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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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einzuordnen. Nordisch, gewiss, aber nicht dänisch. Die Aussprache ähnelte eher der des Händlers.
    »Kannst du den Mönch veranlassen, das Mädchen zu finden?«, fragte Siegfried. Aelis verstand die Worte nicht, entnahm seinem Drängen und den Gesten jedoch, was er meinte.
    Der Rabe nickte und antwortete auf Lateinisch: »In kurzer Zeit vielleicht, vielleicht auch nicht. Wenn ich mehr Zeit habe, dann ja.«
    Der König geriet in Wut, winkte – und meinte damit wohl das Heerlager – und forderte, soweit Aelis es erkennen konnte, den Raben auf, sich zu sputen.
    »Dann versuchen wir es. Die Methode wirkt schnell. Es wird ihn umbringen, aber wir werden unsere Offenbarung bekommen.« Wieder hatte der Rabe Lateinisch gesprochen. Aelis begriff, dass dieses Wesen seine Überlegenheit und gar seine Macht unterstrich, indem es eine Sprache benutzte, die der König kaum beherrschte. Außerdem bedrohte er den Mönch.
    Der König sagte etwas auf Norwegisch.
    »Er glaubt, du stellst eine Gefahr für ihn dar, solange du lebst, Beichtvater. Weiß er nicht, dass sie auch deine Knochen als Reliquien begehren werden? Soll ich sie zu Staub zermahlen?«
    »Niemand wird mich suchen«, entgegnete der Beichtvater.
    »O doch. Sogar tot bist du ein Symbol, um das sich die Menschen scharen werden. Wir wollen aber nicht vorgreifen.«
    »Wie lange?«, fragte Siegfried.
    Darauf folgte ein weiterer Wortwechsel auf Norwegisch. Aelis spürte, dass der König dem Raben nicht traute. Schließlich erhob der Herrscher die Stimme.
    Der Rabe zuckte mit den Achseln und beugte sich wieder über den Beichtvater, der auf dem Boden hockte. Im Feuerschein erinnerte der verwachsene Körper des Mönchs an einen geschmolzenen Kerzenstummel, auf den ein langer, gekrümmter Schatten fiel.
    »Wirst du mit uns zusammenarbeiten, Beichtvater? Wirst du deine Gaben nutzen, um uns zu helfen? Es kostet dich nicht viel«, sagte er auf Lateinisch.
    Schweigen war die Antwort.
    »Weißt du, wie Magie wirkt?«, fragte das Wesen.
    Der Mönch antwortete nicht, doch nun spürte Aelis, wie von dem Raben eine Kälte ausging, die an hohe, trostlose Orte und etwas anderes gemahnte, das sie nicht einordnen konnte. Sie war versucht, es Einsamkeit zu nennen, obwohl dieses Wesen wohl kaum imstande war, so zarte Gefühle zu hegen.
    Der Rabe fuhr fort: »Ich weiß es. Sie wirkt durch einen Schock. Deine Gedanken sind verflochten wie das Tuch auf dem Webstuhl. Wenn Magie in dir ist, dann ist sie ein einziger Faden, der von vielen anderen überdeckt wird, von den Illusionen des Alltags, von Hunger, Gelüsten, dem Plappern deiner Priester, von den Eindrücken und Gerüchen der Welt. Diese Illusionen müssen entfernt werden. Etwas ist vonnöten, das verletzt oder Abscheu erregt und die Gedanken ins Chaos stürzt. Etwas, das die eintönigen Fäden durchtrennt und das Rot des wahren, magischen Selbst zum Vorschein bringt. Eure Einsiedler suchen dazu die Abgeschiedenheit, damit ihr Denken immer um sich selbst kreist, bis die tiefere Magie offenbart wird. Euer Christus tat dies am Kreuz. Er rief Blitze herab und ließ die Toten wandeln, während die anderen neben ihm nur stotterten und starben. Nicht jeder kann dies erreichen, oder vielmehr, jeder erreicht etwas anderes. Manche werden Propheten, andere blicken in die Ferne und bleiben dabei in ihrer Zeit, sie versetzen ihren Geist in den Körper eines Raben und fliegen hoch durch die Lüfte. Manche können die Zeit verlangsamen und alles mit halber Geschwindigkeit sehen. So werden sie mächtige Krieger. Die meisten jedoch kreischen bloß.«
    Das Wesen ging um den Beichtvater herum und betrachtete ihn, wie jemand ein Schwein auf dem Markt begutachtet.
    »Du kannst an deine Lügen glauben, solange du willst.« Der Vergleich Jesu mit einem Magier hatte den Mönch zutiefst erbost. Er konnte sich nicht länger zurückhalten.
    »Sage mir, Beichtvater, war dein Körper schon so gebrechlich wie jetzt, als du deine Vision hattest?«
    »Gott hat mich an diesem Tag zweimal gesegnet.«
    »Hat die Vision das Gebrechen verursacht, oder hat das Gebrechen die Vision hervorgerufen? Und wird das Leiden nicht schlimmer, wenn du etwas siehst? Ich frage dich noch einmal. Sind die Visionen die Ursache oder der Ausdruck deines Gebrechens?«
    »Es ist alles von Gott gesandt.«
    »Vom Schicksal«, erwiderte das Wesen. »Sogar die Götter müssen sich an den Strang halten, der für sie gewoben ist.«
    »Dann wird dein Odin sterben und durch einen sanfteren Gott ersetzt.

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