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Claustria (German Edition)

Claustria (German Edition)

Titel: Claustria (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Régis Jauffret
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Sache und versicherte dem Anwalt, dass ich in der Tat ein braver Unternehmer sei, dem im Leben einzig daran gelegen war, friedlich etwas vom Kuchen der Informatik abzubekommen.
    „ I want to be rich a lot. That’s all. “
    Er brach in Gelächter aus, hielt die Kiefer aber um seine Zigarre herum geschlossen. Er zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und schloss die Tür auf.
    „ You’re welcome in the monster’s little house. “
    Der Strom war abgestellt, lediglich aus dem Oberlicht zum Garten hin fiel ein wenig Licht auf den Gang. An den Wänden waren noch Spuren von Bilderrahmen. Fritzl hatte der Polizei gesagt, dass er die Pläne der Betonmischmaschinen, die er erfunden hatte, gern an die Wand gehängt hatte. Trotz seiner Mühen war kein Unternehmen je versucht gewesen, eine Herstellung ins Auge zu fassen.
    „Ich mag Kinder und Beton.“
    „Den Keller aber haben Sie nicht betoniert.“
    „Man hätte den Garten ausheben müssen, um eine offene Baugrube zu bekommen.“
    Der Polizist hatte diese Äußerungen durchsickern lassen, am nächsten Tag waren sie in den Schlagzeilen der New York Post .
    Besichtigung der Apartments im Erdgeschoss im Licht des Handydisplays des Anwalts. Die Fensterläden öffnete er nicht. Es roch nach Schimmel, Unrat und nach seiner Zigarre, an der er ausgiebig paffte, wie um den Gestank im Rauch zu ersticken.
    Das letzte Apartment, das wir betraten, war das, wo der Hund gewohnt hatte. Ein Geruch nach überschwemmtem Keller, die Zimmerdecke stockfleckig vor Feuchtigkeit, an einer Wand ein Riss, der schwarzes Wasser ausschwitzte. Wie in allen anderen Wohnungen war auch hier jahrealter, grünlich gewordener Staub eingeschlossen. Der Anwalt beleuchtete einen Teil des Bodens, wo die Staubschicht beseitigt worden war.
    „Die Spuren des berühmten Hundes.“
    Bei jeder Besichtigung musste er die Kratzspuren auf dem Teppichboden vorführen und das große Loch, durch das man die gestampfte Erde sah.
    „Und schauen Sie sich auch das an.“
    Bissspuren am Heizkörper.
    „Ein Labrador als Eisenfresser. Der hätte im Zirkus auftreten können.“
    Wir gingen wieder zurück. Im Hauseingang machte er mich auf den hinteren Teil einer Artilleriegranate aufmerksam, die zum Schirmständer umfunktioniert worden war. Ein Wanderstock, ein kaputter Regenschirm und einer dieser langen Stäbe zum Reinigen von Gewehren.
    „Den hat er wohl als Schlagstock benutzt.“
    Der Anwalt ging zur Treppe.
    „Seien Sie vorsichtig, ich habe mir schon auf diesen ruinösen Treppen den Kopf eingerannt.“
    Eine Betontreppe, an der der Zahn der Zeit genagt hatte, stellenweise bröckelte sie, die rostige Armierung war zu sehen.
    Im ersten Stock ein quadratischer Treppenabsatz. Hinter uns führte die Treppe weiter hinauf, rechts war eine Tür. Abblätternde beige Farbe, ein großer Türspion. Der Anwalt reichte mir sein Handy, damit ich ihm leuchtete.
    Das Gestänge quietschte, als er den Schlüssel in dem alten Dreipunkteschloss drehte. Wir betraten die Wohnung der Familie Fritzl. Schmutziger, klebriger Bodenbelag, die Sohle blieb hängen, wenn sie nicht rutschte wie auf einer Eisplatte. Die Räume waren nicht alle auf demselben Niveau, in einige musste man hinunter-, in andere hinaufsteigen.
    Über zwei ungleiche Stufen kamen wir in die Küche hinauf. Vergilbtes Linoleum war auf einen Dielenboden geklebt, einige Bretter waren verzogen, sahen feucht und morsch aus. Die Spüle war bräunlich, so alt und dreckig war sie. Ein alter Herd aus emailliertem Blech, eine Kochplatte fehlte, der Griff der Backofentür war abgerissen, sie war mit einem Stück Kabel zugebunden.
    Eine neuere Waschmaschine mit dem Abdruck eines heißen Topfes auf der Platte. Ein weit offen stehender Kühlschrank, vertrocknete Reste im klaffenden Gemüsefach, eine Flasche Milch in der Tür. Ein Holztisch mit einer Wachstuchdecke, deren Hauptmotiv – eine einzelne, mit Bläschen marmorierte Ziege – der Anwalt kurz beschien.
    Da waren noch eine schmutzige Schüssel und ein schimmelgrüner Teller, Spuren des letzten Mittagessens, das Anneliese zu sich genommen hatte, bevor sie einen anderen Namen bekam und weit weg von Amstetten untergebracht wurde. Das Licht des Displays wanderte darüber wie eine Kamera, die den Tatort in kurz aufeinanderfolgenden, dicht beieinander liegenden Bildern zeigte.
    „Haben Sie nicht Lust, sich ein kleines Ragout zu köcheln?“
    Wir gingen wieder in die Diele. Mehrere Kinderzimmer, in einem waren die Fensterläden offen,

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