Claw Trilogy 01 - Fenrir
Krieger, »wenn meine Gefährten deinem Mann den Hals durchgeschnitten haben.«
»Dazu ist es zu spät«, erwiderte einer der Krieger, die auf dem Raben saßen.
»Warum?«
»Er ist tot.«
Ofaeti schürzte die Lippen und nickte. »Einer meiner Leute ist tot, vier von euren sind tot. Scheren sich die Götter um Zahlen?«
»Es ist eine Art Vergeltung, und ich glaube, es reicht, um der Ehre Genüge zu tun«, sagte der blonde Wikinger. »Wir unterstellen uns deinem Befehl, dicker Krieger.«
Leshii ging zu dem toten Raben. Der Körper verlor bereits die Wärme, und einen Puls konnte er nicht entdecken. Er sagte zu ihm: »Dann war deine Bestimmung doch nicht so erhaben, wie du gedacht hast. Trotzdem, mein Freund, es tut mir leid, dass du von uns gegangen bist. Du hast mir mit Taten, wenngleich nicht mit Worten, deine Freundschaft erwiesen, und dafür bin ich dir dankbar.«
Leshii blickte aufs Meer hinaus. Auf nach Haithabu , dachte er, mit hundert Dirham und einem schönen Vorrat an Schwertern. Er machte das Zeichen des Blitzes und blickte zum Himmel hinauf. »Endlich ist mir das Glück hold«, sagte er. Dann dachte er an die Entschlossenheit, mit der er die Halskette ins Wasser geworfen hatte. »Und auch Loki sei Dank«, fügte er hinzu. »Du bist wahrlich ein großzügiger Gott.«
68
Fruchtlose Gebete
J ehan lag ruhig da. In den Gliedmaßen breitete sich ein Eis aus, das mit dem Winter nichts zu tun hatte. Seine Knochen waren verdreht, verbogen, starr und so unnütz wie die Eiszapfen an der Takelage. Er schauderte nicht einmal mehr, sondern war benommen und konnte kaum noch die Augen offen halten. Natürlich konnte er etwas verändern. Er musste nur den Stein vom Hals abnehmen, und der Wolf käme zum Vorschein. Der Wolf würde einen Ausweg finden. Doch er nahm ihn nicht ab. Der Tod, und Jehan war sicher, dass er sterben musste, war dem anderen Weg vorzuziehen.
Im Geist sprach er Psalmen, die jedoch nicht mehr als wirre Worte waren. Die Welt verblasste um ihn. Jede Art Bewegung war ihm unmöglich, sogar das unwillkürliche Wiegen, das ihn seit seiner Kindheit geplagt hatte.
Ihr Gesicht erschien ihm. Die Jungfrau in den Feldern, Aelis in den Feldern. »Suche mich nicht«, hatte sie ihm gesagt. Und doch hatte er es getan. Er hatte sie gefunden, hatte bei ihr gelegen und war glücklich gewesen, die schlimmste aller Sünden – er hatte sein Verbrechen vor Gott auch noch genossen.
Jehan wählte den Tod, aber nicht als Ausweg, sondern um die Bestrafung anzunehmen, die der Allmächtige für ihn vorgesehen hatte. Er hatte unreines Fleisch gegessen, Unzucht getrieben und Gott ins Gesicht gelacht. Er hatte es verdient, ewig zu leiden.
Männer sind auf dem Schiff. Sie räumten Sachen herum. Die Seekisten, die Waffen. Zwei bauten sich vor ihm auf.
»Ist das der Mönch?«
»Ein Krüppel, khagan .«
Jemand berührte Jehans Gesicht.
»Lass sehen. Ist er tot?«
»Wer weiß?«
Jehan hoffte, die Männer würden ihm nicht helfen. Er musste sterben, er war eine Abscheulichkeit. Hätte er sich bewegen können, dann hätte er die Krieger angegriffen und gezwungen, ihn zu töten. Doch das konnte er nicht, er konnte kein Lebenszeichen von sich geben. Eine Hand tastete auf seiner Brust nach dem Atem. Sie drückte auf den Wolfsstein, spürte den Umriss durch das Hemd und zog das Tuch zur Seite.
»Was ist das?«
»Nur ein Kieselstein, khagan . Der Mann ist so arm wie ein Petschenege. Edelsteine hat er nicht.«
»Lass mal sehen.«
Jemand berührte den Stein.
»Der ist nicht gut genug für einen König, khagan .«
»Das ist der notwendige Stein.«
» Khagan? «
»Es gibt eine Prophezeiung. Mir wurde großes Glück versprochen, wenn ich diesen Stein finde. Er wird einen Gott fesseln.« Er sprach drängend, aber zu niemandem im Besonderen.
»Das freut mich zu hören, Herr.«
»Dies ist die Sicherheit«, fuhr Helgi fort. »Dies ist das Ende unserer Feinde.«
Jehan spürte einen Ruck am Hals, hörte ein leichtes Knacken, und dann war der Stein fort.
»Willst du das Ding tragen, Herr?«
»Es ist ein Geschenk der Götter, eine Plage für die Hexen und eine Fessel für Trolle und Wölfe. Wir sind gesegnet, über die Maßen gesegnet. Ja, ich werde ihn tragen, bis wir wieder in der Halle sind. Dort ist jemand, der ihn noch mehr braucht als ich.«
Jehan hatte das Gefühl, ihm sei eine schreckliche Last von den Schultern genommen worden, und die Schwere wich aus seinem Kopf. War es die Gewissheit, dass der Tod kam? Die
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