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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Doctor Tio-King sacht sich nützlich zu machen …. freilich nach Art des berühmten »August« in den Reiterbuden der Jahrmärkte.
    Zum Teufel, das ist aber warm; sie brennt gehörig, diese Sonne von Gobi, der »Strahlenhäuptling«, wie Herr Caterna sich gern ausdrückt.
    Nur Sir Francis Trevellyan von Trevellyan-Hall bleibt ruhig in seinem Wagen sitzen. Diesem Gentleman geht die ganze Geschichte offenbar gar nichts an.
    Um sieben Uhr ist die Strecke dreißig Meter weit nothdürftig hergestellt. Jetzt kommt schon die Nacht und so beschließen wir denn, bis zum folgenden Morgen auszuruhen. Ein halber Tag wird hinreichen, die Arbeit zu vollenden, und bald nach Mittag muß der Zug abfahren können.
    Wir haben wüthenden Hunger und sind wie zerschlagen. Nach so harter Arbeit bekommt der Mensch Appetit! Alle finden sich im Dining-car zusammen, wie sie kommen, ohne Unterschied der Wagenclasse. An Lebensmitteln fehlt es nicht, und so legen wir eine tüchtige Bresche in die Vorräthe der Speisekammer. Was thut’s? In Tcharkalyk kann man diese ja wieder ersetzen.
    Herr Caterna ist ganz besonders aufgeräumt, er lacht, schwatzt, stichelt auf den Einen oder den Andern, kurz, er ist ganz aus dem Häuschen. Beim Nachtisch intoniren Herr und Frau Caterna ein der Situation ganz angepaßtes Liedchen aus der »Reise nach China«, dessen Refrain wir mit mehr gutem Willen als kunstgerecht wiederholen:
     
    O, China ist ein schönes Land
    Für Jeden, der dort wohlbekannt ….
     
    Labiche, hättest Du wohl je geahnt, daß dieses herrliche Lied auch einmal verunglückte Reisende der Groß-Transasiatischen Bahn entzücken sollte?
    Da kommt unserm Komiker eine – nun ja, eine etwas kühne – Idee … und welche? … Warum soll denn die durch den Ueberfall auf den Zug unterbrochene Trauung nicht wieder aufgenommen werden? … Warum soll die Verkündigung der Ehe ausbleiben?
    »Welcher Ehe? fragt Fulk Ephrjuell.
    – Nun, die der Ihrigen, mein Herr, Ihrer eignen … erwidert Herr Caterna. Haben Sie gar nicht mehr daran gedacht? … Das wäre kein schöner Zug von Ihnen!«
    In der That scheint weder Fulk Ephrinell, noch Miß Horatia Bluett sich zu erinnern, daß sie ohne den Angriff Ki-Tsang’s und seiner Bande jetzt durch die sanften Bande Hymens vereinigt wären.
    Für den Augenblick sind freilich Alle viel zu müde. Der Reverend Nathaniel Morse kann nicht mehr. Er hätte nicht mehr die Kraft, die jungen Gatten einzusegnen, und diese nicht die Kräfte, seinen Segen zu vertragen. Die Ceremonie soll also auf übermorgen verschoben bleiben. Zwischen Tcharkalyk und Lan-Tcheu liegt eine Strecke von neunhundert Kilometern, und das ist mehr, als man zur Verkuppelung des englisch-amerikanischen Paares nöthig hat.
    Jedermann sucht nun auf seinem Lager oder auf den Bänken einen erquickenden Schlaf.
    Natürlich werden keine Vorsichtsmaßregeln vergessen.
    So unwahrscheinlich es nach der Tödtung ihres Führers sein mag, könnten die Banditen doch noch einen nächtlichen Ueberfall versuchen. Die Satansmillionen des Sohnes des Himmels sind ja noch immer da, um ihre Habgier zu reizen, und wenn wir nicht auf der Hut wären ….
    Der Seigneur Farusklar in eigner Person hat es übernommen, die Umgebung des Zuges scharf überwachen zu lassen. Seit dem Tode des Officiers führt er den Befehl über die chinesische Begleitmannschaft. Ghangir und er selbst werden den kaiserlichen Schatz bewachen und, wie Herr Caterna sagt, der wegen eines Citats aus dem Repertoir der komischen Oper nie verlegen ist:
    »Diese Nacht werden die Ehrenjungfrauen wohl behütet sein!«
    Und wahrlich, das konnte für den kaiserlichen Schatz noch in höherem Grade gelten, als für die schöne Athénaïs de Solange zwischen dem ersten und zweiten Acte der »Musketiere der Königin«.
    Mit dem ersten Grauen des folgenden Tages geht es wieder an die Arbeit. Das Wetter ist herrlich, wenn der Tag auch voraussichtlich warm wird. Am 24. Mai und mitten in der Wüste Centralasiens herrscht eine solche Temperatur, daß man bequem Eier sieden könnte, wenn man sie nur mit ein wenig Sand bedeckt.
    Niemand läßt in seinem Eifer nach … Alle arbeiten wie am Vortage, die Wiederherstellung des Gleises schreitet regelmäßig fort. Die auf die Schwellen verlegten Schienen stoßen allmählich mit ihren Köpfen aneinander, und gegen vier Uhr Nachmittags kann die Stelle wieder mit Vorsicht befahren werden.
    Sofort beginnt die jetzt wieder unter Dampf gesetzte Maschine sich zu bewegen; ihr folgen

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