Clean Team
Blutalkoholwerte – die Schuld an dem Frontalzusammenstoß dem Fahrer des anderen Wagens gab, der mit kreischenden Reifen und auf der falschen Straßenseite den Laurel Canyon heruntergeschleudert kam? Ist es wichtig, dass L.L. von der Anklage fahrlässiger Tötung freigesprochen wurde? Und dass er anschließend alles nur Menschenmögliche unternahm, um Chev zu adoptieren, und als das aus nachvollziehbaren Gründen nicht klappte, Chev und seiner Pflegefamilie jede nur erdenkliche Form von Unterstützung zuteilwerden ließ?
Nein, es spielt verdammt noch mal keine Rolle.
Vor allem nicht für Chev.
Dabei hätte es durchaus eine spielen können. Es hätte einen Riesenunterschied bedeuten können.
Hätte L.L. nur seine Klappe gehalten und nicht eines Abends stockbesoffen einen seiner klassischen dramatischen Auftritte hingelegt, in dessen Verlauf er beschloss, uns das wahre Gesicht Gottes zu zeigen, und uns eröffnete, er hätte in dieser Nacht niemals fahren dürfen . Und das nach langen Jahren der Lüge.
Aber selbst das wäre noch okay gewesen. Immerhin war Chev mittlerweile zwanzig und reif genug, um zu kapieren,
warum L.L. gelogen hatte, und er hätte seinen verrückten Ersatzvater in einer versöhnlichen Umarmung ans Herz drücken können.
Durchaus vorstellbar.
Hätte L.L. uns nicht außerdem noch aufgetischt, dass er eine Affäre mit Chevs Mutter hatte, dass Chevs Dad im Moment des Unfalls auf dem Rücksitz eingepennt war, und sie ihren Mund in L.L.s Schoß hatte.
Es war wie so oft bei L.L. Viel schlimmer als der bescheuerte Mist, den er anstellte, war, dass er unbedingt auch noch darüber quatschen musste.
Es war also absolut verständlich, dass Chev ausrastete, wenn ich L.L.s Kohle mit mir herumschleppte. Wir hatten uns geschworen, niemals Geld von ihm anzunehmen. Um keinen Preis. Egal für was. Und es war ein heiliger Eid. Mit neunzehn schmiss Chev das College, weil er nichts mit dem Treuhandfonds zu schaffen haben wollte, den L.L. für ihn eingerichtet hatte. Er wollte weder sein Geld noch die damit erkaufte Bildung. Zwar versicherte ihm L.L., seine Eltern hätten das so gewünscht. Aber Chev wollte mit nichts mehr in Berührung kommen, das L.L. je angefasst, gesagt oder gedacht hatte. Und ich unterstützte ihn darin. Ich verließ die UCLA und ging auf die LACC. Denn mittlerweile war mir klar, dass ich, wenn es hart auf hart kam, lieber Chev an meiner Seite wusste als meinen Vater. Einer der wenigen hellen Momente in meinem Leben, in dem ich kapierte, dass Blut nicht dicker ist als Wasser.
Und jetzt hatte ich diesen heiligen Eid gebrochen, weil ich die Kohle nicht sofort in den Müll geworfen hatte, als Dot sie mir zeigte. Ich war zu sehr damit beschäftigt gewesen, mich ihr gegenüber wie ein Arsch aufzuführen, um auf solche Nebensächlichkeiten zu achten.
Scheiße.
Ich dachte an all die Dinge, die einem im Leben so zustoßen
können. Zum Beispiel, dass der eigene Dad verantwortlich ist für den Tod der Eltern des besten Freundes. Und während ich nachdachte, wartete ich neben der Telefonzelle an der Tankstelle Ecke La Brea und Melrose auf Po Sin, der mich dort abholen sollte.
Und nochmal Scheiße.
NORMALER WIRD’S NICHT
- Fickende Hölle!
- Ist das jetzt ein Arbeitsunfall?
- Fickende Hölle!
- Wenn mich die Konkurrenz krankenhausreif schlägt, übernimmt dann die Versicherung die medizinischen Kosten? Verdienstausfall? Der ganze Kram?
Po Sin fuhr einhändig und hämmerte mit der Faust gegen das Autodach.
- Fickende! Hölle!
Er bog auf den Parkplatz eines zweistöckigen Einkaufszentrums, stellte den Wagen ab, stieg aus und stampfte in ein Spirituosengeschäft, das sich zwischen einem Nagelstudio und einem Fitnesscenter befand. Durch die Schaufensterscheibe sah ich ihn auf das Regal mit dem Knabberzeug zueilen und wahllos Päckchen an sich raffen, während sich seine Lippen pausenlos bewegten.
Fickende Hölle! Fickende Hölle! Fickende Hölle!
Kurz darauf kam er wieder herausgestürmt, kletterte in den Lieferwagen, pfefferte eine Plastiktüte mit Junkfood zwischen unsere Sitze, riss eine Tüte Erdnussflips auf, deponierte sie auf seinem Schoß und begann, sich die Dinger in den Mund zu schaufeln, während wir auf den Santa Monica Boulevard zurückrollten.
- Fiffende Fölle!
Orangefarbene Krümel übersäten das Innere der Windschutzscheibe.
- Fiffendeföffe!
Ich deutete mit dem Finger auf die Tüte voller Chips, Fleischsnacks und
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