Claw Trilogy 01 - Fenrir
konnte sie weder riechen noch hören. Auf den Grabhügeln vor den Stadtmauern saß er und hielt Ausschau. Er rief sie, doch sie antwortete nicht. Als er die Unruhe sah, die seine Rufe erzeugten, als die Männer mit Fackeln auf die Wälle liefen, als er ihre Angst roch und hörte, wie die Herzen einen schnelleren Takt schlugen als die Schritte, zog er sich auf das Schiff zurück zu den Toten, wo er aß und wuchs, bis alle Überreste der Wikinger verzehrt waren.
Eines Morgens, als die Luft die Farbe von beschlagenem Stahl hatte, erwachte er und sprach.
»Ich habe Hunger«, sagte er.
Zuerst nahm er einen Fischer an dessen Loch im Eis. Am nächsten Tag nahm er einen Wächter von den Wällen der Stadt, indem er hochsprang und den Mann zum gefrorenen Fluss hinab in den Tod riss.
Dann hetzten sie ihn. Männer zogen mit Fackeln und Hunden durch den Nebel und stießen harte Worte hervor, die auf ihn gemünzt waren: »Troll-Hexer, Sumpfbewohner, Ungeheuer, Wolf.«
Er drang tief in den Nebel ein und wartete, bis sie sich zurückzogen. Das Boot war ihm jetzt versperrt, es war nur ein Ort, wo die Menschen warteten. Sie hatten dort eine Kohlenpfanne auf das Eis gestellt und hielten Speere und Äxte bereit.
Schweigend beobachtete er sie und überwand sich, sie in Ruhe zu lassen und sie nicht als Beute anzusehen.
Aber dann, als die ersten Vorboten des Tauwetters an dem Eis nagten, kamen Leute mit einem Maultier. Seine Erinnerung erwachte, und er sah sich selbst in einem Fluss, wie er einen dicken Mann aus dem Wasser zog. Er erinnerte sich an Saint-Maurice, an das Blut, an den schrecklichen Hexer, der ihn beobachtete. Und an den Händler, der sich im Wald Sorgen gemacht und geschwitzt hatte, als der Wikinger Saerda ihn auf den Weg der Abscheulichkeit gestoßen hatte. Er schlich näher heran, bis er sie deutlich erkennen konnte – den dicken Wikinger, den kleinen Händler mit dem Maultier und den Raben, der die Hexe getötet hatte. Er erkannte sie, aber nicht so, wie er sie früher gekannt hatte – durch Anblick und Stimme – , sondern am Geruch. Er wollte nicht zu ihnen gehen. Seine animalischen Begierden waren stärker als die menschlichen Gedanken. Er versuchte zu verstehen, was er fühlte, und schließlich fiel ihm ein Satz ein: Ich bin voller Essen und muss mich nicht anstrengen.
Er sah zu, wie die Reisenden die Männer auf dem Boot begrüßten. Dann lief ein Wächter über den gefrorenen Fluss, und der Händler und das geduldige Maultier tappten hinter ihm her.
72
Ein unverhofftes Willkommen
D er Nebel lichtete sich nicht, und es schien, als werde der Winter noch ewig dauern. Helgi saß in der Halle, Aelis hockte schweigsam und brütend in der Nähe auf einer Bank. Seit sie den Stein trug, hatte sie kaum ein Wort gesprochen. Die Tatsache, dass das Mädchen den Stein nicht selbst abnehmen konnte, verriet ihm, dass er richtig gehandelt hatte. Sie ist gewiss eine von denen, die Loki erwähnt hat. Die Bruchstücke des Gottes. Helgi hatte jedoch den Eindruck, dass er sie vorläufig lahmgelegt hatte.
Aelis warf ihm einen zornigen Blick zu. Natürlich wollte sie wissen, was mit dem Mönch geschehen war. Sie hatte sogar selbst versucht, auf das Eis zu gehen, doch seine Wächter hatten sie aufgehalten. Ihre beharrlichen Fragen weckten in ihm den Wunsch, er hätte auch den Mönch gerettet. Er konnte nicht verstehen, was sie mit dem Krüppel verband. Anscheinend glaubte sie, er sei verhext, was Helgi nervös machte. Schließlich hatte er sich gezwungen gesehen, eine Ausrede zu erfinden und zu behaupten, er habe den Mönch auf einen Berg geschickt, wo er geheilt werden sollte.
»Du darfst nicht mit mir reden wie mit einem Kind, dem du beibringst, sein Hund sei gestorben«, hatte sie erwidert.
»Ich bin der König, ich bin dir keine Erklärung schuldig«, hatte Helgi geantwortet. »Du solltest mir dankbar sein. Du hast mich gebeten, dich von der Magie zu befreien, und das habe ich getan. Jetzt können wir uns alle sicher fühlen.« Darauf hatte sie ihn nur mit ihrem gleichmütigen Blick betrachtet, den Kopf geschüttelt und geschwiegen.
Die Einwohner der Stadt hatten sich inzwischen an sie gewöhnt, und in der Halle drängten sich die üblichen Besucher des kleinen Markts, der wegen der Kälte im Inneren abgehalten wurde.
»Herr.«
Es war einer der druzhina . Der Frost klebte förmlich an ihm, als er die Halle betrat.
»Was ist?«
»Der Händler ist zurückgekehrt. Leshii ist wieder da.«
Helgi stand auf. »Der
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