstrecken zu können, wenn er sie schräg vorschiebt. Unter dem Sitze und noch mittelst Deckel verschlossen, einige Vorräthe, Tischgeräth, das nur aus einem Taschenmesser und einem metallenen Trinkgefäß besteht, ferner ein Ueberziehrock und eine Decke, die an einem Nagel hängen, und endlich die kleine, an der Wand befestigte Lampe, deren er sich zu geeigneter Zeit bedient.
    Natürlich gestattet die bewegliche Vorderwand dem Gefangenen, sein enges Gefängniß im Nothfall sofort zu verlassen. Wäre der Kasten aber mitten unter die andren Frachtstücke gestellt worden und hätten die Bahnarbeiter ihn nicht mit der, seiner »Zerbrechlichkeit« zukommenden Vorsicht behandelt, so hätte er die Schiebewand nicht bewegen können und wohl vor Beendigung der Fahrt um Erlösung und Gnade bitten müssen. Zum Glück giebt es ja einen Gott der Verlobten, und die wohlwollende himmlische Hilfe hat sich in dem Falle Kinkos und Zinca Klork’s nach allen Seiten gezeigt Der Bursche sagt mir auch, daß er jede Nacht im Packwagen ein wenig umherspaziert und es ihm einmal sogar gelungen sei, auf den Perron des Bahnhofs auszusteigen.
    »Ich weiß es, Kinko, das war auf der Station Bukhara …. Ich habe Sie gesehen ….
    – Sie hatten mich gesehen? …
    – Ja, und ich glaubte sogar, Sie wollten entfliehen. Als ich Sie indeß gewahr wurde und doch schon wußte, daß Sie im Packwagen als Frachtstück reisten, da hab’ ich Sie scharf im Auge behalten, während es sonst keinem Menschen einfiel, Sie zu beachten. Immerhin ist das gefährlich; versuchen Sie es nicht wieder und überlassen Sie mir die Sorge, Ihnen das Nöthige zuzustecken, sobald sich Gelegenheit dazu bietet.
    – Ich danke Ihnen, Herr Bombarnac, ich danke! Für später glaub ich nun keine Entdeckung fürchten zu müssen, wenn nicht etwa an der chinesischen Grenze oder vielmehr in Kaschgar …
    – Und warum?
    – Weil die Zollrevision der nach China einzuführenden Waaren dort mit besonderer Strenge gehandhabt wird. Ich fürchte, man untersucht daselbst die Frachtstücke, und mein Kasten …
    – Ja, freilich, Kinko, fall’ ich ihm ins Wort, das dürfte einige schwere Stunden geben ….
    – Wenn ich entdeckt würde …
    – Ich werde bei der Hand sein und mein Möglichstes thun, damit Ihnen nichts widerfährt.
    – O, Herr Bombarnae, wie werd ich Ihnen vergelten können! ruft Kinko im aufwallenden Gefühl der Dankbarkeit.
    – Sehr leicht, Freund Kinko.
    – Und wodurch?
    – Dadurch, daß Sie mich zu Ihrer Trauung mit der schönen Zinca einladen …. Ich möchte bei der Hochzeit anwesend sein ….
    – Das versteht sich von selbst, Herr Bombarnae, und Zinca wird Sie umarmen …
    – Und damit nur ihre Pflicht thun, ich aber der meinigen nur genügen, indem ich für einen Kuß zwei zurückgebe.«
    Wir wechseln noch einen letzten Händedruck, und ich glaube wahrlich, der brave Bursche hat feuchte

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