Clean Team

Vorderbein der Töle zuckt. Sie wirft sich neben der leidenden Kreatur auf die Knie, schreit um Hilfe, Autos donnern vorbei, kein Fußgänger weit und breit. Verzweifelt blickt sie zum Himmel auf, und da ist es, kilometerweit sichtbar, das Ambassador. Jesus sei Dank für dieses verfluchte Schild!

    - Hörst du überhaupt zu?
     
    Ich starrte ihn an.
     
    - Ja. Es ist nur so, dass ich grundsätzlich nichts von dem mitkriege, was mir am Arsch vorbeigeht.
     
    Der Verkehr kam wieder ins Rollen. Po Sin gab Gas.
     
    - Das geht dir aber nicht am Arsch vorbei.
    - Sagst du.
     
    Er stellte den Rückspiegel ein.
     
    - Xing fährt auch wieder Bus.
    - Da musst du ja mächtig stolz auf sie sein.
     
    Er räusperte einen Schleimbrocken hoch, unzweifelhaft mit Slim-Jim-Geschmack gewürzt. Wahrscheinlich sollte das seinen Unwillen zum Ausdruck bringen.
    Wir fuhren am Jollibees vorbei. Ich starrte auf die gigantische rot und gelb gestreifte Jolly Bee aus Fiberglas vor dem Lokal.
     
    - Wieso die Farbe auf dem Van?
     
    Po Sin schaltete die Scheinwerfer ein.
     
    - Nichts. Rein geschäftlich.
    - Rein geschäftlich? Farbbomben?
     
    - Die Konkurrenz ist hart. Tatortreinigung und Sondermüllentsorgung sind eine Wachstumsindustrie.
    - Die Leute konkurrieren darum, Scheiße entsorgen zu
dürfen? Moment, das kapier ich nicht. Ich meine, was müssen das für Menschen sein, die scharf auf so’nen Job sind und sich auch noch drum kloppen?
     
    Er boxte mich leicht in die Schulter – leicht für Po Sins Verhältnisse. Prompt knallte ich gegen die Wagentür und rieb mir anschließend beide Schultern.
    Dann stach er spielerisch mit dem Zeigefinger nach mir und sorgte dafür, dass das Dunkellila, das sich in der nächsten Stunde auf meinem Arm ausbreiten würde, sich mit jedem Stoß vertiefte. Vorausgesetzt, ich überlebte seine Attacke überhaupt.
     
    - Menschen, die dringend einen Job brauchen. Menschen, die Geld verdienen müssen. Keine Ahnung, wie das bei dir ist, aber ich kenn ein paar, auf die das zutrifft. Kennst du auch solche Leute? Schon mal davon gehört?
     
    Ich rutschte aus seiner Reichweite.
     
    - Ja, ja. Schon kapiert. Ich fühl mich ja auch nicht als was Besseres. Kommt mir nur irgendwie komisch vor, sich darum zu prügeln, den Dreck von andern wegmachen zu dürfen.
     
    Er bog rechts in die Highland ab.
     
    - Überall, wo es was zu verdienen gibt, prügeln sich die Leute darum. Und da es als hartes Geschäft gilt, zieht es leider auch’ne Menge Arschlöcher an.
    - Wie deinen Neffen.
     
    Der Verkehr stockte erneut, und er nutzte die Gelegenheit, mir einen prüfenden Blick zuzuwerfen.
    - Web, kennst du die Geschichte vom Topf und vom Kessel, wie sie sich gegenseitig beschimpfen und was uns das Ganze sagen will?
    - Es ist keine Geschichte, mehr so’ne Art Sprichwort. Und ja, ich weiß, was es bedeutet. Soll ich es dir erklären?
    - Nein. Ich wollte damit nur sagen, halt endlich deine verdammte Klappe.
     
     
    Vor unserem Haus zählte er aus seiner Brieftasche ein paar Zwanziger ab.
     
    - Achtzig Mäuse, sollte stimmen, oder?
     
    Ich linste zur Auffahrt, wo Chevs 58er Apache vor meinen Autoteilen – respektive meinem Wagen – stand, der unsere beiden Parkplätze unter dem vorragenden ersten Stockwerk blockierte.
     
    - Klar, wird schon stimmen.
     
    Er hielt mir das Geld hin, ich nahm es und schob es in die Tasche.
    Er klappte seine Börse zu.
     
    - Willst du’s nicht zählen?
     
    Ich öffnete die Wagentür.
     
    - Nein.
    - Was, wenn ich dich bescheiße?
    - Tust du nicht.
    - Woher willst du das wissen?

    Ich sprang aus dem Lieferwagen.
     
    - Und selbst wenn, es ist nur Geld, Mann. Soll ich mich groß darüber aufregen?
     
    Er stopfte den Geldbeutel tief in eine seiner beiden Vordertaschen.
     
    - Ich zumindest hab den Tag mit Scheißeschleppen verbracht und wäre ziemlich sauer, wenn mich jemand übers Ohr haut.
     
    Ich warf die Tür zu und legte von außen meine Unterarme ins geöffnete Fenster.
     
    - Du bist ja auch ein geldgeiler Sack.
    - Hast du Lust, gelegentlich mal wieder für den geldgeilen Sack zu arbeiten? Morgen zum Beispiel?
     
    Ich musterte die silberfarbenen Briefkästen an der beige verputzten Mauer am Fuß der Treppe.
     
    - Nicht wirklich. Aber ich muss Chev ein neues Handy kaufen.
     
    Er legte einen Gang ein.
     
    - Einer von uns holt dich um sieben ab.
     
    Ich lief ein Stück neben ihm her, während er rückwärts auf die Straße stieß.
     
    - Meinetwegen. Aber vielleicht krieg ich heute