Claw Trilogy 01 - Fenrir
der fluchte und rief: »Zeigt euch, ihr Feiglinge. Ihr seid keine Männer, sondern Weiber, wenn ihr euch im Dunklen versteckt!«
Jehan erledigte ihn, riss ihm an den Haaren den Kopf zurück und zerfleischte ihm mit den Fingern die Kehle. Dann stieß er den Mann fort, so dass er auf den Hauptplatz taumelte, eine Hand an den Hals gepresst. Der Fackelschein erfasste den tödlich getroffenen Krieger. Es war, als trete der Wikinger bei einem Fest auf die Tanzfläche, und als drängten sich die Gefährten im Takt der Musik um ihn. Der Mann stürzte.
»Was? Was war das?«
»Ein Ungeheuer. Ein Troll und ein Wolf gehen in der Nacht um!«
»Holt Munin! Sie wird ihn vertreiben! Holt Munin!«
Jehan sah aus dem Schatten zu, wie die Wikinger vergeblich versuchten, dem Kameraden zu helfen.
Ein riesiger Mann erhob sich und schlug auf seinen Schild. »Lasst uns diesen Sumpfbewohner finden!«, rief er. Dann war es, als würden alle auf einmal durchdrehen, als wären sie Ratten und ihr toter Kamerad eine Katze. Laut schreiend und mit gezogenen Waffen rannten sie von ihm weg, jeder in eine andere Richtung. Sie hackten auf die Schatten ein, als wollten sie die Finsternis selbst töten. Überall waren Krieger, eilten durch die Dunkelheit, hackten, stachen, kreischten und schlugen.
»Wolf, Wolf, wir werden dich schon erwischen!«
»Odin holt dich, du Trollhexe. Dein Ende ist nahe!«
»Sumpfbewohner, Ungeheuer, zeige dich!«
Wenn eine Axt nach dem Schatten hackte, war Jehan schon verschwunden. Wenn die Klinge weiterzog, stand er dort, wo sie gerade noch gewesen war.
Er verließ den Hof und trat in einen schmalen Durchgang zwischen Kirche und Klostermauer. Dort schlich er tief gebückt entlang.
»Hier ist niemand.« Die Stimme ertönte praktisch direkt über ihm. Er war auf eine Gruppe von vier Angreifern gestoßen. Einer hob eine brennende Fackel und blickte direkt in seine Richtung. Er war etwa zwanzig Schritte entfernt.
»Was ist das da unten?«
»Ein Mönch.«
Die Worte waren die letzten, die der Wikinger je sprechen sollte. Jehan hatte keine Kontrolle mehr über seine Bewegungen. Im Dunklen schienen Gesichter auf, die Augen vor Angst geweitet, Gliedmaßen drohten ihm und waren auf einmal zerfetzt oder gebrochen. Unter den Fingernägeln sammelten sich die Überbleibsel – Haare, Augen, die Haut von Hälsen und Armen. Jehan hockte sich auf die Brust eines Mannes, oder jedenfalls hielt er ihn für einen Mann. Das Gesicht des Wikingers war zerfetzt, das Haupthaar abgerissen. Jetzt erinnerte er an eine Wachsfigur, die in der Sonne geschmolzen war.
Etwas kam langsam auf Jehan zu. Es glänzte im Mondlicht und blitzte auf wie ein kostbarer Stein. Jehan streckte eine Hand aus und nahm es, um es zu betrachten. Es hing an etwas Langem. Er wusste, was dieses Ding war, und suchte nach der richtigen Sprache, um es zu beschreiben. Das ist ein Verletzer. Ein Ding, das verletzt. Es lag ihm auf der Zunge. Etwas hatte den Verletzer nach ihm geworfen. Etwas, das lebte. Er trat vor und zerstörte das Lebewesen, dieses Geschöpf, das den Gegenstand geschleudert hatte. Wie heißt es noch gleich?
Dann fand das Wort über seine Lippen: »Speer.« Ja, ein Speer. Er ließ ihn fallen und stieg über die tote Kreatur hinweg, die ihn geworfen hatte.
Worte kamen ihm in den Sinn: Und segne, was du uns bescheret hast.
Speichel sammelte sich im Mund. Das Gebet hatte etwas zu bedeuten. Im Dunkeln flackerten Fackeln. Was war das für ein Gebet? Es ging um Gnade. Er setzte sich auf den Boden und aß, riss mit Fingern und Zähnen das Fleisch von den Knochen. Genoss die vielen Aromen – das Eisen der Muskeln, die Süße der Leber, den Geruch nach Bauernhof, als er das Gedärm aufriss und den Inhalt betrachtete.
Stimmen. Kriegsgeplapper.
»Grettir! Grettir, er ist hier. Dies ist die Prophezeiung, die du erfüllen sollst. Hier ist der Wolf für dich.«
Die Worte sagten Jehan nichts, als er das Fleisch verschlang. Er hatte zu viel davon gegessen, also übergab er sich und fing erneut an zu essen.
An beiden Enden der Gasse waren Wikinger aufgetaucht und sperrten sie ab. Jehan war es egal. Er war vollauf mit Essen beschäftigt. Es waren viele, mindestens dreißig an jeder Seite.
»Grettir!«
In Richtung des Meeres teilte sich das Gedränge am Ende der Gasse. Ein riesiger Mann trat vor, er hielt Schwert und Schild in Händen und trug ein Kettenhemd und eine Halsberge. Auf dem Kopf saß ein kegelförmiger Helm. Er war vorsichtig, kam mit erhobenem Schwert
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